Amarok1

Wem das Glück widerfährt: Amarok Adventure in Afrika © VW Werk

So informieren Medien in eigener Sache

Christian Müller /  Kasachstan-Reisen von Politikern auf Kosten von Kasachstan werden kritisiert. Und Journalisten-Reisen, bezahlt von PR-Agenturen?

Das Beispiel ist zufällig – aber auch auffällig. Die Schweiz am Sonntag brachte am Sonntag, 13. Dezember 2015, einen fast ganzseitigen Bericht über den Offroader Amarok von VW und seine Fähigkeiten im harten Gelände in Afrika. Und da stand der ominöse Satz des Berichterstatters Peter Ruch: «Es ist uns das Glück widerfahren, mit und in einem Volkswagen einen winzigen Teil von Afrika erkunden zu dürfen.»

Wem widerfährt solches Glück?

Da sich die Schweiz am Sonntag unter Chefredaktor Patrik Müller gerne als Kämpferin für mehr Transparenz in der Politik aufspielt – erinnert sei etwa an die Berichterstattung über die Gratisreise des St. Galler Nationalrates Thomas Müller nach Kasachstan auf Kosten von Kasachstan – interessierte natürlich, wer denn so eine Reise eines Journalisten nach Afrika finanziert. Die Zeitung selber? Der Verlag der AZ Medien, der aus Spargründen eben Mitarbeiter entlassen musste?

Infosperber schickte deshalb an Chefredaktor Patrik Müller die folgende Anfrage:

»Sehr geehrter Herr Müller

In der Schweiz am Sonntag vom 13. Dezember 2015 steht auf Seite 43 ein fast ganzseitiger Bericht von Peter Ruch über die Offroad-Fähigkeiten des VW Amarok. Darin steht der Satz: «Es ist uns das Glück widerfahren, mit und in einem Volkswagen einen winzigen Teil von Afrika erkunden zu dürfen.»

Darf ich Sie bitten, im Sinne von Transparenz (für die sich die SaS immer wieder vorbildlich einsetzt), mir mitzuteilen, wie dieses «Glück» zustande kam?

Oder konkret:

– Wer hat Peter Ruch zu dieser Reise aufgeboten oder eingeladen?
– Wer hat die Reise bezahlt?
– Wie viele Tage hat sie gedauert? (ab Abflug bis wieder Landung Schweiz/Deutschland; wie viele Übernachtungen in Hotels?)
– Wenn diese Reise, wie anzunehmen ist, von der AMAG (Schweizer Generalimporteur von VW) oder direkt von VW oder einer von VW beauftragten PR-Agentur bezahlt worden ist, warum schreibt die SaS dann nur von «Glück» und vermeidet die konkrete Info?

– Die SaS hat im Zusammenhang mit der Reise von NR Thomas Müller nach Kasachstan auf Kosten von Kasachstan mehr Transparenz beim Lobbying gefordert. Warum verzichtet die SaS in eigener Sache auf die Transparenz bei bezahlten PR-Reisen?

Ich danke Ihnen für eine schnelle und präzise Antwort.

Mit freundlichem Gruss

Christian Müller
Mitglied der Redaktionsleitung Infosperber.ch»

Es kam weder eine schnelle noch eine präzise Antwort, sondern, bis jetzt, zwei Tage später, gar keine. Die in der Anfrage geäusserten Vermutungen dürften also zutreffen.

Immerhin, man konnte beim Lesen auch lachen!

«Einverstanden, ab Werk ist so ein VW auch nicht Afrika-tauglich, aber mit einigermassen vernünftigem Aufwand lässt sich aus dem Pick-up ein Fahrzeug machen, das sich vor der Konkurrenz namens Defender und Landcruiser nicht zu verstecken braucht. Denn auch diese beiden Modelle brauchen ja auch Aufrüstung, sonst steht man an der ersten Sanddüne bereits ziemlich im Schilf. Die Amarok, mit denen wir in Afrika unterwegs waren, waren serienmässige Modelle mit Doppelkabine und dem 180 PS starken 2-Liter-Diesel, Automatikgetriebe sowie permanentem Allradantrieb, Basispreis 40 630 Franken. Die zusätzliche Ausrüstung, die hauptsächlich vom bekannten Spezialisten Seikel kam, belief sich noch einmal auf etwa 20 000 Franken; also insgesamt rund 60 000 Franken für das komplette Gerät. Doch damit hat man zu einem sehr fairen Preis ein wirklich offroad-fähiges Fahrzeug.»

Auch der Autor dieser Zeilen – Christian Müller – war diverse Male in Afrika, unterwegs etliche Male auch mit Offroad-Fahrzeugen, auch in Botswana und auch in Simbabwe. Auch Sanddünen hat er dabei kennengelernt. Dass dort auch Schilf wächst, wie Peter Ruch berichtet, hat er allerdings nie beobachten können. Bis jetzt kannte er Schilf nur als Pflanzen an Fluss- und Seeufern…

Aber noch etwas: Das «Glück», das Peter Ruch widerfahren ist, fand im November 2015 statt. Bereits haben auch andere Zeitungen darüber berichtet, zum Beispiel Springers Die Welt. Und auch ein Film wurde gedreht. Siehe unten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Zeitungen_1

Kritik von Zeitungsartikeln

Printmedien üben sich kaum mehr in gegenseitiger Blattkritik. Infosperber holt dies ab und zu nach.

Business_News_Ausgeschnitten

Medien: Trends und Abhängigkeiten

Konzerne und Milliardäre mischen immer mehr mit. – Die Rolle, die Facebook, Twitter, Google+ spielen können

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

Eine Meinung zu

  • am 19.12.2015 um 23:36 Uhr
    Permalink

    Ein Herr Udo Ulfkotte gehörte früher auch zu dieser angefütterten Journalistensorte. Er berichtet darüber in «Gekaufte Journalisten: Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken (German Edition)» Nov 14, 2014 | Kindle eBook
    MfG
    Werner T. Meyer
    PS: Ja ich kenne auch seine heutigen antimuslimischen Tiraden und Pegida-Affinität. Seien Sie vorsichtig beim Weiterempfehlen.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...