Online-Medien, die von Grossverlagen unabhängig sind
Online-Zeitungen ergänzen die grossen Medien mit relevanten Informationen und Analysen. Die Vielfalt der Informationen und Meinungen sind Voraussetzung, um eine funktionierende und lebendige Demokratie zu gewährleisten. Doch unter der Marktmacht grosser Verlagskonzerne können journalistische Nischenprodukte nur einen Platz behaupten, wenn sie eine besondere Qualität bieten.
Nischenmedien müssen zudem ein Geschäftsmodell entwickeln, das ihre Unabhängigkeit bewahrt. Noch bleibt offen, welche Modelle auf längere Frist Erfolg haben werden. Infosperber versucht es mit Spenden der Leserschaft und mit unbezahlten Engagements für nicht-journalistischen Tätigkeiten wie Buchhaltung, Spendenmanagement, IT-Unterstützung oder Korrekturen. Andere öffnen ihr Angebot nur für zahlende Abonnentinnen und Abonnenten. Wieder andere versuchen es mit Werbung, Spenden und Sponsoren.
Seit Jahren stossen die ergänzenden journalistischen Online-Medien auf ein stets steigendes Interesse. In den Erhebungsmonaten September und Oktober weisen auch dieses Jahr alle befragten Medien steigende Leserzahlen aus. Nur die im Jahr 2018 gestartete Republik ist eine Ausnahme (-22%). Die Geschäftsleitung weist allerdings darauf hin, dass es letztes Jahr in den Monaten September und Oktober zu «ein paar Ausreissern» nach oben gekommen sei. Die durchschnittliche Leserzahl über das ganze Jahr 2022 hinweg sei «fast identisch» wie im Vorjahr.
Einen ungewöhnlich starken Zuwachs der «Unique User» können das regionale Portal Tsüri (+135%) und die national ausgerichtete WOZ (+36 Prozent) ausweisen. Beim Infosperber lag die Zuwachsrate bei 7,7 Prozent. In der Westschweiz hat Heidinews (2019 gegründet) das grösste Publikum, gefolgt von Bonpourlatête (2017 gegründet).
Die Budgets für das Jahr 2022 – soweit sie bekanntgegeben werden – sind äusserst unterschiedlich: Die Republik rechnet mit 8,6 Millionen Franken, Heidinews mit 2,0 Millionen und Zentralplus mit 1,5 Millionen. Infoméduse dagegen muss mit 4000 Franken auskommen, Bonpourlatête mit 150‘000, Infosperber mit 420‘000, Tsüri mit 660‘000 Franken.
Wegen finanzieller Probleme musste einzig das Wissenschaftsmagazin Higgs den Betrieb einstellen.
«Bajour», «Journal B», «Journal21» und «OnlineReports» geben die hier verglichene Zahl der sogenannten «Unique User» pro Monat nicht bekannt.
Links zu Online-Zeitungen, die von Grossverlagen und Lobbys unabhängig sind
Überregional orientierten Portale
«Republik»
«Infosperber»
«Heidinews» (Westschweiz)*
«WOZ»
«Bonpourlatête» (Westschweiz)
«Infoméduse» (Westschweiz)
«Journal21»
Regional ausgerichtete Portale
«Zentralplus» (Zentralschweiz)
«Tsüri» (Region Zürich)
«Bajour» (Basel)
«Saiten» (Kultur Ostschweiz)
«Journal B» (Bern)
«Onlinereports» (Basel)
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NACHTRAG
«Heidi News» n’est pas indépendant de grandes maisons d’éditions. Tibère Adler tire les ficelles au nom d’Avenir Suisse, la fondation Aventinus, d’une certaine manière. ll avait lancé Heidi News qui est sorti rapidement de l’anonymat grâce aux fonds du «parrain». Par la suite, «Heidi News» so sont fait achetés par le «Temps», financé par la Fondations Aventinus, propriétaire du «Temps». Voir: «Heidi.news rejoint officiellement le giron du journal ‹Le Temps›»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor ist Präsident der gemeinnützigen Stiftung SSUI, welche Infosperber herausgibt.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Gratuliere zur wohlverdienten Zuwachsrate.
Es wäre toll, wenn Sie eine ähnliche Analyse auch für deutsche Medien erarbeiten, oder einen Link auf eine entsprechende Untersuchung veröffentlichen könnten.
Ich betreibe selbst seit Jahren Online-Recherchen zu politischen Themen und gebe das herausgefundene jeweils auf meinen Tg Kanälen weiter.
Die Leser sind heute in der Lage, sich aus verschiedenen Quellen Informationen zu beschaffen. Leider zeigt die Erfahrung, dass diejenigen Quellen mit der grössten Reichweite auch regelmäßig zu den grössten Sünder bezüglich Wiedergabe von Hörensagen und unverifizierten Gerüchten gehören.
Sucht man heute Journalismus, muss man ihn bei unabhängigen Journalisten suchen, die oft auf eigene Rechnung arbeiten – und von Massenmedien gemieden werden wie die Pest.
Ein weiters Problem ist die Sprachbarriere. Wer sich heute umfassend informieren will, muss früher oder später auf Original quellen in Fremdsprachen zurückgreifen. Es gibt zwar Google, aber das hilft nur bedingt – die Dienstleistung der Übersetzung gehört mittlerweile auch zum Portfolio von News Medien – leider machen das auch die Massenmedien nicht wirklich und oft nicht richtig.
Von einem Grosskonzern unabhängig heisst nicht Meinungs-Unabhängig. Gerade bei WOZ und Republik habe ich oft das Gefühl, dass geschrieben wird was der zahlende Leser lesen will.