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Die Mediennutzung ändert sich. Der herkömmliche Fernsehkonsum hat an Bedeutung verloren. © Peggy_Marco

Neue Geldquellen für öffentliche Sender

Rainer Stadler /  Frankreichs audiovisueller Service public soll via Mehrwertsteuer finanziert werden. Grossbritannien erwägt eine Gemeindesteuer.

Die herkömmlichen Radio- und Fernsehgebühren werden in Europa zum Auslaufmodell. Die Schweiz und Deutschland führten bereits eine vom Gerätebesitz unabhängige allgemeine Haushaltsteuer für öffentliche Sender ein. Frankreich schlägt einen anderen Weg ein. Mit den Stimmen der Abgeordneten aus dem rechten Lager hat die Nationalversammlung kürzlich entschieden, den audiovisuellen Service public – France Télévisions, Radio France, France Médias Monde und Arte – künftig über die Mehrwertsteuer zu finanzieren.

Wenn der Senat mitzieht, kann Präsident Macron sein altes Versprechen einlösen, die Rundfunkgebühren abzuschaffen. In einer populistischen Anwandlung bezeichnete er diese einmal als «Schande der Republik». Finanzminister Gabriel Attal sagte, das bisherige System sei obsolet, weil die Radio- und Fernsehbeiträge nun auch ohne herkömmliche Empfangsgeräte genutzt werden könnten.

Sorgen wegen redaktioneller Unabhängigkeit

Im Vorfeld der parlamentarischen Beratung äusserten sich vor allem die Linken kritisch gegenüber einer Abschaffung der Gebühren und der Idee einer Finanzierung über den Staatshaushalt, dies mit dem naheliegenden Argument, dass dann die Redaktionen den Launen der Politik ausgesetzt seien und darum weniger unabhängig arbeiten könnten. Mitarbeiter der öffentlichen Sender demonstrierten gegen die Reform.

Nun soll mit einer Finanzierung über einen fixen Anteil der Mehrwertsteuer mehr Sicherheit geschaffen werden; wie medienfreundlich eine solche Regelung sein wird, wird auch davon abhängen, wie kurzfristig die Politik finanzielle Eingriffe erwirken kann. Die bisherigen Finanzmittel sollen erhalten bleiben, zumindest vorerst. Die Einnahmen aus den Gebühren (jährlich 138 Euro pro Haushalt) betrugen im Jahr 2020 3,1 Milliarden Euro; 653 Millionen zahlte der Staat als Ausgleich für jene 5 Millionen Haushalte, denen keine Mehrwertsteuer verrechnet wird. Der Reformdruck bleibt indessen für die öffentlichen Sender bestehen. Zur Diskussion steht etwa eine Reorganisation mit dem Ziel, die Radio- und Fernsehsender unter einem Dach zusammenzufassen.

In Grossbritannien publizierte kürzlich eine Kommission des Oberhauses einen Bericht zur Rundfunkfinanzierung. Darin weist sie die Idee, das BBC-Budget allein durch Werbung oder Abonnements zu finanzieren, als nicht praktikabel zurück. Auf diese Weise komme zu wenig Geld zusammen. Als Alternative erwähnt der Bericht eine allgemeine, über die Gemeindesteuer erhobene Haushaltabgabe. Eine am Einkommen orientierte Steuer wird ebenfalls erwogen. Gleichzeitig wird von der BBC erwartet, dass sie eine «mutige neue Vision» ihrer Zukunft entwickle.

Die BBC als «soft power»

Eine starke Eingrenzung des Spielraums der BBC scheint angesichts der geopolitischen Lage kaum noch das Ziel zu sein. Die öffentliche Sendergruppe spiele eine wichtige Rolle für den nationalen Zusammenhalt. Diese Funktion sei umso bedeutender in Zeiten der Krise und des sozialen Wandels. Im internationalen Kontext nehme die BBC zudem eine zentrale Aufgabe wahr, indem sie das Publikum weltweit über die demokratischen Werte in Grossbritannien unterrichte. Sie verschaffe dem Königreich eine «soft power», heisst es im Bericht der Kommission.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

SRG_Dossier

Medien: Service public oder Kommerz

Argumente zur Rolle und zur Aufgabe der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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3 Meinungen

  • am 28.07.2022 um 13:33 Uhr
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    Wenn der ÖRR nicht mehr über gesonderte Gebühren, sondern über einen Anteil an einer bereits bestehenden Steuer finanziert werden soll, gibt es ohne eine Steuererhöhung anderswo klarerweise einen Mangel. Es gibt auch nicht mehr die Möglichkeit, sich diesen Beiträgen zu entziehen, wie es bisher in D und Ö noch möglich ist. Das bedeutet, jeder Bürger muss dann, ob er konsumiert oder nicht, riesige öffentliche Sendeanstalten mit zweistelligen Milliardenbudgets finanzieren. Diese sind bereits jetzt, etwa durch Werbeeinschaltungen und Gefälligkeiten seitens der Regierungen, nicht so unabhängig wie sie sein sollten. Durch eine Steuerschraube würden sie dann vollends abhängig. Die einfachste Regelung zur Finanzierung wäre wie bisher eine Gebühr für emfangsbereite Rundfunkgeräte im Haushalt und eine Bezahlschranke für Online-Inhalte.

  • am 28.07.2022 um 14:04 Uhr
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    Könnte es im «Wertewesten» noch extremer werden als etwa das ZDF derzeit? Was ist im Westen selbstbestimmt, wenn Medien (wie RT) und Privatpersonenkanäle (wie in Youtube) gesperrt werden, das heisst, wir «mündigen» Bürger werden bevormundet, was wir erfahren dürfen bzw. wie wir uns entscheiden dürfen-sollen-müssen. Bereits 2009 titelte der Tagesanzeiger: «Ein Chefredaktor beklagt den immensen Einfluss des amerikanischen Verteidigungsministeriums auf seine Journalisten. Jetzt ist ihm der Kragen geplatzt: Er enthüllt schier unglaubliche Fakten über die PR-Arbeit des Pentagons.»
    Könnte mir bitte jemand erläutern, warum es der Volksmund «Lügenpresse» nennt, und ein Buchtitel «Lückenpresse»? Nun, ich weiss das halt nicht, sorry, bin ein Landei, gerade aus dem Ei geschlüpft hinter dem Mond.

  • am 30.07.2022 um 12:39 Uhr
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    Diese Art der staatlichen Medienfinanzierung führt doch zu einem Monopol und damit auch zu einem Meinungsmonopol. Etwas «Unkraut» im Garten mit querdenkenden spendenfinanzierten Medien tut doch gut?
    Interessant, dass man die Finanzierung der Altersrenten mit genau solchen Modellen von links bis rechts und Gewerkschaften kategorisch bekämpft.

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