Experten am TV: Ein bisschen Fachwissen, ein bisschen Werbung
Kommen die SRF-Sportreporter und -Sportmoderatoren nicht draus? Können sie nicht kommentieren, ohne dass ihnen ein Experte zur Seite steht? Man könnte es meinen, wenn man sich anschaut, wen alles die SRF-Sportredaktion beschäftigt.
Viele Experten bringen ihr Fachwissen tatsächlich ein, andere weniger, und einige nutzen die Gelegenheit, für ihre Sponsoren zu werben. Aktuelles Beispiel: Der vierfache Langlauf-Olympiasieger Dario Cologna.
«Botschafter» für Atomic
Cologna ist 2022 zurückgetreten und wirbt seither für den österreichischen Hersteller Atomic. Oder wie es Atomic ausdrückt: «Dario Cologna ist als Botschafter für Atomic tätig.»
Und die Botschaft bringt er tatsächlich herüber. Es beginnt schon im SRF-Studio. Wenn Langlauf-Rennen anstehen, dann ist im Hintergrund ein grosses Bild eingeblendet. Die Langlaufski: von Atomic. Die Bindung: von Atomic. Und die Schuhe: ebenfalls von Atomic.
Laut SRF «handelt es sich um ein natürliches Sportbild». Es bestehe «keinerlei Verbindung zu Sponsoring-Tätigkeiten». Also keine Absicht. Sondern reiner Zufall.
Als kurz nach dem Jahreswechsel an der Tour de Ski der Skiathlon – eine Mischung aus Klassisch- und Skating-Rennen – auf dem Programm stand, erklärte Cologna, dass die Langläuferinnen und Langläufer dafür besondere Schuhe trügen. In der Hand hielt er einen Schuh: natürlich von Atomic.
Es ist Schleichwerbung
Was Cologna macht und was SRF duldet, ist Schleichwerbung. Und Schleichwerbung ist verboten. Doch bei SRF-Sportübertragungen ist sie gang und gäbe. Schon 2017 berichtete das Branchenmagazin «Schweizer Journalist» in der Rubrik «Darf man das?» darüber.
Zum Beispiel über Thomas Frischknecht: Frischknecht ist nicht nur ehemaliger Mountainbiker, sondern war – und ist bis heute – Team-Chef des Mountainbike-Teams Scott-Sram. «Was bald jedem Zuschauer klar wurde», wie der «Schweizer Journalist» damals festhielt. «Denn Frischknecht wies ständig so penetrant auf die neuen Mountainbike-Modelle der Firma Scott hin, dass sogar eine Beschwerde auf dem Pult von SRG-Ombudsmann Roger Blum landete. Dieser kritisierte Frischknechts Live-Kommentar denn auch prompt.»
Oder Marco Streller: Der einstige Fussballprofi kommentierte Champions-League-Spiele des FC Basel. Er benahm sich wie ein Fan. Er gab den Mutmacher. Und er arbeitete gleichzeitig für die Abteilung Marketing, Verkauf und Business des FC Basel und vertrat dort den Klub vor Sponsoren und Partnern.
Ähnlich wie Cologna machte es der ehemalige Spitzenlangläufer Adriano Iseppi. Nur hielt er nicht Produkte von Atomic in die Kamera, sondern von Salomon. Salomon und Atomic gehören beide zum finnischen Amer-Konzern.
Der «Schweizer Journalist» hielt damals fest: «Eigentlich sollten Sportjournalisten fähig sein, einen Wettkampf selber zu kommentieren und die entscheidenden Fragen zu stellen. Wenn sie das nicht können, dann sollten sie zumindest so gute Journalisten sein, dass sie ihre Ko-Kommentatoren nur zur Sache reden lassen und keine Werbespots für Skis, Velos oder Fussballklubs dulden. Sie sollten es den Firmen nicht so einfach machen, sich mit einem Experten in Szene zu setzen.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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