Oberste Ringier-Journalistin darf mit Krypto-Firmen Geld machen
Steffi Buchli ist seit anderthalb Jahren Chefredaktorin der Blick-Gruppe. Das heisst, sie ist für alles verantwortlich, was im «Blick», in der «Bilanz», in der «Handelszeitung» und im «Cash» erscheint.
Kürzlich ist dem Chefredaktor der «Schweizer Journalist:in», Marcus Hebein, aufgefallen, dass die oberste Ringier-Journalistin einem heiklen Nebenerwerb nachgeht: Sie ist zusammen mit ihrem Partner Besitzern einer «Investment-Boutique», wie sie es nennen.
Die in Zug ansässige Firma «Einhorn + Rakete» investiert in Unternehmen, bevorzugt in solche aus dem Bereich Kryptowährungen. An über 100 Investments war Steffi Buchli laut der Website schon beteiligt. Ausserdem bewirtschaftet sie nach eigenen Angaben auch ein Immobilien-Portfolio, macht «Strategieberatungen und Workflow-Analysen».
Marcus Hebein fragte bei Ringier nach, ob Buchli als oberste Chefredaktorin mit ihrer Investment-Firma nicht in einen Interessenskonflikt geraten könnte. Über die Reaktion war Hebein ziemlich erstaunt. Ringier störte sich nämlich überhaupt nicht an Buchlis Aktivitäten. Sondern vielmehr an Hebeins Fragen.
Blosser Neid auf eine erfolgreiche Frau?
Laut dem Journalisten sei ihm am Telefon beschieden worden, dass solche Recherchen bei einem Mann kaum denkbar wären. Nachforschungen zu privaten Aktivitäten von Buchli seien von Neid auf eine erfolgreiche, talentierte und intelligente Frau motiviert. Die Ringier-Sprecherin Johanna Walser soll die Recherchen als «Zeichen des Niedergangs von Qualitätsjournalismus» bezeichnet haben.
Das stimme nicht, sagte Johanna Walser, als Infosperber mehr über die Angelegenheit wissen wollte. Sie schreibt: «Tatsache ist, dass Herr Hebein in seinem Editorial sowie im Beitrag über Steffi Buchli unabgesprochen Versatzstücke aus einem Hintergrundgespräch als Zitat deklariert und falsch wiedergibt.»
Und sie bezichtigt Hebein, «mehrfach journalistische Grundprinzipien verletzt» zu haben. Bei Steffi Buchli ortet sie hingegen keinen Konflikt mit diesen journalistischen Grundprinzipien. Schliesslich habe Buchli ihre Beteilung an «Einhorn + Rakete» bei ihrer Anstellung offengelegt. Ringier habe auch ein «Ausstandsszenario definiert, welches die journalistische Unabhängigkeit von Ringier schützt».
Für Ringier genügt es also, dass der Verlag weiss, was Steffi Buchli nebenher für Geschäfte macht. Marcus Hebein hingegen fragte sich, was ein Redaktor der «Handelszeitung» täte, wenn er brisante Hinweise zu einem Unternehmen hätte, an denen seine Vorgesetzte Steffi Buchli Anteile hält.
Johanna Walser sieht darin kein Problem: Steffi Buchli sei nicht die Vorgesetzte. Der Chefredaktor der «Handelszeitung» entscheide über die Veröffentlichung. Doch auch der Chefredaktor hätte wohl kaum Lust, sich mit Steffi Buchli anzulegen – besonders jetzt nicht, wo unter anderen auch Buchli einen Stellenabbau bei der «Handelszeitung» abgesegnet hat.
Laut Ringier schade Buchlis «Neben-Job» der Reputation der Ringier-Redaktionen nicht. Johanna Walser schreibt: «Die Redaktionen von Ringier berichten unabhängig. Ringier verfügt über Richtlinien, die den Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten regeln.» Ringier zeigt sich also überzeugt, dass mit der journalistischen Unabhängigkeit der höchsten Chefin alles zum Besten stehe.
Den Ethereum-Gründer fragte sie: «Was hat Ihnen an der Schweiz gefallen?»
Liest man, was Steffi Buchli vergangenen November für ein so genanntes «Exklusiv-Interview» mit dem Gründer der Kryptowährung Ethereum, Vitalik Buterin, geführt hat, kommen einem Zweifel daran. Zusammen mit Cash-Chefredaktor Daniel Hügli stellt sie lauter anbiedernde Fragen wie: «Sie feiern in diesen Tagen das zehnjährige Bestehen von Ethereum. Welches sind die wichtigsten Meilensteine im Zusammenhang mit der Schweiz?» oder «Was wünschen Sie dem Schweizer Krypto-Valley?» und «Was hat Ihnen an der Schweiz besonders gefallen oder nicht gefallen?» Eine der kritischsten Fragen von Buchli und Hügli lautete: «Und Sie würden nie auf einer Yacht übernachten?» Worauf Buterin eingestand: «Eine Yacht ist okay, ab und zu.» Das sind Fragen, die mit kritischem Journalismus nichts zu tun haben.
Beim geplanten Stellenabbau in den Ringier-Wirtschaftsmedien ist «Cash» ausgenommen. Gegenüber dem Portal «persoenlich.com» begründete Steffi Buchli das damit, dass sich «Cash» mit Börsen- und Anlage-Themen einen Namen gemacht habe und eine grosse Glaubwürdigkeit geniesse. Zumindest was Kryptowährungen anbelangt, ist es mit dieser Glaubwürdigkeit nicht weit her.
So verherrlicht Ringier die Krypto-Branche
Ehrfürchtig berichtete der «Blick» im Januar darüber, dass «Bitcoin-Reiche in St. Moritz ihren Krypto-Kongress feiern». Die Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer könnte kaum hochkarätiger sein, weiss der Reporter vor Ort zu berichten. Und er staunt: «So viele reiche Menschen auf einem Fleck, wie man sie während der Crypto Finance Conference (CFC) im Suvretta House findet, sind auch für St. Moritzer Verhältnisse aussergewöhnlich.»
Der Blick-Reporter wirbt ohne jegliche Zweifel oder die geringste Zurückhaltung für Kryptowährungen. Die Leser und Leserinnen erfahren, dass der Glaube an die Kryptobranche zurückgekehrt sei und dass der Kurs des Bitcoins in einem Jahr von 102’000 auf 232’000 US-Dollar steigen werde.
Und gleich unter diesem unverhohlenen Anlage-Tipp steht: «Die Frauen stechen die Männer punkto Mode deutlich aus. Doch auch die Herren widersprechen dem Klischee des introvertierten Nerds im Kapuzenpulli und mit mangelnder Sozialkompetenz. Sie sind selbstbewusst, offen und casual bis elegant gekleidet.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Wer sich so, wie auf dem Foto, präsentiert (egal ob Mann oder Frau) und derart um das Geld verlieren in der Schwarz- und Mafia-Währung wirbt, hat so oder so den Kontakt zur Wirklichkeit verloren. Wie ja auch dieser ganze Krypto-Zirkus nichts, aber auch gar nichts mit der realen Wirtschaft zu tun hat (wie im übrigen auch der Börsenhandel ganz allgemein). Man muss nicht hoffen, nur abwarten, bis der ganze Zauber in einer kryptischen Kunst-Geld-Vernichtung endet. Vorbeugend sei davor gewarnt, Mitleid zu entwickeln.
Und das Haus Ringier wird dann die Dame, die mir eigentlich nur als Präsentatorin von Sportresultaten in Erinnerung ist, wie eine heisse Kartoffel fallen lassen.
Das sind typische «Bart-Simpson»-Charaktere, Männer wie Frauen, wie sie es insbesondere seit der Neuzeit bei uns im Westen bei den Funktionseliten und höher immer gab. Ab der Erfindung der Photographie haben sie in inszenierten Portraitfotos griesgrämig-streng geschaut bis Mitte des 20. Jh., seither paternalistisch-kraftstrotzend «I-am-your-cool-buddy» grinsend, manchmal mit Zusatzrequisiten wie «I-am-so-crazy» oder «casual bis elegant» etc. Völlig langweilig und belanglos, und wissenschaftlich durchleuchtet. Es gibt auch nicht so viel zu tun «zwischen Himmel und Erde»…