K-Tipp Ausgabe 30 Jahre

Jubiläumsausgabe des K-Tipp © konsumenteninfo AG

30 Jahre K-Tipp: Die Erfolgsgeschichte geht weiter

Urs P. Gasche /  Am 15. Mai 1991 startete der K-Tipp mit «Informationen zum Kassensturz». Seit langem ist er die meistgelesene abonnierte Zeitung.

Der heutige K-Tipp zeichnet sich durch zwei Hauptmerkmale aus: 

  • Zehn Juristinnen und Juristen beantworten täglich rechtliche Fragen der Leserschaft.
  • In jeder Ausgabe publiziert der K-Tipp eigene Tests, welche Qualität und Preise von Produkten vergleichen. Im neusten K-Tipp schneidet beispielsweise ein E-Bike für 1650 Franken am besten ab.

Erste Produkte liess der K-Tipp auf ihre Stärken und Schwächen bereits 1995 testen. Für einige Hersteller sind diese Tests der Anlass, ihre Produkte zu verbessern. Andere Hersteller zitieren gute Testergebnisse in ihrer Werbung.

In allen Ausgaben der Konsumentenzeitung steht der Nutzwert für Leserinnen und Leser stets im Vordergrund. Das kam und kommt gut an: Mit heute 791’000 Leserinnen und Lesern (Wemf) bleibt der K-Tipp in der Schweiz weiterhin die meistgelesene abonnierte Zeitschrift. An zweiter Stelle folgt der Beobachter mit 727’000 und an dritter die Schweizer Familie mit 523’000 Leserinnen und Lesern.

Weitere Zeitschriften und Ratgeber-Bücher

Der K-Tipp-Verlag liess es von Anfang an nicht mit dem K-Tipp bewenden. Bald folgten ein Gesundheitsmagazin und eine ganze Reihe von Ratgeber-Büchern (Bestseller: «Vorsorgepaket»). Heute gibt der Verlag «Konsumenteninfo AG» auch die Zeitschriften «Gesundheits-Tipp» (343’000 Leserinnen und Leser), die inseratefreie Konsumentenzeitschrift «Saldo» (im 14-täglichen Intervall mit dem K-Tipp; Zahl der Lesenden nicht bekannt) und «K-Geld» heraus.

Eine Zangengeburt

Kassensturz Moderatoren
Die früheren Kassensturz-Moderatoren Hans Räz, Urs P. Gasche und Hansjörg Utz

Zuerst als Kassensturz-Leiter und später als Mit-Herausgeber habe ich mich für das Projekt K-Tipp während etlicher Jahre persönlich engagiert. Der Anfang der Erfolgsgeschichte war harzig. Die Zuschauerinnen und Zuschauer des Kassensturz hatten immer mehr «Merkblätter» mit ausführlichen Testresultaten oder Hintergrundinformationen und Adressen zu Kassensturz-Beiträgen bestellt. Im Auftrag des Fernsehens steckte eine soziale Institution bis zu 25’000 Exemplare pro Sendung einzeln in Couverts. Diese erreichten dann die Besteller mit zwei oder drei Wochen Verspätung.

Die meisten guten Ideen sind abgekupfert. Als damaliger Leiter des Kassensturz bewunderte ich eine populäre Fernsehsendung in Holland, welche nützliche Informationen zur Sendung wie beispielsweise Testergebnisse oder Checklisten als abonnierte Begleitzeitschrift anbot. Ich war überzeugt, dass die Kombination von Fernsehen und Print Zukunft haben kann. Das Internet gab es noch nicht.
Im März 1988 schlug ich schliesslich dem damaligen «Fernsehen DRS» vor, Tipps und Informationen zum Kassensturz im Abonnement anzubieten und beantragte dafür 1,5 Stellen sowie ein Investitionsbudget von 40’000 Franken für das Desktop-Publishing.

Es vergingen Monate, bis Fernsehdirekter Peter Schellenberg im Herbst 1988 entschied, dass die SRG nicht selber eine abonnierbare Zeitschrift herausgeben könne. Der Hintergrund: Die SRG wollte nicht ins Print-Geschäft einsteigen, um den Zeitungsverlegern keinen Vorwand zu bieten, der SRG mit einem Privatfernsehen Konkurrenz zu machen. Diese Konkurrenz gibt es heute trotzdem.

Einen externen Verleger suchen

Die Idee einer Begleitzeitschrift zum Kassensturz fand Schellenberg jedoch gut. Denn eine solche würde die Zuschauerbindung erhöhen. Der Fernsehdirektor riet mir, einen externen Verleger zu suchen. Doch das war schneller gesagt als getan. Verständlicherweise wollte das Fernsehen ein Vetorecht für sämtliche Inhalte, weil das Image des Kassensturz auf dem Spiel stand. 

Zudem sollte die zusätzliche Schreibarbeit von Kassensturz-Redaktoren nicht auf Kosten der TV-Sendung gehen. Deshalb war eine Entschädigung ans Fernsehen vorgesehen, um beim Kassensturz eine zusätzliche Stelle zu finanzieren.
Neben dem inhaltlichen Vetorecht, welches das Fernsehen für sich beanspruchte, bestand die schwierigste Hürde für einen externen Verleger im Gewinnverbot. Das Fernsehen war nicht bereit, mit einer gewinnorientierten Zeitschrift zusammenzuarbeiten. Die Leistungen sollten marktgerecht entschädigt, jedoch keine Gewinne ausgeschüttet werden.

Aus diesen Gründen kontaktierten Hans Räz und ich als damalige Kassensturz-Leiter vorerst Druckereibetriebe und Verlage mit einer eigenen Druckerei. Denn im Erfolgsfall lockte wenigstens ein grösserer Druckauftrag. Doch zwei der angegangenen Druckereien und Verlage antworteten negativ, die anderen reagierten überhaupt nicht. Offensichtlich glaubten sie nicht an den Erfolg einer Begleitzeitschrift zum Kassensturz. Viel Zeit war verloren.

Glücksfall René Schuhmacher

René Schuhmacher. Dominique Meienberg
René Schuhmacher

Ende 1990 hatten Hans Räz und ich die Idee, den Rechtsanwalt René Schuhmacher anzufragen. Er war ein Spezialist in Konsumentenfragen und hatte mit der Herausgabe der Juristenzeitschrift «Plädoyer» bereits verlegerische Erfahrung. Schuhmacher war von der Idee sofort begeistert und bereit, die restriktiven Vertragsbedingungen mit dem Fernsehen einzugehen.
Das finanzielle Risiko wollte er jedoch nicht allein tragen. Denn der Erfolg hing nicht nur von ihm, sondern wesentlich auch von der Arbeit und vom Beitrag der Kassensturz-Redaktion ab.
Je länger sich Hans Räz und ich mit dem Projekt beschäftigten, umso mehr waren wir vom Erfolg überzeugt. Deshalb investierten wir zusammen mit Schuhmacher je 20’000 Franken für die Lancierungskosten. Insgesamt war also der Betrag zusammen, den ich als Investitionsbudget dem Fernsehen vorgeschlagen hatte.

Fulminanter Start

K-Tipp Cover 15.5.1991
15. Mai 1991: Erste Ausgabe des K-Tipp

Die Lancierung des K-Tipp am 15. Mai 1991 verlief fulminant. «TV-Première: Kassensturz gibt eigene Zeitung heraus» titelte die Sonntags-Zeitung auf dem Plakat-Aushang. Das Abonnement für 20 Franken war ein Renner. Viel Nachtarbeit war angesagt. Mit den vorausbezahlten Abo-Einnahmen konnte der K-Tipp bald die Seitenzahl erhöhen, dann eigene redaktionelle Leistungen bieten und schliesslich die Aufmachung ständig optimieren. René Schuhmacher leistete eine herausragende Arbeit. Der K-Tipp konnte expandieren, ohne je einen Bankkredit aufzunehmen. Seine Unabhängigkeit war garantiert.

Es folgte der «Puls-Tipp»

Der Erfolg beflügelte: Dank des Engagements des damaligen Leiters der TV-Sendung «Puls», Steffen Lukesch, erschien bald das Begleitmagazin «Puls-Tipp» (heute «Gesundheits-Tipp»). Die Investitionskosten trug der K-Tipp.

Parallel dazu stiessen die Ratgeberbuchreihen «K-Dossier» und «Puls-Dossier» auf grossen Anklang.

Nur sieben Jahre nach dem Start überholte der K-Tipp 1998 den Beobachter und die Schweizer Illustrierte und wurde zur grössten abonnierten Zeitung der Schweiz. Lange hatte der gedruckte K-Tipp eine Leserschaft von über einer Million. Heute kann man den K-Tipp auch nur online abonnieren.

Ringiers Nachahmung

Die Schweizer Grossverlage nahmen den Erfolg des K-Tipp lange Zeit kaum zur Kenntnis. Der Hauptgrund: Im wichtigen Inseratemarkt ist der K-Tipp ein Nischenprodukt geblieben (obwohl ein Inserat im K-Tipp mehr auffällt als in der Inserateflut anderer Magazine).
Ringier reagierte zuerst und wollte den Medienverbund Fernsehen-Zeitung als Erfolgsrezept kopieren. Zur privat produzierten Ringier-Sendung «Sprechstunde Gesundheit» lancierte der Grossverlag eine gleichnamige Zeitschrift. Doch beide, sowohl die TV-Sendung unter Samuel Stutz als auch die Zeitschrift, prostituierten sich mit der Medizin- und Spitallobby und verspielten ihre Glaubwürdigkeit. Mehrmals musste das Bundesamt für Kommunikation als Aufsichtsbehörde die «Sprechstunde Gesundheit» wegen verbotener und nicht deklarierter Werbeauftritte rügen und büssen. Trotz grosser Investitionen und trotz der Werbung in der TV-Sendung konnte sich die Zeitschrift am Markt nicht halten. Mitte 2009 hat sie Ringier wieder eingestellt.

Erfolg auch ohne Fernsehen

Zum Erfolg des K-Tipp hat die beliebte Sendung Kassensturz wesentlich beigetragen. Bald bereuten das Schweizer Fernsehen und die SRG, den K-Tipp nicht selber herausgegeben zu haben. Sie wollten sich dann wenigstens an den Einnahmen beteiligen und liessen sich die Hinweise im Kassensturz auf die ausführlichen Testresultate im K-Tipp jahrelang mit rund einer halben Million Franken geldwerter Leistungen pro Jahr abgelten.

Der Erfolg des K-Tipp war jedoch nicht allein und vielleicht nicht einmal in erster Linie dem Fernsehen zu verdanken. Das von der «Konsumenteninfo AG» lancierte Westschweizer Pendant zum K-Tipp, die Konsumentenzeitschrift «Bon à Savoir», entwickelte sich fast noch schneller als der K-Tipp zur grössten abonnierten Zeitung der französischen Schweiz und überholte auch die vorherige Spitzenreiterin «Illustré». Es gab weder Zusammenarbeit mit dem Westschweizer Fernsehen noch waren die Mitglieder der Redaktion in der Westschweiz bekannt. Wie der K-Tipp vertritt «Bon à Savoir» die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten ohne jegliche Rücksichten. 

Die hohe Glaubwürdigkeit und der hohe Nutzwert führen dazu, dass diese Zeitschriften über ausgesprochen treue Abonnentinnen und Abonnenten verfügen. Der günstigste Abonnent ist bei allen Zeitungen immer noch der, der nicht verloren geht.

Trennung und Konsolidierung

Nachdem Hans Räz und ich 1996 das Schweizer Fernsehen verliessen, wo wir die Publikumssendung «Kassensturz SPEZIAL» selbständig produzieren konnten, brachten wir unsere gemeinsame TV-Produktionsgesellschaft «Räz&Gasche GmbH» in die Verlagsgruppe des K-Tipp ein und beteiligten uns zu gleichen Teilen an einer Kapitalerhöhung der Herausgeberin. 

Nach einigen produktiven Jahren kam es im Trio mit René Schuhmacher zu Meinungsunterschieden über die Führung des Unternehmens. In der Folge verkauften Hans Räz und ich unsere Anteile an René Schuhmacher, so dass Schuhmacher das weiterhin nicht gewinnorientierte Unternehmen weiterführen und konsolidieren konnte.
K-Tipp und Gesundheits-Tipp gehören weiterhin zu den wenigen unabhängigen und glaubwürdigen Zeitungen, die einen echten «Service au Public» bieten und versuchen, sich von Konzernen und Lobbys nicht vereinnahmen zu lassen. 

Diese Seelenverwandtschaft verbindet sie mit unserem Infosperber.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor war Mitgründer, langjähriger Mitherausgeber und in der Anfangszeit Redaktionsleiter des K-Tipp.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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5 Meinungen

  • am 10.05.2021 um 13:01 Uhr
    Permalink

    Ein «erfülltes» Leben, Herr Gasche, sehe ich DA !

    … wenn es schön war, ist es Mühe und Arbeit gewesen …

    Herzlichen Glückwunsch –
    und gerne weiter so !

    Wolf Gerlach, Ingenieur

  • am 10.05.2021 um 18:36 Uhr
    Permalink

    KTipp und Gesundheitstipp sind wirklich ausgezeichnete Magazine. «Gesundheit Sprechstunde» ist/war Pharma-PR, und der Beobachter ist auch schon lange nicht mehr, was er mal war.

    Gratulation und Dank an Herrn Gasche für diese unabhängige Kreation.

  • am 11.05.2021 um 02:29 Uhr
    Permalink

    Gratulation…die letzte instanz beim srf die noch faktenbezogen ist…der einzige grund noch bei srf einzuschalten…

  • am 11.05.2021 um 06:43 Uhr
    Permalink

    Bravo Urs, sowohl Kassensturz als auch K-Tipp haben allen Grund zu feiern. Aber der Infosperber ist noch weitaus wichtiger für den heutigen Mangel an unideologischen, nicht verzerrten Informationen.
    Lieber Urs und Mitarbeiter, fahrt weiter mit eurer demokratieerhaltenden, not-wendigen Arbeit. Tanke villmoll!

  • am 12.05.2021 um 13:18 Uhr
    Permalink

    Ein sehr interessanter Artikel. Vielen herzlichen Dank dafür. Herr Gasche und Herr Räz haben da eine Super-Arbeit geleistet. Ja, ich gestehe es gerne, ich bin ein riesiger Fan von K-Tipp und K-Geld. Ich war schon vor 30 Jahren davon überzeugt, dass aus dem K-Tipp einmal eine grosse Sache wird und bin deswegen auch von Anfang an Abonnent. Eine Kopie der Rechnung/EZS vom Mai 1991 habe ich natürlich mit Geburtstagskarte dem K-Tipp zugestellt. Der K-Tipp gehört m.E. in jeden Haushalt als «Pflichtlektüre». Selbstverständlich bin ich auch Abonnent von K-Geld (interessant wie ein Krimi), von Saldo und vom Gesundheitstipp. Diese Hefte decken alles ab, was man als Konsumenten benötigt. Die Gratis-Rechtsberatung ist da noch das Sahnehäubchen drauf. Ich würde auf Vieles verzichten können, aber nicht auf diese Hefte.

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