Unbenannt

Als «fahrbares Massivzelt» bezeichnet die «Sonntags-Zeitung» den VW T7 California. © vw-nutzfahrzeuge.at

Schreibt Chat-GPT für die «Sonntags-Zeitung»?

Marco Diener /  Die Auto-Beilage der «Sonntags-Zeitung» hinterlässt einen komischen Eindruck. KI habe beim Schreiben nicht mitgeholfen, heisst es.

Die achtseitige Auto-Beilage der «Sonntags-Zeitung» lässt die Leser ratlos zurück. Da steht über einen Camper von VW: «Inzwischen rollt der California in der siebten Generation herum, ist mit Front- oder Allradantrieb zu haben und in verschiedenen Eskalationsstufen vom Mobilehome bis zum fahrbaren Massivzelt ohne grossen Komfort.»

Der VW California soll in «verschiedenen Eskalationsstufen» erhältlich sein? Ein «fahrbares Massivzelt»?

Schreibt so ein Mensch aus Fleisch und Blut?

Dominic Geisseler, der die Auto-Beilage verantwortet, sagt zwar klipp und klar: «Selbstverständlich wurden die Texte in der Auto-Beilage vom 30. März nicht von der KI verfasst.» Doch Zweifel sind angebracht. Denn auch andere Passagen klingen so, als hätte Chat-GPT seine Hände im Spiel gehabt:

  • «Der modulare Aufbau ermöglicht das Campen in aussergewöhnlichen Landschaften.»
  • «Preislich schlägt der E-Antrieb natürlich etwas zu Buche – aber das fährt man durch fleissiges Ferien Machen bei den Betriebskosten wieder herein.»
  • «Die Küchenzeile bietet einen sehr üppigen Frischwassertank – aber bitte das Leeren des Abwassertanks nicht vergessen, der ist deutlich kleiner.»
  • «Es gibt zahlreiche Assistenten und ein herrliches Fahrgefühl.»
  • «Ohne Bulli keine Camper-Kultur und kein Van-Life – ganz klar.»

Der Artikel ist nicht nur komisch formuliert – er enthält auch Fehler. So steht da etwa: «Mit dem Caddy California lanciert Volkswagen erstmals einen Camper auf Basis seines kleinsten Nutzfahrzeugs.» Das ist mehrfach falsch:

  • Den VW Caddy California gibt es nämlich nicht erst seit 2025, sondern schon seit 2020.
  • Seinen Vorgänger Beach seit 2015.
  • Und den Vorvorgänger Tramper seit 2007. Vor 18 Jahren baute also VW «erstmals einen Camper auf Basis seines kleinsten Nutzfahrzeugs».

Zum Renault Trafic schreibt die «Sonntags-Zeitung»: «Geschlafen wird zu viert unterm Dach, das nach vorne aufgestellt wird.» Nur: Das Bett unter dem Aufstelldach misst 1,20 mal 1,90 Meter. Zu viert könnte es da eng werden.

Angekündigt hatte die «Sonntags-Zeitung» den Artikel mit: «Die besten Camper – zehn Modelle im Test.» Deshalb wollte Infosperber von Dominic Geisseler wissen: «Wo, von wem und wie lange wurden die Camper getestet?» Die Antwort von Geisseler: «Wie die Texte zu den Camper-Tests entstanden sind, müssten Sie die Verantwortliche Saskia Iten direkt anfragen.»

Saskia Iten ist nicht etwa Journalistin, sondern «PR & Communication Manager Automotive» bei der «Swiss Marketplace-Group». Das ist eine Firma, die zu je rund 30 Prozent der TX-Group, Ringier und der Mobiliar gehört. Zur «Swiss Marketplace-Group» gehören etwa «Homegate», «Immoscout 24», «Autoscout 24», «Tutti», «Ricardo» oder «Moneyhouse».

Frage also an Saskia Iten: «Wo, von wem und wie lange wurden die Camper getestet?» Die Antwort: Der Artikel stamme aus dem «Autoscout-24-Magazin». «Eigene Fahrzeugtests wurden in diesem Fall für den Magazin-Artikel nicht durchgeführt.»

Komisch ist auch der Artikel «Fremde Länder – andere Vorschriften». Dort steht: «Zahlreiche Städte in Europa haben in den vergangenen Jahren bereits Umwelt- und Luftschutzzonen eingeführt.» Luftschutz ist der Schutz vor militärischen Angriffen aus der Luft. Dafür haben wir in der Schweiz fast 400’000 Luftschutzkeller. Gemeint waren in der «Sonntags-Zeitung» aber Zonen, in denen Verkehrsbeschränkungen zur Eindämmung der Luftverschmutzung gelten.

Auch dieser Artikel stammt übrigens nicht von einem Journalisten, sondern «von verschiedenen TCS-Websites», wie TCS-Mediensprecher Marco Wölfli mitteilt.


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2 Meinungen

  • am 1.04.2025 um 16:20 Uhr
    Permalink

    Ich glaube nicht, dass KI so dumm ist. KI gibt die wahrscheinlichste Antwort und die ist nicht so verdreht. Es sieht eher nach einer schlechten Übersetzung aus.

  • am 1.04.2025 um 18:37 Uhr
    Permalink

    Wie kann das Herr Geissler denn wissen? Die Artikel kamen ja erst über mehrere Stufen in seine Beilage?
    Aufschluss darüber hätte dann wohl nur Autoscount geben können. Ob die darüber Korrespondenz führen? Irgendwie müssen ja die Information über die Modelle zusammenkommen oder sind es am Ende gar Werbeschriften der Hersteller?

    Mir drängt sich aber noch eine andere Frage auf: Wo liegt das Problem beim Einsatz von KI um Texte zu erstellen? Der Inhalt muss selbstverständlich von einem Menschen regidiert werden aber das Schreiben von Texten ist eine der Stärken von LLMs. Mal abgesehen von der Richtigkeit oder des Sinns des Inhalts.

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