Tucker Carlson als «Stichwortgeber» für Wladimir Putin
«Carlson fungierte mehrheitlich als nicht besonders gut informierter Stichwortgeber, der häufig Putins Sicht zustimmte», berichtete NZZ-Moskaukorrespondent Markus Ackeret. Putin habe nichts gesagt, «was über das hinausgeht, was lange schon aus seinen Reden und Schriften bekannt war», informierte die NZZ.
In den Tamedia-Zeitungen wie dem «Tages-Anzeiger» oder dem «Bund» zitierte der US-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung nur wenige Sätze Putins. Die Fragen und Antworten seien ohnehin «wie bestellt» gewesen.
Ausführlich wurde berichtet, dass der Fragesteller Carlson eine dubiose Person sei, die Trump unterstütze und die Sicht Putins häufig teile.
Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell liess ausrichten, der Kremlherr habe nur «altbekannte Lügen» wiederholt.
Kurz: Es lohne sich nicht, über den Inhalt von Putins Interview zu informieren.
Damit wurde es der interessierten Öffentlichkeit schwer gemacht, sich eine Meinung zu bilden. Wer sich für die Rede interessiert oder Inhalte weiterverbreitet, riskiert sogar, als Putin-Versteher beschimpft zu werden.
Nicht bevormunden
Nun muss niemand auch nur Auszüge des langen Interviews zur Kenntnis nehmen. Niemand wird gezwungen, seine Zeit mit Putins Ausführungen zu verschwenden.
Doch grosse Medien sollten diejenigen nicht bevormunden, die Putins Aussagen mindestens auszugsweise im Originalton hören oder lesen möchten. Es waren jedoch fast keine Originalpassagen zu lesen oder zu hören. Online haben grosse Medien nicht einmal verlinkt auf das Interview oder eine deutsche Übersetzung.
Offensichtlich mutet man Bürgerinnen und Bürgern in einem freiheitlichen Land nicht zu, Aussagen von Putin (oder von Xi Jinping) selber einzuordnen. Dazu passt, dass man russische und chinesische TV-Sender vom Empfang über Kabel oder Satellit ausgeschlossen hat.
Dank der täglichen Flut von Werbung und TV-Spots sowie dank der regelmässigen Wahl- und Abstimmungspropaganda sollten es die Bürgerinnen und Bürger eigentlich gewohnt sein, Tatsachen von Fiktion, Täuschungen und Irreführungen zu unterscheiden. In der internationalen Politik traut man es ihnen nicht zu.
Infosperber mutet es den Interessierten unter der Leserschaft zu. Zuerst dokumentieren wir eine Auswahl der Fragen von Tucker Carlson: Waren es nur Stichworte? Wie hätten andere Journalisten gefragt?
Wer sich das ganze zweistündige Interview zumuten möchte, findet am Schluss dieses Artikels die Links zu einer deutschen schriftlichen Übersetzung und zum mündlichen Gespräch mit deutscher Übersetzung.
In einem weiteren Artikel werden wir einige Aussagen Putins im Originalwortlaut dokumentieren.
Diese Fragen hat Tucker Carlson an Putin gestellt
(chronologisch, jedoch nur eine Auswahl)
«In Februar 2022, als der Krieg begann, sagten Sie, Sie seien zum Schluss gekommen, die USA könnten mit der Nato einen ‹Überraschungsangriff auf unser Land› starten. In amerikanischen Ohren klingt das paranoid. Wie sind Sie zu diesem Schluss gekommen?»
[Putin antwortet, er wolle zuerst den historischen Hintergrund erklären und tut dies ziemlich lange.]
«Ich bin mir nicht sicher, warum das Gesagte relevant ist für das, was vor zwei Jahren passierte.»
[Putin fährt mit dem historischen Hintergrund fort.]
«Sie argumentieren, dass bestimmte Teile der Ukraine, die Ostukraine, in der Tat seit Hunderten von Jahren zu Russland gehörten. Warum haben Sie die Ostukraine nicht einfach einverleibt, als Sie vor 24 Jahren Präsident wurden? Ihr habt Atomwaffen, sie nicht. Es sei eigentlich Ihr Land, sagen Sie. Warum haben Sie so lange gewartet?»
[Putin wiederholt, dass die Ukraine historisch ein willkürlich zusammengestückeltes Land sei.]
«Warum haben Sie in den ersten 22 Jahren als Präsident nicht darauf hingewiesen, dass die Ukraine kein richtiges Land ist?»
[…]
«Glauben Sie, dass Ungarn das Recht hat, sein Land von der Ukraine zurückzufordern?»
[…]
«Viele Nationen sind verärgert über ihre neu gezogenen Grenzen nach den Kriegen des 20. Jahrhunderts. Tatsache ist, dass Sie den Fall (der Ukraine) erst im Februar vor zwei Jahren öffentlich thematisierten. Sie erklärten sehr ausführlich, dass Sie eine physische Bedrohung durch den Westen und die Nato, einschliesslich einer potenziellen nuklearen Bedrohung, für möglich hielten. Entspricht dies etwa dem, was Sie gesagt haben?»
[…]
«Wenn Bill Clinton ja gesagt hätte, wären Sie der Nato beigetreten?»
[…]
«Haben Sie Ihre Ziele (in diesem Konflikt) erreicht?»
[…]
«Was ist denn ‹Entnazifizierung›? Was würde das bedeuten?»
[…]
«Wären Sie mit dem Gebiet, das Sie jetzt haben, zufrieden?»
[…]
«Warum hat es keine Friedensgespräche über eine Lösung des Konflikts in der Ukraine gegeben?»
[…]
«Wann haben Sie das letzte Mal mit Präsident Biden gesprochen? Er finanziert ja den Krieg.»
[...]
«Die eingebildete Bedrohung, auf die Sie sich bezogen haben, ist eine russische Invasion in Polen und Lettland – expansionistisches Verhalten. Können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Sie russische Truppen nach Polen schicken?»
[…]
«Wer hat Nord-Stream in die Luft gesprengt?»
[…]
«Haben Sie Beweise, dass die Nato oder die CIA es getan haben?»
[…]
«Glauben Sie, dass Sie mit einer neuen Regierung nach Joe Biden die Kommunikation mit der US-Regierung wiederherstellen könnten? Oder spielt es keine Rolle, wer der Präsident ist?»
[…]
«Ich muss nochmals fragen. Sie haben deutlich gesagt, dass die Nato-Osterweiterung das Versprechen verletzt hat, das Ihnen in den 1990er Jahren gegeben wurde. Sie sei eine Bedrohung für Ihr Land. Kurz bevor Sie Truppen in die Ukraine schickten, hatte der Vizepräsident der USA auf der Sicherheitskonferenz den Präsidenten der Ukraine ermutigt, der Nato beizutreten. Glauben Sie, dass dies ein Versuch war, Sie zu einer militärischen Aktion zu provozieren?»
[… Putin bezeichnete Russland mehrmals als religiös-orthodoxes Land.]
«Religionen unterscheiden sich unter anderem dadurch, dass das Christentum eine besonders gewaltfreie Religion ist. Jesus sagt: ‹Halte die andere Wange hin, töte nicht›. Wie kann ein Anführer, der töten muss, egal in welchem Land, wie kann ein Anführer ein Christ sein? Wie kann man das mit sich selbst vereinbaren?»
[…]
«Ich möchte Ihnen noch eine letzte Frage stellen, und zwar zu jemandem, der in den USA sehr berühmt ist, hier wahrscheinlich nicht. Evan Gershkovich, der Reporter des Wall Street Journal. Er ist 32 Jahre alt und sitzt seit fast einem Jahr im Gefängnis. Ich möchte Sie direkt fragen, ohne auf Einzelheiten Ihrer Version der Geschehnisse einzugehen, ob Sie als Zeichen Ihres Anstands bereit wären, ihn freizulassen, damit wir ihn in die USA zurückbringen können?»
[Putin erwähnt eine mögliche Einigung, bleibt aber unverbindlich.]
«Dieser Kerl ist offensichtlich kein Spion. Vielleicht hat er in irgendeiner Weise gegen ein Gesetz verstossen, aber er ist kein Superspion, und jeder weiss das. Vielleicht ist es nicht fair, jemand anderen als Gegenleistung für seine Freilassung zu verlangen.»
[Putin geht nicht darauf ein. Gershkovich sei auf frischer Tat ertappt worden, als er heimlich vertrauliche Informationen erhielt.]
«Aber wollen Sie damit sagen, dass er für die US-Regierung oder die Nato arbeitete? Oder war er nur ein Reporter, der Material erhalten hat, das er nicht haben sollte? Das scheinen sehr verschiedene, sehr unterschiedliche Dinge zu sein.»
[Putin sagt, er wisse es nicht.]
«Evan Gershkovich ist doch ein zweiunddreissigjähriger Zeitungsreporter.»
[Putin meint, es sei ein Journalist, der sich heimlich vertrauliche Informationen beschaffte.]
«Ich hoffe, Sie lassen ihn raus, Herr Präsident.»
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Hier zur schriftlichen Übersetzung des Interviews (von Russland autorisierte englische Übersetzung mit Deepl auf Deutsch übertragen)
Hier zum mündlichen Interview (simultan auf Deutsch übersetzt)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Bei Putin fällt immer wieder seine sehr gute Allgemeinbildung auf, vor allem auf geschichtlicher Ebene; ein Erbe der Sowjetzeit – generell waren viele im Ostblock sehr belesen und gebildet. Man merkt auch deutlich dass hier ein selbstbewußter Chef sitzt, der nach über 20 Jahren im Amt mit vielen Wassern gewaschen ist. Orban sagte, dass Putin in seiner eigenen Liga spielt; keiner der westlichen Staatschefs könne da mithalten. Putin redet übrigens generell nie schlecht über ausländische Politiker. Hasserfüllte Kommentare wie wir sie von Baerbock, Scholz, Johnson, Biden, Kallas usw. im Wochentakt gewohnt sind, wird man von ihm nie hören. Wer Carlson vorwirft, Putin zu weich angefasst zu haben, kehre vor der eigenen Tür: unsere europäische Führungsriege stellt sich erst gar nicht den Journalisten, weder zum Krieg noch zur Covid-Sauerei.
Nun, mag sein, dass Putin belesen und selbstbewusst ist. Das waren aber viele seiner Vorgänger im Geiste auch: Nero, Napoleon, Mussolini, Hitler, Trump. Sie vermochten die Massen zu begeistern und strebten nach einem grossen Reich. Den einfachen Leuten hat das wenig genützt. Meistens endete der Grössenwahn in einer Katastrophe.
Die Liga von Putin heisst: Russland gegen den Westen. Das Vorgehen war auch bei den anderen Herren so: Zuerst einen starken Feind bezwingen, dann wird man wieder gross (make great again). Und es ist immer das gleiche: Wenn alte Männer Krieg führen wollen, müssen junge Männer sterben. Ist denn die Menschheit wirklich zu blöd um zu begreifen, dass Kooperation besser als Konfrontation ist?
NB: Carlson hat, nachdem er von Putin bei der ersten Frage (Ob Putin paranoid sei, nach dem Angriff auf die Ukraine von einer Bedrohung durch die USA und den Westen zu sprechen) abgekanzelt worden war, die Kontrolle über das Geschehen verloren und Putin einfach reden lassen.
Vielen Dank Herr Gasche! Hier beginnt Journalismus und Propaganda endet.
Infosperber kritisiert zu Recht, dass Grosse Medien uns bevormunden (Zitat: Grosse Medien sollten diejenigen nicht bevormunden, die Putins Aussagen mindestens auszugsweise im Originalton hören oder lesen möchten). Sender (und Äusserungen der Regierung) aus Russland, China (und weiteren) werden exkludiert im angeblich «demokratischen Werte-Westen».
Und bei Infosperber sind keine Links mehr erlaubt, auch das schränkt mich ein. Insbesondere betreffend das obige Interview mit Präsident Putin von Tucker Carlson. Die gute deutsche Übersetzung von Druschba FM, auf Youtube (USA-Sender), wurde nämlich zur Sicherheit auch auf einer russischen Website (dzen.ru) abrufbar plaziert.
Weil «Grosse Medien» selektiv berichten (vgl. Buch: Lückenpresse, von Prof. Dr. Ulrich Teusch) wären Links seitens des Publikums umso wichtiger, «viertgewaltiger».
Ich sehe in Infounterdrückung gegen Verfemte wie Kim Jong-un ein für uns fatales Motiv. Saldo.ch titelte (9.5.2017): Irrer «Blick». Top Info Augenöffner.
Springer-BLICK (6.2.2024) titelt:
Jetzt warnt auch Dänemark vor russischen Aggressionen: Das hat Putin 2024 mit Europa vor
Ist der Bundesrat wirklich schlauer als alle anderen Regierungen?
Besonders scharf warnen die dänischen Spezialisten vor russischen Propaganda-Aktivitäten, die im Westen für eine anti-ukrainische und Nato-kritische Stimmung sorgen sollen. Konkret erwähnt der 76-seitige Bericht die Plattform Russia Today, die EU-weit gesperrt ist, in der Schweiz aber im Internet noch immer problemlos aufgerufen werden kann.
> Im März 2022 entschied der Bundesrat, die Propaganda-Plattform weiter laufenzulassen. Es sei wirksamer, «unwahren und schädlichen Äusserungen mit Fakten zu begegnen, anstatt sie zu verbieten», schrieb der Bundesrat. Mit dieser Haltung steht die Schweizer Regierung europaweit alleine da.
SRF News hat am 8.Februar Mittags einen Russlandexperten zu diesem Interview befragt. Die Einleitung der Moderatorin war etwas wie: Tucker Carlson ist sehr rechts, neigt zu Verschwörungstheorien, und wir erklären wie dieses Interview einzuordnen ist (an diese subtile Art hat man sich wohl schon gewöhnt). So etwas ist politische Erziehung.
Ja, das hat SRF gut gemacht. Genau so eine Einordnung erwarte ich von einem verantwortungsvollen Medium. Die Sendung war übrigens sehr hörenswert. Letztendlich ist es entscheidend, dass man sich auf verschiedenen Kanälen informieren kann. Ich habe auch RT schon geschaut, aber damit aufgehört. Es ist wirklich nur Propaganda.
Übrigens: Fernsehen SRF ist gerade dabei, eine 3 teilige Fernsehserie über Russland auszustrahlen (auch über play SRF abrufbar). Der langjährige Russland Korrespondent Christoph Franzen reiste kürzlich durch Russland und hat mit vielen Menschen über die aktuelle Situation gesprochen. Sehr authentisch und sehr informativ!
wie etwas einzuordnen ist, möchte ich gerne selbst entscheiden. Ich will keine subtile Bevormundung von Radio SRF. Für mich scheint es so, als würde hier SRF, wie übrigens auch andere europäische Medien, Nato-Propaganda betreiben.
«Ja, das hat SRF gut gemacht.»
Herr Richner, ich glaube die Aussage von Herr Seiler war eher etwas ironisch gemeint 😉
Ich habe zuerst das ganze Interview mit Putin geschaut und dann die so genannt «Mainstream» oder «Nordstream» Medien gelesen. Dann habe ich gedacht, yes, ich bin ein Hellseher, alles wie ich mir denken konnte. Kein Sterbenswörtchen um die Friedensgespräche und die fast- unterschriebenen Friedensverträge von Istanbul. Man hätte meinen können, kein Journalist hätte das Interview ganz gesehen. Auch die von Putin immer wieder erwähnte Bemühungen über eine Annäherung an den Westen und diplomatischen Lösungsversuche wurde kaum berichtet. Über die Qualität des Interviews kann man streiten, aber war nicht Putin die Hauptperson in diesem Interview? Wozu spricht und schreibt alles über Carlson? Dieser wird für dieses Gespräch sowieso in die Geschichte eingehen, vielleicht als Helfer in der Not.
Ich begrüße, dass der Sperber über das Interview informiert und auch das Interview selbst. Miteinander Reden und Zuhören ist der einzige Weg aus der Gewaltspirale.
Ziemlich heuchlerisch von beiden empfinde ich persönlich aber zB die Stelle, wo Carlson (als Vertreter einer furchtbar «christlichen» Nation, welche zahllose Kriege begonnen hat!!) Putin fragt, wie er als «christlicher» Präsident angesichts der Lehre Jesu, bei Gewalt auch die andere Wange hinzuhalten statt zu töten, die Gewalt rechtfertigen kann – und Putin (der ja immer behauptet er habe den Krieg nicht begonnen sondern wolle ihn nur beenden, was so ja auch nicht wirklich zutreffend ist) darauf erwidert, das sei ja alles ganz einfach, er verteidige ja nur seine Familie, sein Volk.
Letzteres mag aus russischer Sicht in gewisser Weise zutreffen, aber Jesus hatte ja nach Überlieferung nicht gesagt: wenn Deine Familie bedroht ist, brauchst Du nicht die andere Wange hinhalten, sondern kannst die Bedroher umbringen – oder?
@Peter Langhammer Doch, auch ich verstehe: Russland hat den Krieg nicht begonnen, sondern es geht darum, ihn zu beenden. Meine Indizien: 1) USA haben in etlichen Staaten Europas (hypermoderne) Atomwaffen stationiert. Die Ostgrenze der NATO (Oberbefehl: USA) ist nicht mehr die DDR, sondern Russland. Putsch in der Ukraine, in Weissrussland gescheitert. 2) Das Aufstellen von Raketen bzw. Atomwaffen taten die USA bereits vor der Kubakrise in der Türkei. Als die UdSSR daraufhin, «demokratisches gleiches Menschenrecht für alle», als «defensive Symmetrie» nachzogen auf Kuba, passierte, Zitate: spiegel.de «Die Interkontinentalraketen waren startbereit, U-Boote nahmen Kurs auf die Sowjetunion, während Dutzende US-Bomber mit Wasserstoffbomben in (…)» und geo.de «Februar 1962 erhält die Führung der US-Atlantikflotte den Befehl, (…) 40 Atomraketen, 126 taktische Atomwaffen, Bomber, Panzer (…)». Ich fordere gleiches Recht für alle zwecks Frieden.
@Wolfgang Reuss:
Ich kenne wohl die meisten Argumente zum Kriegsbeginn und zur Vorgeschichte und stelle sie nicht in Frage. Zweifellos hat der Krieg auch nicht erst 2022 begonnen. Ich schreibe nicht, dass Präsident Putins Behauptung völlig falsch sei – das liegt auch nicht in meinem Ermessen.
So bezweifle ich nicht, dass es dem Kreml AUCH um ein Ende der wieder eskalierenden kriegerischen Gewalt seitens Kiews gegen den Donbass gegangen war.
Angesichts des systematischen, wortbrüchigen, immer näheren Heranrückens der NATO an Russland, des schon bis dahin enormen „Engagements“ des Westens in der Ukraine und etlicher weiterer Umstände, sollte absehbar gewesen sein, dass ein Einmarsch noch mehr Tote, Verwundete, Zerstörung und Leid bringen wird.
Ich will dies politisch nicht bewerten. Die Situation war gewiss bedrückend. Aber im Kontext meines Kommentars (Frage von Carlson zur Lehre Jesu) ist Gewalt (egal von welcher Seite) nicht geeignet, Krieg zu beenden und weitere Opfer zu vermeiden.
Ich habe das ganze Interview auf Französisch verfolgt, danach die Kommentare im französischen Fernsehen angehört. Jeder «Experte» machte sich über Putin lustig, weil man sowieso weiss, dass er immer lügt. Wie und wann er gelogen hat, das hat niemand erklärt. Auch niemand hat die wichtigen Punkte in Putins Rede hervorgehoben, wie und weshalb er in die Ukraine einmarschiert ist. Er erklärt, dass bereits vor dem Einmarsch dort Krieg geherrscht habe (die Ukraine bombardierte den Donbass während 8 Jahren). Auf die Frage, ob er Polen angreifen wolle, antwortete er mit einem klaren NEIN, er sei nicht an Europa interessiert. Aber die französischen «Experten», sowie unsere europäischen Politiker, fahren fort, ihre Paranoïa zu schüren und ihre Armeen aufzurüsten! Absurd!
Als man Putin vor dem 24. Februar fragte, ob Russland in der Ukraine einmarschieren wolle, hat er «nein» gesagt.
Russland hat das Budapester Memorandum unterzeichnet (Dez. 1994). Die frühere Sowjetunion war ja eine Atommacht. Atomwaffen waren auch in der Ukraine, Belarus, etc. stationiert. Das Budapester Memorandum regelte folgendes: Die früheren Sowjetrepubliken (unter anderem Ukraine) geben ihre Atomwaffen nach Moskau ab. Sie erhalten dafür die Garantie, ihre staatliche Weiterentwicklung selber bestimmen zu dürfen. So wurde es gemacht. Das hielt Putin nicht davon ab, einen moskauhörigen Regierungschef in der Ukraine zu etablieren. Und mit dem ersten russischen Panzer der am 24. Februar die Grenze zur Ukraine überfuhr, war der Vertrag gebrochen.
Nicht dass Putin nicht auch manchmal die Tatsachen auf seine Seite umdrehen würde, aber Ihre Sicht scheint auch nicht sehr ausgewogen zu sein und blendet vieles aus.