Talkshows zwischen Emotion und Information
Am vergangenen Dienstagabend ging es Im «TalkTäglich» von Tele Züri wenig zimperlich zu: Die politischen Folgen des Familiendramas von Flaach diskutierten SVP-Kantonsrätin Barbara Steinemann und die grüne Kantonsrätin Esther Guyer. Vor allem Barbara Steinmann fand kein gutes Wort für die seit zwei Jahren eingerichteten Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB). Sie will diese abschaffen und die alten Vormundschaftsbehörden wieder einführen. Seit zwei Jahren mache die professionalisierte KESB den Gemeinden mit ihrer unglaublichen Arroganz nur noch Ärger, man müsse zum «bewährten» Laiensystem zurückkehren. Man erhielt den Eindruck, Steinemann führe den früheren Kampf gegen die «enorme Kostensteigerung» in der Sozialhilfe und die «private Sozialindustrie» auf einem neuen sozialpolitischen Feld weiter.
Bürokratie und Gefühle
Die aufgeheizte Atmosphäre wird von zugeschalteten Zuseherinnen orchestriert: Frau Menzi aus Rüti kontert den Versuch der grünen Kantonsrätin Guyer, eine gewisse professionelle Distanzierung gegenüber den Klienten auch positiv zu sehen. Gujer habe gesagt, dass man solche Fälle nicht mit Gefühl behandeln dürfe: «Ihre Meinung ist eiskalt, muss ich Ihnen sagen, so schätze ich Sie auch ein.» Ein offenes Herz wird gegen die seelenlose Bürokratie ausgespielt. Der Erkenntniswert des Talks war gering und schürte, wie die Zuschauerreaktionen zeigten, nur weitere Emotionen.
Das gab eine schlechte Vorahnung im Hinblick auf den Zischtigsclub des SRF 1 vom selben Tag, der genau dasselbe Thema behandelte. War das nicht ein prominentes Sendegefäss, um die Skandalisierung noch eine Runde weiterzudrehen? Erfahrungen aus dem deutschen Nachbarland, wo sich das immer gleiche Personal möglichst kontroverse Positionen um die Ohren schlägt, liessen wenig Gutes erhoffen.
Die Fachdiskussion im Club
Und dennoch gelang der Spagat: Es wurde im Club nicht noch mehr angeheizt, sondern informiert und differenziert. Das lag auch in der Besetzung, wo einmal nicht «arenataugliche» Politiker das Sagen hatten, die mit einem Auge bereits auf die nächsten Wahlen schielen. Vielmehr diskutierte mit Christoph Häfeli ein ausgewiesener Experte im Kinder und Erwachsenenschutz in der Runde. Vertreten waren zudem Nicolas Galladé, Stadtrat Winterthur und Vorsteher des Sozialdepartements, und Ruedi Winet, Präsident der KESB-Vereinigung des Kantons Zürich.
Sie nahmen nicht einfach die KESB in Schutz, wiesen aber auch darauf hin, dass auch das alte Vormundschaftsrecht seine Probleme hatte. Nicht zuletzt habe es sich gezeigt, dass Laien bei schwierigen Sozialfällen oft rasch an Grenzen gelangen, wo der gutwillige emotionale Helferwille nicht mehr genüge. Aber auch jene Seite, welche die Abkehr vom alten System bedauert, war mit Ulrich König, dem ehemaligen Präsidenten des Schweizerischen Gemeindeverbands, vertreten. Er betonte immer wieder die Wichtigkeit der sozialen Netzwerke, welche früher im Zentrum der Betreuungsarbeit gestanden hätten, ohne sich aber allen Argumenten der Fachleute zum vornherein zu verschliessen.
Ein Lob dem Service Public
Was besonders auffällig war: Die Moderatorin Karin Frei führte kompetent durch die Sendung und brachte es fertig, dass die Gesprächsteilnehmer aufeinander eingingen und man als Zuhörer am Schluss den Eindruck hatte, mehr von den Problemen um die KESB zu verstehen. So war man froh um einen Service Public, wo nicht Politiker mit Hauruck-Argumenten die Quote steigern sollten. Es ist schon fast erstaunlich, dass auch heute noch solche unaufgeregten Diskussionen möglich sind, die einen Erkenntnisgewinn mit sich bringen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Frau Esther Guyer ist für mich ein Grund als AKW Gegner sofort aus der Grünen Partei auszutreten. Ich kenne die KESB aus beruflichen Gründen leider nur zu gut. Genau so herzlos wie Frau Guyer aufgetreten ist und mit den genau gleichen Argumenten tritt die KESB auf. Ein Lohn zwischen 150’000 und noch mehr ist der absolute Hohn. Die KESB kennt nicht mal unser Götti und Familiensystem richtig, wie bevorzugt lieber Heime und staatliche Organisationen, da dort wieder Menschen arbeiten wie die KESB selber auch denkt. Vielen Menschen mit psychischen Problemen wird von den Kliniken ein sehr schlechter Austrittsbericht erstellt, welcher nur auf die negativen Seiten schaut und die Ressourcen nicht erwähnt. Nur aufgrund dieses Berichtes und ohne die Spitex zu fragen, ohne die Verwandten zu fragen, ohne das Kind anzuhören (z.B. schon 7 jährig 1 Klasse), wird rein technisch bürokratisch entschieden. In den Mutter Kind Stationen oder Heimen arbeiten meistens Kinderlose junge Frauen oder Kinderlose ältere Frauen welche ev. sogar neidisch sind, dass eine Mutter ein Kind hat und erstellen schnell wieder eine Gefährdungsmeldung. Die KESB muss massiv zurückgefahren werden und massiv vermenschlicht werden. Ein erster Schritt währe die Löhne zu senken, dann gehen die Geldgierigen automatisch in die Gerichte und Justiz oder in die Privatwirtschaft für 200’000.– arbeiten.