Paxlovid

Eine Packung Paxlovid wird in der Schweiz für 1058,95 Franken verkauft. © rarrarorro / Depositphotos

Wenn Präsidenten für Pharmaprodukte werben

Pietro Vernazza /  US-Präsident Joe Biden erhielt bereits zum zweiten Mal ein Medikament, das Geimpften nichts bringt. Medien weibelten eifrig dafür.

Red. – Dieser Gastbeitrag des Schweizer Infektiologen Professor Pietro Vernazza erschien zuerst auf seiner Website infekt.ch. Aus gegebenem Anlass veröffentlicht Infosperber eine aktualisierte Fassung.

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Kürzlich konnten wir in den Medien lesen, dass der US-Präsident Joe Biden wegen Covid-19 isoliert wurde. Er werde mit Paxlovid behandelt.

Wirklich Paxlovid? Und kein Journalist fragt nach, ob eine solche Behandlung sinnvoll sei. So einfach machen wir es unserer Pharmaindustrie, für kaum oder nicht wirksame Produkte Werbung zu machen.

Schon im Oktober 2020 machte Donald Trump in den Medien Werbung für zwei angeblich hochwirksame Medikamente, welche heute wohl kein Hausarzt mehr einsetzen würde, weil die Wirkung blamabel ist. Vor laufender Kamera rühmte Trump die vermeintlich hochwirksamen Medikamente wie Wunderwaffen (frei übersetzt): «Ich habe die Medikamente Remdesivir und Regeneron eingenommen und ich wurde sofort wieder gesund.»

Es gab keine Fragen, wie der Verlauf ohne Medikamente gewesen wäre (Placeboeffekt), keine Fragen, wie häufig Nebenwirkungen sind oder gar was eine solche Therapie kosten mag. So macht man Werbung. 

Im April 2024 kam die Bestätigung

Dass der vollständig geimpfte Joe Biden jetzt für seine zweite Covid-Infektion noch einmal mit Paxlovir behandelt wurde, ist nicht nachvollziehbar. Denn im April 2024 hat das renommierte «New England Journal of Medicine», bestätigt, was Mediziner schon länger vermuteten: Das als «Game Changer» angekündigte Medikament Paxlovid zur Behandlung von Covid ist bei geimpften Personen wirkungslos. 

Mehrmals schon rührten die Medien für das Medikament die Werbetrommel: Das «St. Galler Tagblatt» und weitere CH-Media-Zeitungen stellten im November 2021 fest:

«Paxlovid soll schwere Verläufe sogar zu rund neunzig Prozent verhindern.»

St.Galler Tagblatt, 16.11. 2021

Und am 3. Januar 2022 schrieb das «St. Galler Tagblatt» online:

«Der Hoffnungsträger: Paxlovid. […] Paxlovid, das neue Medikament von Pfizer, scheint echt gut zu wirken.»

tagblatt.ch und weitere CH-Media Websites, 3.1.2022

Aber nicht nur Gratiswerbung machten die Medien, sie machten auch Druck auf den Bund («Blick» am 22.12.2021):

«Schweiz wartet noch mit Bestellung.»

Blick, 22.12.2021

Konkreter wetterte Marc Brupbacher am 3.5.2022 im «Tagesanzeiger» und weiteren Tamedia-Zeitungen:

«Das hochwirksame antivirale Medikament Paxlovid von Pfizer ist in vielen europäischen Ländern verfügbar. In der Schweiz müssen Risikopatientinnen und -patienten warten.»

Tagesanzeiger, 3.5.2022

Und am nächsten Tag Bruno Knellwolf in den «CH-Media-Zeitungen»:

«Paxlovid verändert in den USA das Pandemiegeschehen – warum gibt es das Covid-Medikament in der Schweiz nicht?»

Zofinger Tagblatt, 4.5.2022

Der Bund reagierte brav und grosszügig und unterzeichnete einen Kaufvertrag für 12’000 Behandlungen.

«‹Pille der Hoffnung› gibts nun auch in der Schweiz.»

Blick, 28.5.2022

Die Swissmedic liess das Medikament im Juni 2022 zu. Alle schienen glücklich. Alle?

Hausärzte waren skeptisch

Bald zeigte sich, dass die 12’000 Packungen kaum gefragt waren. Denn die Hausärzte waren skeptisch. Mindestens meine Kolleginnen und Kollegen in der Ostschweiz waren recht zurückhaltend mit dem Einsatz. Praktisch null.

So verkündete ein Zürcher Professor rechtzeitig vor dem Winter am 22.10.2022 über «10vor10»:

«Trotz deutlicher Risikoverminderung von schweren Verläufen wird das Medikament in der Schweiz zu wenig eingesetzt.»

Medizinprofessor Huldrych Günthard in «10vor10», 22.12.2022

Fast entsteht der Eindruck einer bezahlten Werbung, was es natürlich nicht war, denn die Zusammenhänge sind da komplexer, wie Infosperber berichtete.

Die zentrale Frage: Wirkt das Medikament bei Geimpften?

Bereits bei der Zulassung wussten wir, dass das Medikament nur bei Nicht-Geimpften geprüft wurde. Mehr noch. Wie schon früher auf infekt.ch dargelegt, hat Pfizer die Zulassungskriterien seiner zweiten Zulassungsstudie kurz vor Abschluss abgeändert: Man wollte Geimpfte einschliessen – und hat sie während der Studie plötzlich wieder ausgeschlossen.

Man konnte leicht erahnen, dass dies eine Folge der fehlenden Wirksamkeit bei Geimpften war. Im genannten Beitrag wurde auch eine Israelische Studie zitiert, welche ebenfalls Zurückhaltung empfahl. Auch über den oft beobachteten «Rebound», das wiederholte Aufflackern des Virus nach Therapieende, haben wir berichtet. Alles gute Gründe, die Finger vom teuren Medikament zu lassen.

Der begründete Verdacht bestätigt sich

Die im April 2024 publizierte Studie im «New England Journal of Medicine» fand bei bereits geimpften Personen keinen signifikanten Unterschied zwischen Paxlovid und Placebo. Die Behandelten hatten nur mehr Nebenwirkungen. Dass Swissmedic das Medikament auch bei Geimpften zugelassen hat – entgegen den vorhandenen Zulassungsdaten – war für mich nie nachvollziehbar. 

Wie reagiert Swissmedic?

Die Zulassungsbehörde hatte das Medikament am 15.6.2022 für zwei Jahre befristet zugelassen. Wer nun denkt, die Publikation am 3.4.24 im «New England Journal of Medicine» hätte zum Umdenken geführt, täuscht sich: Swissmedic hat zwei Tage später die Überführung der befristeten Zulassung in eine vollständige Zulassung beschlossen. Da ist die Preisreduktion von 1112 auf 1059 Franken pro Behandlung ein schwacher Trost. 

Hat Joe Biden nun nach dem Sommer 2022 bereits zum zweiten Mal Paxlovid genommen? Ich hoffe nicht. Dem Präsidenten der Vereinigten Staaten hätte ich eine bessere medizinische Betreuung gewünscht. Wir wissen heute, dass eine gute Versorgung mit Vitamin D (2000 bis 4000 internationale Einheiten jeden Tag) in vielen Fällen eine Covid-Infektion oder mindestens einen schweren Verlauf wirksam verhindern könnte. Mehr zur überraschenden Wirksamkeit von Vitamin D bald in einem Folgeartikel. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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