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Die Berechnung von Boni gleicht oft einem Lottospiel. © mohamed_hassan

SRG-Cheflöhne: ein Themenklassiker

Rainer Stadler /  Die Geschäftsleitung der SRG bekommt nur noch fixe Löhne. Verdienen die Chefs nun zu viel?

Der Zeitungsverbund von «CH-Media» meldete am Wochenende, dass der SRG-Verwaltungsrat keine Boni mehr an die Geschäftsleitungsmitglieder auszahlen wolle. Weniger Geld bekommen diese deswegen nicht. Denn die variablen Lohnbestandteile – etwa 20 Prozent der Gesamtsumme – werden ins fixe Gehalt integriert. Was heisst: Das Gehalt der SRG-Chefs bleibt gleich hoch, unabhängig davon, ob diese gewisse vom Aufsichtsgremium fixierte Leistungsziele erreicht haben oder nicht.

Löhne auf den höchsten Chefetagen sind zumeist ein attraktiver Medienstoff. Doch die Meldung von «CH-Media» löste kaum Reaktionen aus – abgesehen vom Mitte-Parteichef Gerhard Pfister, der jeweils in den Habitus eines AfD-Funktionärs verfällt, wenn die Buchstaben SRG vor seinen Augen auftauchen. Dann sieht er nur noch einen «Saftladen». Die Medienbranche hingegen zittert vor dem Abstimmungssonntag und zeigte kein Interesse daran, die SRG aufs Korn zu nehmen – sie wird erst nach der Abstimmung wieder in den Fokus geraten, und dann wohl umso mehr. Nur die Mediengewerkschaft SSM knurrte am Montag und bemängelte, dass die Obrigkeit des audiovisuellen Service public die Gelegenheit nicht genutzt habe, die Löhne der Geschäftsleitung zu senken.

Ein seltsames Ritual

Generaldirektor Gilles Marchand verdiente im Jahr 2020 insgesamt 553’000 Franken. Seine Vorgänger bekamen pro Jahr ein bisschen mehr, wie die SRG im Geschäftsbericht 2018 auf Seite 104 in einem Mehrjahresvergleich darlegt. Die Schwankungen sind jedoch relativ klein. Die variablen Lohnbestandteile hatten also nie einen grossen Einfluss auf die persönliche finanzielle Jahresbilanz der Geschäftsleitung – deren Mitglieder verdienen durchschnittlich je rund 400’000 Franken. Die Berücksichtigung von leistungsabhängigen Faktoren für die Entlöhnung glich einem seltsamen Ritual, dessen Abschaffung an der Zeit war. Das «Gewohnheitsrecht» – wer will schon plötzlich weniger verdienen – hat aber dazu geführt, dass nun weiterhin quasi das Maximum ausbezahlt wird.

Der Lohn des SRG-Generaldirektors ist im Mehrjahresvergleich eher leicht gesunken denn gestiegen (Daten und Grafik aus dem SRG-Geschäftsbericht).

Gegen aussen wirkt das schlecht. Da die SRG wieder unter medienpolitischen Druck geraten wird und da sie gleichzeitig restrukturieren und sparen muss, hätte das Signal einer gewissen Lohnreduktion auf der Chefetage entlastend gewirkt. Aber nur kurzfristig. Auch die Demutsgeste von Gilles Marchand nach der gewonnenen Abstimmung um die «No Billag»-Initiative hat die Gegner der SRG nicht etwa verstummen lassen. Für die Jahresrechnung der SRG hätte eine Lohnreduktion ohnehin keine Bedeutung gehabt. Es wäre reine Symbolpolitik – die allenfalls als Geste gegenüber einer gestressten Belegschaft hätte hilfreich sein können.

Vergleicht man aber die Cheflöhne der SRG mit jenen anderer grosser Medienbetriebe, sind diese gewiss nicht überrissen. Und im Vergleich mit den Lohnsitten anderer Grossfirmen sind die SRG-Chefgehälter sogar bescheiden. Eine halbe Million Franken für einen exponierten Managerposten: Über die Angemessenheit einer solchen Lohnsumme kann man immer streiten. Aber ein Skandalpotenzial enthält sie nicht wirklich.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

SRG_Dossier

Medien: Service public oder Kommerz

Argumente zur Rolle und zur Aufgabe der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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4 Meinungen

  • am 9.02.2022 um 23:43 Uhr
    Permalink

    Die Bemerkung «abgesehen vom Mitte-Parteichef Gerhard Pfister, der jeweils in den Habitus eines AfD-Funktionärs verfällt, » irritiert und hinterlässt einen Nachgeschmack.

    Ich kenne die Bemerkung auf die sie sich bezieht nicht. Ich bin weder Anhänger/Wähler von G. Pfister noch der CVP/Mitte. Die undifferenzierte Bemerkung von R. Stadler wirft aber die Frage auf: geht es um Gesinnung oder (fehlende) Argumente?

    1. Was hat die AfD mit der Fragestellung des Artikel zu tun, es sei den man wolle jede kritische Anmerkung von G. Pfister gegen die SRG pauschal mit einem «killer framing» (AfD affin) unterbinden.
    2. Gestützt auf welche Fakten wird G. Pfister den «Habitus eines AfD-Funktionärs » unterstellt ?
    3. Kann man der Kritik der Löhne auf den Chefetagen von G. Pfister nur durch eine pauschale, persönliche Verunglimpflichung (framing/slander) ohne sachliche, seriöse Auseinandersetzung seiner Argumente entgegnen? Begeben wir uns auf das Niveau der deutschen Fernsehanstalten?

    Wenn vorliegend ein «Mitte» Exponent mit unbeliebter (SRG) Meinung als «AfD-Funktionär» mundtotgemacht werden sollen, zeugt dies von einem bedenklichen Niveau der intellektuellen und politischen Kultur/Auseinandersetzung. Eine seriöse, politische Debatte würde m.E. erfordern, dass man sich mit den angeblichen «AfD affinen Bemerkungen» von G. Pfister tatsächlich (mit Gegenargumenten) auseinander setzt und sich nicht darauf beschränkt ihm unbelegt den «Habitus eines AfD-Funktionärs» zu unterstellen. sorry

    • PortraitRainerStadler
      am 10.02.2022 um 00:09 Uhr
      Permalink

      Die Bemerkung von Pfister ist im Artikel verlinkt. Sie können das also lesen. Wenn sich ein Parteichef regelmässig unspezifisch und polemisch äussert, ist ein ironischer Kommentar der Sache angemessen. Im Übrigen legt der Artikel argumentativ dar, wie die Lohnfrage auf der SRG-Chefetage einzuschätzen ist.

  • am 10.02.2022 um 01:14 Uhr
    Permalink

    Entschuldigung den Link habe ich übersehen.

    Er ändert jedoch nichts an meinem ursprünglichen Kommentar.

    Eine ironische Kommentierung (oder Hinweis darauf) kann ich Ihrem Beitrag nicht entnehmen, bzw. ich habe dies beim besten Willen nie so aufgefasst/verstanden.

    Wo ergibt sich aus dem verlinkten Artikel ein Bezug zur AfD oder eine Rechtfertigung G. Pfister in die Habitus eines AfD-Funktionärs AfD zu setzen. Zur Lohnfrage SRG äussere ich mich nicht, da kann ich Ihnen folgen.

    Mich stört das unnötige/deplatzierte Framing von G. Pfister, den ich eigentlich nicht mag. Aber noch weniger mag ich politische Diffamierung jeglichen Couleurs.

  • am 11.02.2022 um 06:44 Uhr
    Permalink

    Ob die Löhne der SRG-Chefs zu hoch sind kann ich nicht beurteilen, die Qualität der Sendun-gen jedoch ja: sehr gut! Vor allem im Vergleich mit dem Ausland, bietet SRG in alle Sprachen Sendungen, die tatsächlich ermöglichen, sich eine eigene Meinung zu bilden, was nach dem Wunsch von Ministerin Sommaruga zur Erhaltung der Demokratie einen wesentlichen Beitrag leistet. Wünschenswert wäre, dass gewisse Sendungen mit Echtzeitübersetzungen in alle Sprachgebiete ausgestrahlt werden, etwa wie Arena, um nur ein Beispiel zu nennen.
    Übrigens, auch gewisse Artikel von Infosperber müssten übersetzt werden!
    Giovanni Coda

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