Apfelmonokultur_Front

Wer in Monokulturen investiert, geht ein Klumpenrisiko ein © srf

SRF-Tagesschau: «Fonds» hilft «Apfelbauern»

Urs P. Gasche /  Statt über das Aus von Uber in London oder höhere Strafen für Autofahrer mit Handy in Deutschland zu informieren, ging's um Äpfel.

upg. Infosperber nimmt besonders häufig Beiträge der Tagesschau unter die Lupe, weil sie am meisten Zuschauende erreicht. Die Qualität der öffentlich-rechtlichen Informationen soll sich von denen der Privatsender deutlich abheben.
Wegen des Frosts im Frühjahr sei die Apfelernte im Thurgau ein Drittel geringer als normal, meldete die Hauptausgabe der Tagesschau vom 22. September. Einige Bauern hätten «Existenzängste». Vielleicht würde ihnen «ein Fonds Suisse» helfen, hiess es vielsagend. Für die Zuschauenden blieb dieser Fonds mysteriös, weil die Tagesschau nicht sagte, ob es sich dabei um eine Versicherung unter Obstbauern oder um Steuergelder handelt.
Man musste nach der Tagesschau schon im Internet nachschauen, um zu erfahren, dass dieser «Fonds Suisse» von der Nationalbank finanziert wird.
Dass die «Existenzangst» einiger Bauern auch selbstverschuldet ist, erwähnte die Tagesschau nicht. Es läuft in der Landwirtschaft wie an der Börse: Wer nur auf eine einzige Aktie setzt, hier eine einzige Obstsorte, und spekuliert, dass er dank rationellerer Produktion mehr verdient, geht eben auch ein entsprechendes Klumpenrisiko ein. Tritt ausgerechnet während der Apfelblüte Frost ein, ist ein grosser Teil des Einkommens weg.
Bauern dagegen, welche auf Diversifikation setzen, können Einbussen bei einer Obst- oder Gemüsesorte mit den Einnahmen der andern kompensieren. Sie nehmen dafür in Kauf, dass die Mengenerträge einzelner Sorten geringer sind.
Das Wort «Monokultur» und deren allfälliger Grund für die «Existenzängste» kam in der Tagesschau nicht vor.

So erfuhren die Zuschauenden während über zweieinhalb Minuten nicht viel mehr, als dass der zu bedauernde Obstbauer Beat Beerli viele seiner gezeigten grünen Apfelkisten dieses Jahr nicht werde füllen können.
Dafür erfuhren die Zuschauenden beim «Stand der Dinge» in der Tagesschau zum Beispiel Folgendes nicht, worüber die ARD in einer viel kürzeren Tagesschau um 20.00 Uhr informierte: Die Londoner Verkehrsbehörde hat dem Fahrdienstvermittler Uber die Lizenz entzogen (das war auch der Westschweizer Tagesschau eine Information wert). Und Deutschland hat ein Gesetz verabschiedet, das Autofahrer mit einem Handy in der Hand sowie illegale Autorennen und andere Verkehrsdelikte strenger ahndet.
Sowohl die Regulierung von Uber wie die Nutzung des Handys im Verkehr sind auch in der Schweiz umstrittene Fragen.
Abgesehen davon erfuhren Tagesschau-Zuschauende schon lange nichts mehr über die Totalblockade gegen Katar, die Kriegsfolgen im Jemen und den Stand etlicher anderer Konfliktherde. Auch aus dem Inland hätte es noch Interessantes zu informieren gegeben.
Dafür wissen die Tagesschau-Zuschauenden jetzt, dass irgendein «Fonds» beim eintretenden Klumpenrisiko eines Monokultur-Besitzers helfend eingreift.

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Keine

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