Sperberauge
«Unwürdiger Lobby-Basar in Bern»
Zwei volle Seiten plus grossem Kommentar widmet die NZZ-Ausgabe vom 4. März 2013 den Lobby-Aktivitäten unter der Bundeskuppel. Lobbying ja, meint die NZZ, aber bitte offen und transparent. Heute herrsche ein intransparenter Basar, der einer Demokratie unwürdig sei. Lobbyisten würden «in einer Dunkelkammer agieren». Es sei «unhaltbar», kommentiert NZZ-Bundeshausredaktor Markus Häfliger, «dass sich das Parlament gegen Transparenz sperrt».
Recherchen in den Handelsregistern
Neben den Parlamentariern haben über 400 Personen mit einem Badge freien Zugang ins Bundeshaus. Jedes Parlamentsmitglied kann zwei Personen einen solchen Zugang verschaffen. Diese müssen nicht deklarieren, welche Interessen sie vertreten. Sie figurieren als «persönliche Mitarbeiterin» oder «persönlicher Mitarbeiter» oder schlicht als «Gast». Diese deklarierten Funktionen würden «in vielen Fällen die wahren Interessenbindungen kaschieren», schreibt die NZZ.
Etwas Licht ins Dunkel bringt die NZZ, indem sie in Handelsregistern nachgeforscht hat, in wessen Dienst und Sold diese über 400 Personen stehen. Nicht deklarierte Interessenbindungen gab es am häufigsten zur Bauwirtschaft und zur Immobilienbranche, zur Industrie und Energiewirtschaft sowie (ausgerechnet!) zu Medienunternehmen und zur Telekommunikationsbranche.
Undurchsichtiges Consulting und PR
54 Nicht-Parlamentarier mit Zutritt zum Bundeshaus arbeiten für PR und «Consulting». Viele dieser Berater würden die Identität ihrer Auftraggeber verschweigen, ebenso wie Anwälte die Identität ihrer Kunden. Deshalb geht das tatsächliche Gewicht einzelner Lobbys im Bundeshaus aus der Aufstellung der NZZ nicht hervor.
Immerhin leistet die NZZ einen wichtigen Beitrag für mehr Transparenz. Dank einer interaktiven Grafik (nach unten scrollen) kann man die Zusammensetzung einer Branchenlobby nach verschiedenen Kriterien online analysieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
"….der Tätigkeit des Lobbyisten haftet unverändert ein anrüchiger Geschmack an. Insbesondere die Öffentlichkeit begegnet dem Lobbying hauptsächlich als Einflussnahme zugunsten partikularistischer Interessen. …» wird auf der Site von Burson-Marsteller (Siehe NZZ-Link im Artikel) geklagt.
Sie haben deshalb mit GFS zusammen folgende Studie machen lassen:
burson-marsteller.ch/wp-content/uploads/2011/06/110617_Lobbying_Survey.pdf
Kurzzusammenfassung: Die Nasen der Zielpersonen sind glücklicherweise verstopft.
Werner T. Meyer
Lobbying ist unmöglich zu verhindern. Es soll möglichst viel Transparenz geschaffen. Dem NZZ- Tool ist grösste Verbreitung zu wünschen. Weitere Ergänzungen sind nötig?
Als Ergänzung, gerade im Hinblick auf die Bestechlichkeitsproblematik im Gesundheitswesen, sei hier der Artikel «Lobbyisten in Bundesbern – der Befangenenchor» ( http://www.beobachter.ch/justiz-behoerde/buerger-verwaltung/artikel/lobbyisten-in-bundesbern_der-befangenenchor/ ) vom 12. Oktober 2012 aufgeführt. Anhand dieser Analysen kann man erahnen, dass es in den anderen Wirtschaftsbereichen nicht gemässigter zu und her gehen wird.
Weshalb InfoSperber im Gegensatz zur Facebook-Gruppe ‹Faire Medikamentenpreise› anno dazumal nicht auf diesen Artikel hinwies, …?!