Sperberauge
Regierung macht die Presse mit Inseraten gefügig
Pro Kopf der Bevölkerung gibt Österreichs Regierung neunmal mehr Geld aus für eigene Zeitungsinserate als die Regierung in Deutschland. Es handelt sich um eine in Österreich traditionelle Form der Presseförderung. Für amtliche Mitteilungen würde wie in Deutschland ein Neuntel der Inserate genügen.
Quelle: Medientransparenzdaten
Das unabhängige österreichische Recherchier-Portal «Dossier» hat die Werbeausgaben der österreichischen Bundesregierung mit jenen der deutschen verglichen und dazu Daten sämtlicher deutscher Ministerien abgefragt: Im Jahr 2015 inserierte die österreichische Regierung für 13,6 Millionen Euro in Printmedien, deutsche Ministerien gaben im selben Zeitraum fast gleich viel aus: 13,7 Millionen Euro. Macht pro Kopf 1,56 Euro Steuergeld in Österreich zu knapp 17 Cent in Deutschland. Ob besser informiert oder dümmer: Österreichs Bundesregierung wirbt pro Kopf mehr als neunmal so viel.
Das Fazit von «Dossier»: «Tatsächlich unterscheiden sich Österreicher und Deutsche wohl weder bei der Intelligenz noch bei ihrem Informationsbedürfnis signifikant. Der Grund für die unverhältnismässig hohen öffentlichen Ausgaben für Inserate in Österreichs Zeitungen dürfte eher in der jahrelangen Praxis der sogenannten inoffiziellen Presseförderung liegen – ein System, in dem die Politik riesige Werbebudgets an Zeitungen verteilt und damit gegenseitige Abhängigkeiten schafft.»
Neuer Kanzler verspricht Remedur
Der neue Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach sich kurz nach seinem Amtsantritt für eine Reduktion der Werbeausgaben der Regierung aus: «Ich wüsste gar nicht, wo die Mitglieder der Bundesregierung inserieren sollen», sagte er am 17. Mai 2016 in einem Fernsehkanal. Er kündigte an: «Unsere vorrangige Aufgabe ist es nicht zu inserieren, sondern Politik zu machen, Taten zu setzten und klar identifizierbar zu machen, was wir für das Land tun.»
Tatsächlich gingen die Inserateaufträge der öffentlichen Stellen im Jahr 2016 um rund 15 Prozent zurück.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine