FDP Nationalrat Christian Lüscher

FDP-Nationalrat Christian Lüscher verhinderte kritische Berichterstattung im Vorfeld der Indonesienabstimmung. © Parlamentsdienste

FDP-Politiker & Lobbyist liess vor Abstimmung Artikel verbieten

Andreas Britt /  NR Christian Lüscher hat für indonesischen Tycoon einen Presseartikel zum Freihandelsabkommen gerichtlich verhindern lassen.

Der Genfer Anwalt und FDP-Nationalrat Christian Lüscher erwirkte Anfang März bei einem Gericht im Waadtland eine superprovisorische Verfügung gegen das Online-Magazin «Gotham City». Die Internetzeitung ist auf die Aufdeckung von Wirtschaftsdelikten spezialisiert. «Gotham City» wirft dem FDP-Mitglied Lüscher vor, mit einer Verfügung einen kritischen Artikel über die wirtschaftlichen Interessen seines Mandanten, des indonesischen Tycoons Hisham Djojohadikusumo, verhindert zu haben. Das Gericht genehmigte den Antrag Lüschers wenige Tage vor der umstrittenen Abstimmung vom 7. März 2021 über das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien.

Ausgangspunkt der Auseinandersetzung ist eine Forderung der Genfer Steuerbehörden an den indonesischen Tycoon in der Höhe von mehr als 100 Millionen Franken. Gemäss «Gotham City» lebten er und seine Frau von 1999 bis 2006 in Genf. Der Verdacht auf Steuerhinterziehung der Genfer Behörden bezieht sich auf diese Zeit. Das Netto-Vermögen von Djojohadikusumo wird vom US-Magazin «Forbes» auf 650 Millionen Dollar geschätzt.

Verbindungen zur Palmölgewinnung

Das Pikante an der vom Waadtländer Gericht erlassenen Zensurmassnahme gegen die Online-Publikation ist die unter Androhung einer Busse verhinderte Berichterstattung über die wirtschaftlichen Verflechtungen von Hisham Djojohadikusumo. So ist der Tycoon unter anderem in der Palmölproduktion tätig.

Die Gegner des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und Indonesien argumentierten vor allem mit den problematischen Auswirkungen, welche die Ausweitung der Palmölproduktion in den vergangenen Jahren hatte. Um den rasanten Anstieg der Nachfrage für Palmöl decken zu können, rodeten die Agrikulturunternehmen weite Gebiete des ursprünglichen Regenwaldes im asiatischen Land. In ihren Augen trug das Abkommen dieser Problematik zu wenig Rechnung.

Der Mandant von Nationalrat Lüscher ist zudem Bruder des indonesischen Verteidigungsministers Prabowo Subianto Djojohadikusumo, der mit der Tochter des langjährigen Diktators Suharto verheiratet ist. Der Verteidigungsminister ist in seiner Funktion ein wichtiger Geschäftspartner für die Schweiz. Indonesien war im vergangenen Jahr der drittgrösste Kunde der schweizerischen Rüstungsindustrie und erstand gemäss Seco Güter im Wert von fast 112 Millionen Franken bei Schweizer Waffenschmieden.

Superprovisorische Verfügung als Mittel im Abstimmungskampf

Das Waadtländer Bezirksgericht hob die Verfügung vom 4. März schliesslich am vergangenen 11. Juni wieder auf und erlaubte damit «Gotham City» die Publikation der Verflechtungen von Djojohadikusumo. Allerdings liegt die Abstimmung nun schon drei Monate zurück. Das Volk nahm das Indonesien-Abkommen mit einem Anteil der Ja-Stimmen von 51,6 Prozent nur knapp an.

Lüscher wiederum ist nicht nur Anwalt von Hisham Djojohadikusumo, sondern engagierte sich als Nationalrat auch im Komitee für das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Mit allen Mitteln, wie sich nun zeigt.

Am nächsten Mittwoch 16. Juni stimmt der Ständerat darüber ab, ob solche Publikationsverbote aufgrund superprovisorischer Verfügungen künftig noch erleichtert werden sollen. Infosperber hatte darüber informiert: Ständeräte wollen Medienfreiheit weiter einschränken. Tamedia-Verleger Pietro Supino forderte das Parlament am 12. Juni 2021 öffentlich auf, dieses Vorhaben fallenzulassen: «Die Politik ist gefordert, die Pressefreiheit zu bewahren».


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Keine
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4 Meinungen

  • am 13.06.2021 um 10:18 Uhr
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    Wir brauchen eine gesetzliche Regelung. Die Selbstoffenbarung sollte zur gesetzlichen Pflicht werden bei jedem Auftritt im Internet. 100% Transparenz. Bezahlte Influenzerin, bezahlter Lobbyist von Firma XY sollte eingeblendet oder angezeigt werden, ebenso wie Interessenbindungen. Lügen, Falschaussagen, verdecktes Produkt Placement, lebensbedrohliche Produkte anpreisen ohne die womöglichen Nachteile aufzeigen zu müssen, usw. Das Internet wurde zu wichtig, um es zu einer Scheinwelt verkommen zu lassen. Da heute jedes Dokument und jede Urkunde gefälscht werden kann, sollten die Früchte zählen, die Biographie eines Menschen. Schauen wir LinkedIn an, wo mit Glanz und Gloria Selbstdarstellung betrieben wird, die Urkunden wie Jagdtrophäen präsentiert werden, aber niemand die tatsächliche Kompetenz eines Menschen erkennen kann. Eine Scheinwelt mit Gläubigen. Auch mitunter eine Korruptionsfläche, Referenzen kann man kaufen, erschleichen, mit Gegenleistungen abgleichen. Wir sehen derzeit, wie das größte Menschenexperiment mit einem Hochrisiko Vakzin (Typ mRna) aufgrund von Influenzing vollzogen wird, obwohl es bessere, günstigere Alternativen gibt. Es sterben Menschen deswegen vor ihrer Zeit. Dahinter steckt Influenzing, Lobbyismus, Begünstigung (Bestechung nennt man heute Fördergelder) und Bedrohung. (Entzug der Praxisbewilligung) Die Us-Geheimdienste bemerken es langsam, konnte ich gestern bei einer Us-Senatsansprache erfahren.

  • am 13.06.2021 um 12:15 Uhr
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    Mit einem zugegeben etwas sarkastischen Unterton liesse sich kommentieren: Nichts Neues im Westen. Aber das Vorgehen ist nicht eine AOC de la Romandie, es ist – wir wissen es, seit dem plumpen Liebesentzug gewisser Autokreise gegenüber einer Schweizer Tageszeitung, die inzwischen zum Regionalformat geschrumpft ist: das Kapital bestimmt die Information. Und Information bedeutet Macht. Auch nicht wirklich neu. Was im Fall des neoliberalen Herrn Lüscher aber auffällt, ist, wie tief mittlerweile die Schambarriere für derlei Interventionen im Interesse kapitaler Kreise gefallen ist. Und das Vorgehen macht deutlich, dass die wahre Macht in diesem Land natürlich nicht in Bern versammelt ist – weder in der NGO, die sich Bundesrat nennt, und noch weniger in der nominell demokratischen Vereinigung, die sich Parlament nennt. Alle, praktisch ausnahmlos alle, diese Leute sind nur die Pächter der Macht. Der Besitzer des Hofes sitzt ganz woanders. Neustes Beispiel: der von einer abseits der Aufklärung dümpelnden Medienszene irrwitzigerweise als «Sanierungsdebatte» der AHV deklarierte neuerliche Spaltungsversuch unserer Gesellschaft. Dabei geht es ja auch hier nur um die Verteidigung der Privilegien der oberen 2 Prozent – wie in Indonesien. freystefan.ch

  • am 13.06.2021 um 18:26 Uhr
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    Den Begriff Tycoon musste ich googeln. Was veranlasst den Autor, einen derart ungebräuchlichen Begriff, für den verständliche deutschsprachige Alternativen zur Verfügung stehen, zu verwenden?

  • am 17.06.2021 um 16:46 Uhr
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    Mein Glauben an die Demokratie ist quasi bei Null angekommen. Solange aber rechtsbürgerliche Mehrheiten solches Tun tolerieren wird sich nichts ändern. Erst dann könnte sich mein Glauben wieder erhöhen.

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