Sperberauge

Liebes SRF, wir haben es begriffen!

Marco Diener © zvg

Marco Diener /  Radio und Fernsehen SRF wiederholen ihre Beiträge bis zum Geht-nicht-Mehr. Zuhörern und Zuschauern bleibt nur eines: abschalten.

Die Türkei ist einer der grössten Kleiderhersteller der Welt. Grosse Marken wie Lee Cooper, Pepe oder Zara lassen dort ihre Jeans herstellen. Doch die Arbeitsbedingungen sind schlecht. Die Fernseh-Konsumentensendung «Kassensturz» traf in einem Betrieb auf Buben im Alter von 14, 15, 16 Jahren, die an der Arbeit waren. Der «Kassensturz» stiess auf Hersteller, die Jeans mit Kaliumpermanganat bleichen, damit sie aussehen, als wären sie bereits getragen worden. Kaliumpermanganat kann Augen, Haut und Atemwege schädigen. Der Beitrag war erschütternd. Aber vielleicht war es letztlich doch des Guten zu viel.

Gestern, 8.10 Uhr: Es begann schon am Morgen – die Radio-Konsumentensendung «Espresso» brachte einen kurzen Beitrag über die Jeans-Produktion in der Türkei. Der Beitrag entpuppte sich als Programmhinweis. Denn am Schluss kündigte Moderatorin Martina Schnyder an: «Heute Abend im ‹Kassensturz› um 21.05 Uhr auf SRF 1 kann man die ganze Reportage sehen.»

Gestern, nach 19 Uhr: Radio SRF 1 wiederholte den Beitrag von «Espresso». Und wieder kam der Programmhinweis für den «Kassensturz».

Gestern, 19.50 Uhr: Die Fernseh-«Tagesschau» berichtete über den «Used»-Look bei Jeans, die Zustände in den Fabriken und die Umweltverschmutzung. Der Beitrag unterschied sich kaum von dem, was Radiohörerinnen und Radiohörer bereits gehört hatten. Letztlich war auch der «Tagesschau»-Beitrag bloss ein simpler Programmhinweis. Denn Moderatorin Andrea Vetsch sagte am Schluss: «Mehr zur problematischen Jeans-Produktion in der Türkei heute Abend in der Sendung ‹Kassensturz› ab 21.10 Uhr auf SRF 1.»

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Nach 21 Uhr – der langersehnte «Kassensturz»-Beitrag. Neues brachte er kaum mehr.

Gestern, 21.10 Uhr: Endlich der Höhepunkt – der «Kassensturz» brachte den gut viertelstündigen Beitrag, den SRF den ganzen Tag über angekündigt hatte. Allerdings gab es da kaum mehr Neues. Für alle, die vorher schon Radio gehört oder Fernsehen geschaut hatten, war es eigentlich bloss eine Wiederholung.

Für jene, die noch immer nicht genug hatten, strahlte SRF 1 den «Kassensturz» heute Morgen um 1.30 Uhr nochmals aus. Und SRF info um 7.20 Uhr.

Wer die Wiederholung von der Wiederholung sehen möchte, bekommt noch ein paar Chancen: Heute um 9.40 Uhr auf SRF info. Dann um 13.15 Uhr. Um 16.05 Uhr gleich nochmals. Dazwischen um 11.25 Uhr auf SRF 1. Und dann noch am Samstag um 9.00 Uhr.

Die ständigen Wiederholungen sind heute nicht mehr nötig. Denn wer eine Sendung verpasst hat, kann sie problemlos auch nachträglich schauen. Die meisten Fernsehabos verfügen über eine «Comeback»-Funktion. Auch auf der SRF-Website sind Radio- und Fernsehsendungen hinterher noch abrufbar. Was SRF macht, ist einfach ein billiges Auffüllen von Sendezeit.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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SRF Tagesschau in der Kritik

Die Informationssendung mit den meisten Zuschauenden muss sich von kommerziellen Sendern klar abheben.

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4 Meinungen

  • am 3.10.2024 um 00:10 Uhr
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    Sie haben mit Ihrer Kritik an den Wiederholungen sicher recht, aber das ist wohl der Preis, den wir für günstigere Radio- und Fernsehgebühren bezahlen. Es sollte ja allen klar sein, dass die frühere Qualität nicht aufrechterhalten werden kann, wenn die Serafe-Gebühren gesenkt werden.
    Über Jahre zahlten wir 462 Franken, dann 365 und heute nur noch 335. Zudem sinken die Werbeeinnahmen, weil es immer weitere Werbekanäle gibt.

  • am 3.10.2024 um 00:30 Uhr
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    Sehr schnörkellos enttarnt, merci. Ich sage dem schon lange «Alzheimer-Radio». Früher konnte ich DRS1 (also RadioEssereffEins) den ganzen Tag hören als abwechslungsreiches Begleitmedium. Heute kommt vieles 3x am Tag: Im Morgenprogramm, im Nachmittagsprogramm, dann nochmals zwischen 7 und 8. Manchmal thematisch sogar ein viertes Mal im Nachtclub. Nett, aber nervig, dieses dauernde Recycling.
    Tja, so spart man – vor allem die Zuhörenden weg.
    Umgekehrt ist es noch unbegreiflicher: Da werden Serien am TV oder Radio, auf die man früher gewartet hatte, schon im Voraus (!) vollständig als Podcast oder Stream angeboten. Warum nicht erst im Nachhinein? So entzieht man dem linearen Programm aktiv die letzte Daseinsberechtigung. Da wird eine Kultur zerstört.
    Die neuen Strassenfeger kommen auch zuerst im Kino und erst später im TV.
    Und auch bei der UKW-Abschaltung prescht die SRG ohne jede Not vor; sie wird viele Hörende verlieren.
    Bald kann man getrost bye bye sagen.

  • am 4.10.2024 um 11:20 Uhr
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    Im Gegensatz zu Marco Diener sind die meisten Menschen in unserem Land keine sogenannten «heavy media user». Entsprechend kriegen sie es auch nicht mit, wenn über verschiedene Vektoren dieselben Inhalte verbreitet werden.

    Trotz des tiefgreifenden Medienwandels, der die Nutzung einschliesst, schauen und hören noch immer sehr viele Leute linear. Das rechtfertigt die Wiederholungen. Die Talkshow «Persönlich» am Sonntag wird z.B. um 10 Uhr live ausgestrahlt und seit Jahrzehnten um 22 Uhr wiederholt. Natürlich kann man sie auch jederzeit als Podcast abgreifen.

    Was mich aber wirklich stört an diesem Artikel: SRF wird erst gar nicht kontaktiert, um seine Position auf diese Kritik einzubringen. Das dies zu den Basics im Journalismus zählt, lernt ein Volontär in seiner ersten Woche.

    • am 5.10.2024 um 01:07 Uhr
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      Herr Balsiger, der Seitenhieb an Autor Diener ist ziemlich deplaziert. Erstens wissen Sie genau, dass er ein gestandener Journalist ist. Zweiten äussern gerade auch Sie sich bisweilen pointiert, ohne dass die Gegenseite eine Möglichkeit hat, zu reagieren.
      Es geht auch nicht um «verschiedene Vektoren», sondern eben um ein und denselben: das lineare Programm.
      Die Meinung von SRF interessiert hier übrigens nicht speziell, weil sie sattsam bekannt ist, die kann man beim Kundendienst erfahren… Wohlgemerkt, ich unterstütze die SRG stark, bin sogar Mitglied. Aber es ist quälend, bei deren Selbstschädigung zuzuschauen und zuzuhören.

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