«Medien sind mitverantwortlich, dass jeder 10. Mensch hungert!»
Das Hungerproblem auf der Erde wäre zu lösen, aber dafür «braucht es die nötige mediale Aufmerksamkeit und den politischen Willen», erklärt Ladislaus Ludescher vom Historischen Institut der Universität Mannheim. Zu seinen Schwerpunkten gehören Medienanalysen.
«Eine Verantwortung für die Lösung der Hungerproblematik tragen auch die Medien», schreibt Ludescher in einem NZZ-Gastkommentar. Die Medien müssten «die Alltagsresistenz gegenüber diesem gewaltigen globalen Thema durchbrechen». Er stellt die rhetorische Frage: «Wie lange könnte sich die Politik der Lösung verweigern, wenn die führenden Medien den globalen Hunger zu ihrem Topthema machen würden?»
Tagesschau: Von 3000 Beiträgen nur 9 zum Thema Hunger
Seit fünf Jahren nimmt die Zahl der Hungernden weltweit wieder zu. Laut UN-Welternährungsbericht hungerten im Jahr 2020 über 800 Millionen Menschen, vor allem in Ostafrika, Jemen, Syrien und Afghanistan. Damit hungert etwa jeder zehnte Mensch auf der Erde.
Anhand der ARD-Tagesschau, welche im deutschsprachigen Raum die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer hat, untersuchte Ludescher untersucht, wie oft oder eben selten die Öffentlichkeit über den Skandal des Hungerns informiert wird. Demnach griffen im Jahr 2020 lediglich 9 von insgesamt über 3000 Tagesschau-Beiträgen das Thema Hunger auf. Bei den über 3000 Beiträgen sind solche über Sport und Wetter nicht mitgezählt.
Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum beschäftigten sich fast 1300 Beiträge mit der Corona-Pandemie.
«Leider hat die Vernachlässigung des Themas Hunger Routine», sagt Ludescher. Im Jahr 2011 beispielswese dominierten Beiträge über die Kernreaktor-Katastrophe von Fukushima, über die griechische Staatsschuldenkrise oder den sogenannten Arabischen Frühling. Praktisch ganz vergessen wurde von den Medien, dass im gleichen Jahr am Horn von Afrika fast 260‘000 Menschen verhungert sind.
Beispiel Klimawandel
Ludescher zitiert internationale Studien, wonach man mit zusätzlichen 14 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030 etwa 500 Millionen Menschen aus Hunger und Fehlernährung befreien. Die Medien seien mitverantwortlich, dass dieses Geld nicht aufgewendet wird: «Solange Meldungen zu Hungersnöten für alltäglich genommen werden und ihren Status als berichtenswerte Nachricht verlieren, wird dieses Problem politisch nur randständisch betrachtet und ist im alltäglichen Bewusstseinshorizont der Menschen nicht existent.»
Das Beispiel Klimawandel habe gezeigt, dass signifikante Massnahmen von politischen Entscheidungsträgern manchmal erst als ultimativ notwendig wahrgenommem werden, nachdem auch die Medien das Thema immer wieder in den öffentlichen Diskurs tragen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
«Dene wos guet geit
Giengs besser
Giengs dene besser
Wos weniger guet geit
Was aber nid geit
Ohni dass’s dene
Weniger guet geit
Wos guet geit
Drum geit weni
Für dass es dene
Besser geit
Wos weniger guet geit
Und drum geits o
Dene nid besser
Wos guet geit»
(Mani Matter, 1972)
Am Hunger ist der Mangel an Lebensmitteln schuld, nicht die Medien. An diesem Mangel stirbt weltweit ein Kind alle 13 Sekunden. Während der gleichen Zeit werden Rüstungsausgaben von $ 817’000 getätigt. Dieser Wahnsinn kann nur von uns Wählern gestoppt werden. Die Medien hätten die Aufgabe zu berichten, welche Organisationen daran arbeiten, damit wir diese unterstützen können, und uns regelmässig über die Resultate zu informieren. Das Prinzip lautet: Wer ein Problem erkennt und nichts unternimmt wird selbst zu einem Teil des Problems.
Am 2.3.21 schrieb ich zum Artikel https://www.infosperber.ch/gesundheit/public-health/covid-19-vier-der-vielen-versiebten-chancen bzw. zum Kommentar von Herrn Gerlach: «… Wir geben für Masken mehr aus, als etwa eine Milliarde im Tag zum Leben hat. Wir erwarten eine Lebenserwartung von 85+ Jahren, wo der weltweite Schnitt bei <70 liegt (Covid-Übersterblichkeit bei unter 65-jährigen gibt es nicht). 2 von 3 Kindern gehen weltweit wegen Corona nicht zur Schule, wir aber geben Milliarden für Massentests aus…"
Mein Verweis, dass wegen der Unfähigkeit des Westens, mit Corona vernünftig umzugehen, die dritte/vierte Welt massiv ärmer würde bzw. mehr hungern müsse, wurde damals unterschlagen (publiziert wurden von 1472 deren 382 Zeichen, obiger Auszug zu 100% nicht, worauf ich den Kommentar zurückzog). Ich hätte mir diesen Artikel über die egozentrierte Medienlandschaft (damals gehörte m.M. auch infosperber.ch dazu) bereits in der Corona-Zeit gewünscht, aber immerhin, besser spät als nie.
Ein Interview mit Jean Ziegler (ehemaliger UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung) zu diesem Thema währe sicher sehr informativ. Seiner Meinung nach, wird jedes Kind, das auf dieser Welt verhungert, ermordet. Mord, setzt Absicht voraus. Ich denke, Herr Ziegler hat absolut recht. Die Hintergründe seiner Aussage, könnte er selber sicher am besten erläutern.