Die USA finanzieren internationales Journalisten-Kollektiv
Neben vielen anderen Medien verbreiteten auch «NZZ» und «Tages-Anzeiger» wiederholt Enthüllungen des internationalen Journalistennetzwerks «Organized Crime and Corruption Reporting Project» (OCCRP). Sie machten dabei nicht transparent, dass US-Regierungsstellen die Hälfte des OCCRP-Budgets bezahlen. Weitere 20 Prozent finanzieren die EU und EU-Staaten.
Mit einem Jahresbudget von 20 Millionen Euro und über 150 Journalistinnen und Journalisten auf allen Kontinenten hat das OCCRP – teilweise zusammen mit dem Interationalen Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ – die grössten internationalen Projekte des investigativen Journalismus der letzten Jahre initiiert. Dazu gehören The Panama Papers, Pandora Papers, Suisse Secrets, Narco Files, Pegasus Project, Cyprus Confidential und die Serie Laundromat, welche die Geldwäschesysteme der herrschenden Eliten in Aserbaidschan und Russland aufdeckte.
Nicht ohne Bedingungen
Die US-Regierungsstellen finanzieren das OCCRP nicht ohne Gegenleistung: Bei der Ernennung der OCCRP-Führungskräfte verfügt die U.S. Agency for International Development über ein Vetorecht. Zudem verbietet die US-Regierungsstelle, mit ihrem Geld Korruption in den USA aufzudecken.
Einige Subventionen waren sogar zweckbestimmt: Das Departement of State beispielsweise überwies dem OCCRP 173’000 Dollar, um «Korruption in Venezuela aufzudecken und zu bekämpfen». Oder die Agency for International Development (USAID) zahlte über zwei Millionen Dollar mit dem Zweck, «Kriminalität und Korruption in Malta und Zypern aufzudecken».
Darüber informierte am 2. Dezember 2024 die unabhängige französische Online-Zeitung «Mediapart».
Gründer des OCCRP ist der frühere Rockwell-Angestellte und heutige Journalist Drew Sullivan. Das OCCRP wurde auf Anregung von US-Regierungsbeamten gegründet. Sullivan erhielt dafür laut Mediapart im Jahr 2008 eine Anschubfinanzierung von 1,7 Millionen Dollar vom Bureau of International Narcotics and Law Enforcement Affairs (INL). Das ist eine Strafverfolgungsbehörde des US-Aussenministeriums.
Das OCCRP stützt sich häufig auf geleakte Dokumente aus ungenannten Quellen. Die Qualität der Recherchen und Enthüllungen des OCCRP werden nicht angezweifelt. Anlass zur Kritik geben die einseitige Ausrichtung der Recherchen und die wenig transparenten Informationen über die Finanzierung.
Das Ausmass der personellen und finanziellen Verflechtung von OCCRP mit der US-Regierung verstosse gegen «jegliche Prinzipien journalistischer Ethik». Das erkärte Leonard Novy, Leiter des deutschen Instituts für Medien und Kommunikationspolitik gegenüber dem Sender NDR. Es lasse den Verdacht zu, dass Journalisten für politische Zwecke eingespannt oder instrumentalisiert werden könnten.
Auch liessen Sullivan und das OCCRP sowohl die Partner-Medien als auch ihre Leserinnen und Leser über die Nähe zur US-Regierung im Unklaren. Damit habe die Organisation eine Grenze überschritten, sagt Leonard Novy.
Sullivan wollte noch heute nicht Klartext reden
Gegenüber dem Sender NDR behauptete Sullivan zunächst, dass das OCCRP «eine weit verbreitete Gruppe von Spendern» habe, unter denen «kein einzelner Spender dominiert». Er fügte hinzu, dass «die US-Regierung […] einer der grössten Geldgeber ist, aber es ist kein riesiger Prozentsatz». Konfrontiert mit den neusten Erkenntnissen räumte er schliesslich die Bedeutung der Finanzierung durch Washington ein: «Es ist der grösste Geldgeber von OCCRP, ja, und das schon fast seit Beginn unserer Geschichte. […] Ich bin der US-Regierung sehr dankbar.»
Schriftlich schob Sullivan nach: «Wir mussten uns entscheiden, ob wir Geld von der Regierung annehmen oder nicht existieren wollen.» Auf der OCCRP-Webseite sind die Beträge der Sponsoren nicht angegeben.
Eingegangene Bedingungen
Gegenüber dem NDR bestätigte Sullivan die Einflussmöglichkeiten der US-Behörden: «Im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen, die wir nicht gerne eingehen, haben sie ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Personen […] Sie können ein Veto gegen jemanden einlegen […] Sie haben noch nie ein Veto gegen jemanden eingelegt.»
Das OCCRP darf mit dem von Washington bereitgestellten Geld keine US-Angelegenheiten untersuchen. «Unsere Politik sieht vor, dass wir nicht über ein Land mit dessen eigenem Geld berichten», sagte Sullivan dem NDR. «Ich denke, die US-Regierung erlaubt das nicht. Aber selbst in anderen Ländern, in denen es diese Bestimmungen nicht gibt, tun wir das nicht, weil man dadurch in einen Interessenkonflikt gerät und man sich aus solchen Situationen lieber heraushalten möchte.»
So waren etwa die US-Steueroasen Delaware oder Wyoming bei allen Recherchen über Steuerflucht- und Korruptionsgelder nie ein Thema.
Einzelne Recherchen hat das OCCRP in den USA trotzdem gemacht: Beispielsweise über die Geschäftsleute, die Donald Trumps Anwalt zur Schädigung von Joe Biden unterstützt hatten, oder darüber, wie das Pentagon riesige Summen für die Lieferung von Waffen an Rebellengruppen in Syrien ausgab, oder über einen Vertrag zwischen der US-Regierung und einer Fluggesellschaft, deren Eigentümer mit dem organisierten Verbrechen in Russland in Verbindung stehen.
Diese Recherchen respektierten offensichtlich eine weitere Auflage von US-Behörden an das OCCRP: Die Tätigkeit muss «mit der Aussenpolitik und den wirtschaftlichen Interessen der Vereinigten Staaten in Einklang stehen und diese fördern» (US Foreign Assistance Act).
So stellten«NZZ» und Tamedia die Quelle OCCRP vor
«NZZ» vom 19. Juli 2023:
«Beim Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) handelt es sich um ein im Jahr 2006 gegründetes Netzwerk von journalistischen Organisationen, die in vielen verschiedenen Ländern beheimatet sind und in dieser Form als Tochterorganisation des gemeinnützigen Journalism Development Network mit Sitz in Maryland fungieren.
«Tages-Anzeiger» vom 21. Juni 2023:
«Dank der Organisation OCCRP konnten Journalistinnen aus mehreren Ländern diese Daten studieren, darunter «Der Standard» in Österreich und «Der Spiegel» in Deutschland. Für die Schweiz war der Recherchedesk von Tamedia und Paper Trail Media mit dabei.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Erstaunt es noch irgend jemanden, dass ein Geld- und Wirtschaftssystem mit der Macht und dem Auftrag, unbeschränkt Fiat-Geld in exponentiell ansteigender Menge aus dem Nichts zu kreieren, in allen gesellschaftlichen Bereichen unbeschränkt korrupt ist?
Wikipedia: «Die Monroe-Doktrin…das Prinzip der Nichteinmischung (non-intervention) der Vereinigten Staaten in europäische Konflikte…. ein Eingreifen der USA für den Fall an, dass die europäischen Kolonialmächte diese politischen Grundsätze ignorieren sollten. Die Forderung an die europäischen Mächte, die nunmehr unabhängigen Staaten Lateinamerikas nicht zu rekolonialisieren, wurde verkürzt zur Parole „Amerika den Amerikanern“.» Das «internationales Journalisten-Kollektiv» wird sich auf die Monroe-Doktrin beziehen, weil wohl befürchtet wird, Venezuela könnte eine russische Kolonie werden. Die amerikanischen Steueroasen sind eine inneramerikanische Angelegenheit und die Europäer müssen das respektieren, weil die Kolonialherren zu Vasallen wurden, so wie die Amerikaner sich eines Tages den Chinesen unterwerfen müssen.
Gunther Kropp, Basel
In einer Demokratie arbeiten Journalisten für die Bürgerschaft. So die Therorie. Aber was sagt die Praxis?
Journalisten müssen leben, brauchen also Einkommen. Das bringt sie in Abhängigkeit, immer!. Die Bürgerschaft kann daher nur durch Vergleich mehrerer Quellen versuchen, der Realität näher zu kommen – mit geringer Erfolgsquote! UND : was nützt es dann überhaupt ? Beispiel : Ermittelung der «Der Spiegel» zur Zerstörung von Nordstream1;2. Was habe ich als BürgerIn davon, daß meine frühen Überlegungen durch diese journalistische Arbeit bestätigt werden? Ich muß zähneknirschend mit ansehen, daß ich jene Saboteure und ihre politischen Eigeninteressen als deutscher Steuerzahler auch noch sehenden Auges finanzieren muß. Journalistischen Bemühungen in Ehren – aber man sollte sich von der Illusion der «Unabhängigkeit» frei machen. Die Kopplung zwischen Schlußfolgerungen aus medialen Berichten und wirksamem politischem Handeln der Bürgerschaft wird immer schwach sein.
Es wird immer offensichtlicher, dass alle uns vorgebeteten Demokratie-Grundlagen von den Machthabern ignoriert werden: Ich bin für Transparenz, Freiheitsrechte, Minderheiten-Schutz, Gastfreundschaft,….das gebietet mein klarer Menschenverstand, meine Vernunft. Was im Gegensatz dazu die Machthaber kreiert haben, ist in solchen Konglomeraten wie OCCRP nun sichtbar. Wir brauchen aber dringend die Transparenz, um die Spaltung der Gesellschaft in die «Gläubigen» mit devotem Bücklingsverhalten und «Kritiker» mit Informationssuche und skeptischen Fragen wieder in ein Gleichgewicht zu bringen! Wir müssen wieder auf den Boden der greifbaren Tatsachen kommen, in den Argumentationsraum, in den Austausch ohne Angst vor Ausgrenzung. Erst im Rahmen der Wahrheit ist ein wirklich friedliches Leben möglich, aber dass ist eben von den «Gewinnern» der Krisen nicht gewollt- Frieden ist DENEN zu unprofitabel. Wo keine Zerstörung kein Wiederaufbau, wo Gesundheit keine Med-Verkäufe, wo Wahrheit …