Endlich Klarheit zu den gedruckten Zeitungen
Es sind schlechte Nachrichten für Angestellte und Leser, die der Freiburger Verlag St-Paul letzte Woche verkündete: 20 Angestellte mit mehrheitlich kleinen Pensen in Redaktion, Marketing und Vertrieb werden ihre Arbeit verlieren. Und: Der Redaktionsschluss wird um beinahe fünf Stunden vorverlegt.
Um den Redaktionsschluss und den Druckbeginn machen die Schweizer Verlage ein grosses Geheimnis. Infosperber hatte die grossen Verlage vor gut zwei Monaten gefragt:
- Wann ist Druckbeginn?
- Wann ist Redaktionsschluss für die Titelseite?
- Wann ist Redaktionsschluss für die drittspäteste, die zweitspäteste und die späteste Innenseite?
Die Antworten waren überwiegend ausweichend. Dabei hatten aufmerksame Leser längst bemerkt, dass in etlichen gedruckten Zeitungen im Sportteil viele Konserven, aber kaum mehr Matchberichte und Resultate zu finden sind – und wenn doch, dann erst am übernächsten Tag. Die Zeitungen aus den Verlagen Tamedia und Somedia brachten es Anfang April sogar fertig, über Donald Trumps Monster-Zölle erst am übernächsten Tag zu berichten.
Was die Abonnenten gedruckter Zeitungen künftig zu erwarten haben, zeigt nun das Beispiel der Freiburger Tageszeitung «La Liberté» aus dem St-Paul-Verlag. St-Paul schloss seine Druckerei vor zehn Jahren und liess die «Liberté» fortan im Tamedia-Druckzentrum in Bern drucken. Redaktionsschluss ist seither eine Viertelstunde nach Mitternacht.
Das heisst: Die Leser der «Liberté» konnten die Matchberichte des Eishockeyklubs Fribourg-Gottéron in den diesjährigen Playoffs noch am nächsten Tag in der gedruckten Zeitung lesen.
Doch das wird sich ändern. Denn Tamedia hat eben seine Druckerei in Lausanne geschlossen. Deshalb druckt die Tamedia-Druckerei in Bern mehr Zeitungen. Zum Beispiel die «Tribune de Genève». Ende nächsten Jahres wird sich die Situation noch verschärfen. Denn Tamedia wird auch die Druckerei in Zürich schliessen. Das heisst: In Bern wird es zeitlich nochmals enger.
Für die «Liberté» ist das fatal. Redaktionsschluss wird künftig nicht mehr um 0.15 Uhr sein, sondern schon um 19.30 Uhr. Ein Matchbericht von Fribourg-Gottéron am nächsten Tag in der gedrucken Zeitung? Wird es nicht mehr geben. Und auch sonst wird manches fehlen, was gegen Abend oder in den USA ab Mittag passiert.
Dem Vernehmen nach profitiert der Verlag vom frühen Druckbeginn. Denn die Druckereien kennen für die Tageszeitungen unterschiedliche Tarife. Wer früh drucken lässt, zahlt weniger. Das dürfte für die Verantwortlichen des Verlags St-Paul den Ausschlag dafür gegeben haben, einen frühen Druckbeginn zu wählen. Was die Leser davon halten? Egal.
St-Paul-Chef Serge Gumy jedenfalls sagte gegenüber der «Liberté»: «Das ist eine Chance, den Übergang ins Digitale zu beschleunigen. Unsere Abonnenten werden die späten Nachrichten auf unseren digitalen Medien finden.»
Mit der bevorstehenden Schliessung der Druckerei in Zürich wird die Lage auch für die NZZ eher ungemütlich. Zwar verfügt die NZZ noch über einen Druckvertrag bis Ende 2027, welcher «der NZZ die bestehenden Druckfenster und Andruckzeiten garantiert», wie der Verlag mitteilt. Was danach geschieht, ist offen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ihre Beiträge über das Ende der gedruckten Aktualitäten sind, so dünkt mich, sehr negativ im Ton, bestenfalls nostalgisch. Aber das ist nunmal ein Wandel, der nicht aufzuhalten ist. Ich hab leider auch wegen der Printkrise vor 15 Jahren den besten Job meines Lebens, im Printbereich, verloren. Die Onlinemedien werden aber IMMER schneller sein als der Druck. Selbst wenn Sie es fertigbringen, aktuelle Meldungen des späteren Abends am Morgen in der Zeitung zu haben, werden die meisten, vor allem jungen Menschen, nur noch müde gähnen, weil sie alles schon beim Frühstück auf TikTok gesehen haben. Was als Alternative bliebe, wäre eine solide analysierende Wochenzeitung, wie es einst die Weltwoche war. Oder die WOZ noch ist. Tageszeitungen sind klinisch tot. Da helfen keine Wiederbelebungsmassnahmen.