Eine halbe Woche Tagesschau mit Beatrice Müller
Man mag sie gut, unsere Tagesschau-Moderatorin Beatrice Müller. Immer lächelt sie freundlich, ob es ums Wetter, um tiefe Arbeitslosigkeit oder um blutige Kämpfe in Aleppo geht. Sie betont auch jeweils ein Wort oder ein Wortteil eines Satzes ganz besonders, damit auch weniger Aufmerksame merken, worauf es ankommt oder was das Überraschende ist. Interviewt sie einen Korrespondenten (meistens sind es Männer), dann nimmt sie die Rolle einer Naiven und Unwissenden ein, so, wie sie sich ihre Zuschauerinnen und Zuschauer vorstellt, die sie vertreten möchte.
«Die russische Skandal-Band»
Ab und zu mal wagt es Beatrice Müller dennoch, sich zu exponieren. Am Dienstag zur Eröffnung des Prozesses in Moskau nannte sie Pussy Riot keck eine «Skandal-Band» und übernahm mutig die Sprachregelung der russischen Ankläger.
«Al-Kaida-ähnliche» Kämpfer im Sinai
Am Mittwoch ging es um den Überfall auf die ägyptische Armee im Sinai. Verantwortlich sollen «radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen» und «vor allem neue Al-Kaida-ähnliche Kämpfer» sein, wusste Müller zu berichten.
Im anschliessenden Interview dementierte ZDF-Korrespondent Bernhard Lichte weitgehend, ohne dass dies Müller zu irritieren schien. Bisher gebe es weder Bekenner-Schreiben noch ein Bekenner-Video, gab Lichte zu bedenken. «Wenn man nicht weiter weiss, wird schnell das Etikett Al-Kaida drauf geklebt», sagte Lichte. Natürlich kämen auch radikale Palästinenser in Betracht. Doch Lichte legte das Gewicht auf Beduinen, von denen im Sinai rund 600’000 lebten und in Ägypten als Bürger zweiter Klasse behandelt würden. Viele von ihnen hätten keine Ausweise und könnten sich deshalb nicht frei bewegen. Die jüngere Generation dieser Beduinen sei nicht mehr bereit, diese Verhältnisse länger hinzunehmen: «Wenn es keine Perspektiven gibt, haben Radikale bekanntermassen immer freies Feld.»
«Nordrhein-Westfalen ging auf Einkaufstour»
Sicher hat unsere Moderatorin den Streit darüber mitbekommen, ob der Datenkauf der Regierung in Nordrhein-Westfalen das unterzeichnete, aber noch nicht ratifizierte Steuerabkommen mit Deutschland verletzt. Für eine Verletzung braucht es eine «aktive» Beschaffung der Daten. Falls Bankdaten von dritter Seite angeboten werden, bleibt umstritten, ob eine Bezahlung dafür als «aktive» Beschaffung interpretiert werden kann. Die Schweizer Regierung sagt ja, die deutsche nein.
Beim neusten Kauf von Steuer-CDs gehen die meisten davon aus, dass Dritte diese angeboten haben. Der Tages-Anzeiger schrieb, die CDs seien den deutschen Behörden «in die Hände gefallen».
Doch Beatrice Müller stellt sich tapfer auf die Seite der Schweizer. Sie erklärte ihren Zuschauerinnen und Zuschauern, das Bundesland Nordrhein-Westfalen sei «offenbar» erneut «auf Einkaufstour» gewesen und habe «gezielt» Datenträger deutscher Bankkunden gekauft. Das Wort «gezielt» hat Müller ganz besonders betont – diesmal hätte sie besser das Wort «offenbar» heraus gestrichen.
Man konnte die Tagesschau nur so verstehen, dass Nordrhein-Westfalen ihre Spione in die Schweiz geschickt und diese hier zum Datenklau aktiv angestiftet haben – was eine klare Verletzung des Steuerabkommens wäre. Das behaupten jedoch nicht einmal die Schweizer Banken und Behörden.
Von diesen drei Beispielen soll sich unsere liebenswürdige Moderatorin ihren Mut jedoch auf keinen Fall nehmen lassen. Denn unsere Tagesschau ist schon brav genug.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Von 1985 bis 1995 beim Schweizer Fernsehen als Redaktionsleiter des Kassensturz tätig.
Weder die Tagesschau noch 10vor10 sind zuverlässige oder unvoreingenommene Nachrichtensendungen.
Mir scheint, sie stehen im Sold einer bestimmter Interessensgruppe wie die meisten westlichen Medien, zumindest was die Auslandsberichterstattung betrifft.
Diese Hinweise sind zutreffend und notwendig. Nur ist die Wahl der Person sehr willkürlich und nicht gerecht, denn die Ausbildner von SF DRS oder wer auch immer haben fast alle Tagesschau-ModeratorInnen via Betonung von Wörtern oder Satzteilen in KommentatorInnen umgepolt. Das ist in einer Informationssendung ein leider allabendliches Ärgernis geworden. Man wünschte sich oft mehr Fakten und weniger Spekulation. Peter Graf, Wabern b. Bern