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Die NZZ: Sie schreibt standhaft von einem Rechenfehler bei der AHV von 4 Milliarden Franken im Jahr 2033 – obwohl das nur ein Teil der Wahrheit ist. © NZZ

AHV: Die NZZ rechnet mal so und mal anders

Marco Diener /  Die NZZ rechnet die AHV schlecht. Hauptsache, sie findet Argumente für ein höheres Rentenalter.

Diese Woche mussten die Verantwortlichen des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) über peinliche Rechenfehler informieren. Rechenfehler, welche die Abstimmung zur AHV 21 vor zwei Jahren beeinflusst haben könnten.

Das BSV veröffentlichte am Dienstag eine verwirrende Medienmitteilung dazu. Die Folge war, dass die Medien auf unterschiedlichste Weise darüber berichteten:

  • dass die AHV-Ausgaben «bis 2033» 4 Milliarden tiefer ausfallen würden als angenommen,
  • dass die AHV-Ausgaben «pro Jahr» 4 Milliarden tiefer ausfallen würden
  • und dass die AHV-Ausgaben «im Jahr 2033» tiefer ausfallen würden.

Die ersten beiden Aussagen sind falsch. Die dritte stimmt. Aber sie beschönigt den Rechenfehler. Denn der Rechenfehler hat schon 2027 erste grössere Auswirkungen. Bis 2033 macht er nicht 4 Milliarden Franken aus, sondern 14 Milliarden. Das zeigte Infosperber am Tag nach der BSV-Pressekonferenz auf. Und die Tagesschau von SRF berichtigte gleichentags. Manche andere Medien ebenfalls.

Nicht so die NZZ. Sie beharrt auf ihrer zwar korrekten, aber unvollständigen und bagatellisierenden Darstellung, wonach der Fehler für das Jahr 2033 4 Milliarden betrage. Unter dem Titel «Welche Zahl ist relevant?» schrieb Bundeshausredaktor Fabian Schäfer in der NZZ von gestern:

«Sicher aussagekräftig sind die 4 Milliarden (…) Die Aussage mit den 14 Milliarden hingegen ist wenig hilfreich – vor allem, weil der Zeitraum völlig willkürlich ist.»

«Wenig hilfreich?» Im Vorfeld der Abstimmung zur 13. AHV-Rente sah die NZZ dies noch ganz anders. Um die Zukunft der AHV möglichst düster darzustellen und die 13. AHV-Rente als unbezahlbar erscheinen zu lassen, wählte NZZ-Wirtschaftsredaktor Hansueli Schöchli nicht nur einen Zeitraum bis 2033, sondern sogar bis 2050:

«Bis 2050 dürften sich die Defizite ohne Einsparungen oder neue Finanzmittel auf über 100 Milliarden Franken summieren.»

Keine Woche später schrieb Schöchli erneut:

«Ohne Reformen würden sich die Defizite bis 2050 auf über 100 Milliarden Franken summieren.»

Das heisst: Im Vorfeld der Abstimmung zur 13. AHV-Rente war es laut der NZZ richtig, die Defizite zu kumulieren – und zwar für einen willkürlichen Zeitraum bis 2050. Und nun ist es falsch, den Rechenfehler zu kumulieren – über einen ebenso willkürlichen Zeitraum von zehn Jahren.

Oder anders gesagt: Wenn es darum geht, dass es um die AHV viel besser steht als bisher verbreitet, dann sind Minderausgaben über einen längeren Zeitraum für die NZZ plötzlich «wenig hilfreich».

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Eine Meinung zu

  • am 12.08.2024 um 00:25 Uhr
    Permalink

    Leider ist es so, dass man redaktionelle Beiträge in den Printmedien immer hinterfragen und zwischen den Zeilen lesen muss. Sind diese kritisch objektiv oder dienen sie der Meinungssteuerung der Leserschaft? Marc Walder (Ringier) hat während der Corona-Pandemie bedenkliche Spuren hinterlassen und das Vertrauen in den Journalismus zerstört. Bedenklich, dass der Journalismus aus diesem Fehlverhalten seither nichts gelernt hat. Falschinformationen oder Halbwahrheiten sind immer noch gang und gäbe, wie aus Bern. Wem soll man noch vertrauen? Der einfache Bürger hat keine Möglichkeiten die ihm unterbreiteten Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.

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