250221 ARD Tagesschau

Die ARD-Tagesschau informierte am 21. Februar über die Übergabe der falschen Leiche. Sie zitierte auch die Stellungnahme der Hamas, es könne sich tatsächlich um eine Verwechslung gehandelt haben. © ard

Schwerste Unterstellung – SRF verschweigt Reaktion der Hamas

upg. /  Die Hamas soll Israel «bösartig» (Netanyahu) eine falsche Leiche übergeben haben. Nach Verwechslung übergibt Hamas die richtige.

Der Vorwurf wiegt schwer: Trotz detailliert ausgehandeltem Abkommen übergibt die Hamas Israel via IKRK – zusammen mit zwei Leichen toter entführter Kinder – eine falsche Leiche von deren Mutter. Die Empörung war verständlicherweise gewaltig. Netanyahu sprach von einer «grausamen und bösartigen» Tat und kündigte Vergeltung an. Grosse Medien berichteten an prominenter Stelle.

Doch welche Absicht könnte die Hamas verfolgt haben? Welchen Vorteil sollte sich die Hamas mit der falschen Leiche versprochen haben?

Vieles sprach dafür, dass es sich um einen – allerdings schwer entschuldbaren – Irrtum handelte. Nach dem israelischen Befund sprach die Hamas jedenfalls sofort von einer «möglichen Verwechslung»: «Wir weisen auf die Möglichkeit eines Irrtums oder einer Vermischung von Leichen hin», stand in einer Erklärung der Hamas. Es könne eine Folge israelischer Bombardierungen des Ortes sein, an dem sich die Familie Bibas zusammen mit Palästinensern aufhielt. Die Hamas wolle die Sache sofort abklären.

Die ARD-Tagesschau informierte am 21. Februar über den schweren Vorwurf Israels, erwähnte jedoch auch die Stellungnahme der Hamas, es handle sich um eine «mögliche Verwechslung».

Die SRF-Tagesschau dagegen informierte mehr als zwei Minuten lang über den Vorwurf Israels, liess Netanyahu im Originalton reden, zitierte Aussagen von «Armeekreisen» und zeigte die Wut einiger Einwohner Israels. Mit dem gravierenden Vorwurf konfrontierte SRF die Hamas jedoch nicht und zitierte auch nicht die bereits vorliegende Stellungnahme der Hamas.

Infosperber hat die Tagesschau am 22. Februar gefragt, weshalb sie sich über die grundlegende Regel eines seriösen Journalismus – die angeschuldigte Seite zu Wort kommen lassen – in diesem Fall hinwegsetzte. Antwort der SRF-Medienstelle:

«Die Redaktion hat darauf verzichtet, die gestrige Stellungnahme der Hamas in der «Tagesschau» um 19.30h zu erwähnen, weil die Hamas den Tatbestand darin nicht dementiert, sondern kommentiert hat.» 

Bei der journalistischen Pflicht, Betroffene zu schweren Vorwürfen mit ihren besten Argumenten zu Wort kommen zu lassen, geht es selten um die Bestätigung oder das Dementieren eines Tatbestands, sondern meistens um Erklärungen und Begründungen dazu. Für die Schweizer Tagesschau war es nicht erwähnenswert, dass die Hamas eine Verwechslung geltend machte und versprach, der Sache sofort nachzugehen.

Am Vormittag des 22. Februars hat die Hamas die Leiche der Mutter dem IKRK (und nicht dem Roten Kreuz, wie die Schweizer Swissinfo schreibt) und damit Israel übergeben. Israel hat dies bestätigt.


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Eine Meinung zu

  • am 23.02.2025 um 12:10 Uhr
    Permalink

    Entlarvend ist die Stellungnahme, die Hamas habe ’nicht dementiert, sondern nur kommentiert›. Das ist ja überhaupt keine Begründung – jedenfalls fehlt da die Logik. Dass die Hamas meint, es könne sich um eine Verwechslung handeln, dies aber noch abklären will, erscheint mir wesentlich seriöser als die vorschnelle Behauptung Netanyahus. Welche ‹bösartige› Absicht hätte die Hamas haben sollen? Sie ist nur interessiert daran, dass der Gefangenenaustausch klappt und sie ihre in israelischen Gefängnissen ausharrenden Leute frei kriegt.

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