Sperberauge
Wenn SRF und BBC übereinstimmen …
Es gehört zur Aufgabe journalistisch tätiger Profis, möglichst mehrere Medien zu überschauen, um der Gefahr der einseitigen Information weniger ausgeliefert zu sein. Da entdeckt man zwar viel Ähnliches, Gleichgeschaltetes, aber auch viel Unterschiedliches. Zum Glück. Denn spätestens dann beginnt man, darüber nachzudenken.
Und man entdeckt auch «Bedenkliches», in jedem Sinne des Wortes.
Italien, man hat es lesen und hören können, hat sein Programm «Mare Nostrum», das Absuchen des Mittelmeers nach in Seenot geratenen Flüchtlingen, per Ende 2014 eingestellt. Zu teuer. Und die EU und die Schweiz wollen auch nicht so viel zahlen. Lass die Immigranten halt ertrinken, ist ja nicht unser Problem.
Derweil rapportieren gleich ZWEI öffentlich-rechtliche Medien eine andere spektakuläre Rettungsaktion aus Seenot: In Kalifornien geriet ein kleiner Köter in einen Fluss und wurde beobachtet. Flugs kam der Rettungsdienst und fischte den kleinen Hund unter Einsatz eines Helikopters und eines am Seil hängenden Rettungsmannes aus dem Wasser.
Gewichtiger Anlass für ein Video auf der Website von SRF:
Und gewichtiger Anlass für ein Video auf der Website von BBC London:
Und da wundert man sich noch, dass nicht jeder gerne Gebühren zahlt…
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Ach, was sind schon die paar Fränkli bzw. Quid Gebührengelder, die die Veröffentlichung dieser aus Agenturmaterial bestehenden Meldung im Internet gekostet hat, im Vergleich zu den Millionen, die da beidseits des Ärmelkanals anderweitig versenkt werden? Zudem müssen sich halt auch SRF und BBC online im Kampf um Klicks und Shares gegen die neue Konkurrenz durchsetzen. Ist ja nicht so, dass beide Sender den Beitrag auch noch in der Hauptausgabe ihrer Nachrichtensendungen gebracht haben. Ausserdem ergibt eine kurze Suche nach «Mare Nostrum + Italien» bzw. «Mare Nostrum + Italy» auf beiden Seiten jeweils über 50 Treffer. Yesterday’s news is tomorrow’s fish-and-chip paper, weiss auch der Engländer, wie die Medienökonomie funktioniert. Und wie sagte schon Franz von Assisi? «Dass mir der Hund das Liebste sei, / sagst du o Mensch, sei Sünde? / Der Hund blieb mir im Sturme treu / der Mensch nicht mal im Winde."
Wie schon Oliver Jeges in GENERATION MAYBE feststellte: „Für die Tierchen bringen wir noch ein Fünkchen Empathie auf, für unsere eigene Spezies nur bedingt.“ (2014) Oder bereits viel früher Urs Widmer: „Wir sind politisch korrekt bis zum Gehtnichtmehr. Aber die Ungeheuerlichkeiten dieser Welt werden seltsam ruhig hingenommen.“ Nachzulesen in Das Geld, die Arbeit, die Angst, das Glück [Diogenes. Zürich. 2002. Seite 26]
Nur: Weiss jemand, wie man diese Fluchtbewegung nach dem golden glänzenden Europa wirklich bremsen kann? Schon Enzensberger bezeichnete sie als Völkerwanderung, gegen die keine Mauer nützen werde.