Schleichwerbung am Radio: «Alpentainer» wirbt für «Trauffer»
Es ist offensichtlich: Wer auf Radio SRF 1 als Sponsor des Veranstaltungstipps kurz vor 17.30 Uhr auftritt, darf seine eigene Veranstaltung bewerben. Ein krasses Beispiel dafür lieferte Radio SRF 1 vor Weihnachten. Eingeleitet vom Hinweis «Veranstaltungstipp, präsentiert von ‹Alpentainer›», machte SRF für ein Konzert von «Trauffer» im Zürcher Hallenstadion Reklame. Gut zu wissen: «Trauffer» nennt sich auch «Alpentainer». Mit anderen Worten: «Trauffer» darf auf SRF die Werbung für sein eigenes Konzert sponsern.
Kleine Veranstaltungen als Alibi
Normalerweise läuft es diskreter. Zum Beispiel so: Nach dem Hinweis «Veranstaltungstipp, präsentiert von ‹Live-Nation›», macht Radio SRF 1 zunächst auf zwei kleine Veranstaltungen aufmerksam und dann noch auf ein Konzert von «Simply Red» im Zürcher Hallenstadion. Auch hier wichtig zu wissen: «Live-Nation» ist der Veranstalter des «Simply Red»-Konzerts.
Eigentlich ist Schleichwerbung an Radio und Fernsehen verboten. Im Radio- und Fernsehgesetz steht:
- «Der Programmveranstalter sorgt dafür, dass der Sponsor die Sendung nicht in einer Art beeinflusst, welche die redaktionelle Unabhängigkeit beeinträchtigt.»
- «Gesponserte Sendungen dürfen keine Aussagen werbenden Charakters über Waren und Dienstleistungen enthalten.»
Doch die Aufsichtsbehörde unternimmt nichts gegen die Schleichwerbung im Veranstaltungstipp von Radio SRF 1. Die Leute vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) schauen weg. Oder sie interessieren sich gar nicht fürs Radioprogramm.
Angeblich «nach journalistischen Kriterien»
Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man die Antworten des Bakom auf die Infosperber-Fragen studiert. Das Bakom schreibt zwar: «Die Auswahl der vorgestellten Veranstaltungen hat nach journalistischen Kriterien zu erfolgen.» Und fügt an: «Anhaltspunkte, wonach der Veranstaltungstipp entgegen redaktioneller Kriterien erfolgt sein sollte, liegen uns nicht vor.»
Dabei ist es offensichtlich: Radio SRF 1 stellt die Veranstaltungstipps nicht nach journalistischen Kriterien zusammen. Sonst würde das Radio im Rahmen des Veranstaltungstipps nicht jedes Mal für einen Anlass des Sponsors werben.
Eine «Medienpartnerschaft»
SRF spricht beim Veranstaltungstipp lieber nicht von Sponsoring, sondern von einer «Medienpartnerschaft». Medienpartnerschaften sind in der Radio- und Fernsehverordnung vorgesehen. SRF erklärt: «Medienpartnerschaften werden grundsätzlich mit Gegengeschäften ohne Geldfluss abgegolten.» SRF erhält beispielsweise Veranstaltungs-Billette, die dann an Hörer verlost werden. Das bedeutet: «Trauffer» bekommt bei jeder Verlosung auch noch Gratisreklame.
SRF erhält die Konzert-Billette also gratis. Im Gegenzug strahlt der Sender die erwähnten Veranstaltungstipps aus. SRF schreibt: «Die Hoheit über die Gestaltung der Veranstaltungshinweise liegt ausschliesslich bei SRF und die Gestaltung erfolgt unabhängig und nach redaktionellen Kriterien.»
Daran sind allerdings Zweifel angebracht. Denn zu Medienpartnerschaften wird die Redaktion kaum etwas zu sagen haben. SRF bietet die Medienpartnerschaften auf seiner Website gleich neben ganz normaler Werbung an.
Keine «werblichen Aussagen»
SRF betont: «Jede Sponsoring-Nennung bei SRF ist vertraglich geregelt und entspricht den Werbe- und Sponsoringrichtlinien des Bakom.» In den Bakom-Richtlinien steht allerdings: «Es dürfen weder werbliche Aussagen zum Anlass noch eine Aufforderung zum Besuch gemacht werden».
Diesbezüglich begibt sich SRF auf heikles Terrain. Im Veranstaltungstipp für «Trauffer» gibt SRF bekannt, das Konzert vom kommenden 8. November sei bereits ausverkauft, aber fürs Konzert vom 9. November seien noch Billette erhältlich. Das kann durchaus als «werbliche Aussage» angesehen werden – wenn nicht sogar als Aufforderung zum Besuch.
Übrigens: Gegenüber privaten Sendern zeigt das Bakom mehr Biss als gegenüber SRF. Letzten Sommer stellte es fest, dass das Fernsehen «Telebielingue» gegen das Gesetz verstossen habe, weil «zu häufig Mitarbeitende des Sponsors ‹Spitalzentrum Biel› in der Sendung auftraten, der Themenfokus zu stark auf den Tätigkeitsfeldern des Sponsors lag und eingeblendete Äusserungen der Patienten zu einseitig positiv für den Sponsor waren».
Telebielingue musste die Verfahrenskosten übernehmen und «Massnahmen treffen, damit sich die Rechtsverletzungen nicht wiederholen». Zudem musste der Sender «über die getroffenen Vorkehren Bericht erstatten».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.