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Mehrere «Corona-Kritiker» zeigen, dass inhaltliche Änderungen vorgenommen wurden. Das RKI sagt jedoch, es wurden nur formale Änderungen gemacht. © Julenochek / Depositphotos

RKI-Protokolle sollen nachträglich geschönt worden sein

Martina Frei /  Bei einem Vergleich fanden sich über 600 Änderungen. Das Robert-Koch-Institut streitet inhaltliche Retuschen ab.

Das Fernsehen SRF hatte im März 2024 über die damals teils geschwärzt herausgegebenen Protokolle des Covid-19-Krisenstabs am deutschen Robert-Koch-Institut nicht informiert – und kassierte deshalb eine Rüge der SRG-Ombudsstelle:

«Durch den gänzlichen Verzicht auf eine Berichterstattung wurde die von Neuem aufgeworfene Frage, ob die Pandemie aufgebauscht worden sei oder nicht, vollständig ausgeblendet. Dies, obwohl dieses Thema auch in der Schweiz heute noch von erheblichem Interesse ist.»

Es handle sich bei den RKI-Protokollen «nicht um ein spezifisches Deutschland-Thema, das in der Schweiz nicht interessiert», hält die Ombudsstelle fest, denn die offizielle Schweiz habe sich während der Pandemie immer wieder auf die Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts berufen. Daher «sei der Einfluss der Entscheidungen des deutschen Forschungsinstituts auf die Schweiz nicht von der Hand zu weisen. Eine Berichterstattung wäre deshalb angezeigt gewesen. Dass dies nicht getan wurde, entspricht aus Sicht der Ombudsstelle deshalb einer Unausgewogenheit in der Berichterstattung zu einem für die Schweiz relevanten Thema», ist seit letzter Woche auf der Website der Ombudsstelle zu lesen.

Damals waren die RKI-Protokolle aber nur auszugsweise bekannt. Inzwischen kam weit mehr heraus (Infosperber berichtete mehrmals). Der Vorwurf: Protokolle des Covid-19-Krisenstabs sollen nachträglich verändert worden sein.

In einem Artikel auf «Multipolar» greifen der Journalist Paul Schreyer und der pensionierte Finanzprofessor Stefan Homburg beispielhaft das RKI-Protokoll vom 25. März 2020 heraus. Schreyer hatte per Gerichtsbeschluss erwirkt, dass das RKI die Protokolle seines Corona-Krisenstabs von Januar 2020 bis März 2021 freigeben musste. Das Institut gab indes nur stark geschwärzte Versionen heraus. 

Homburg erhielt über eine Journalistin Zugang zu geleakten RKI-Protokollen ohne Schwärzungen (Infosperber berichtete). Das RKI hat die geleakten Protokolle inzwischen verifiziert und deren Echtheit nicht dementiert.  

Einwand einer Mitarbeiterin gelöscht

Schreyer und Homburg verglichen das Protokoll vom 25. März 2020, welches das RKI auf Schreyers Klage hin herausgab, mit dem Protokoll vom 25. März 2020, das durch das Leak ans Tageslicht kam.

Beide Protokolle müssten eigentlich identisch sein – doch die zwei Versionen würden sich an mehr als 600 Stellen unterscheiden, berichten Schreyer und Homburg, «reine Änderungen der Formatierung nicht mitgezählt». Eine RKI-Mitarbeiterin habe das Protokoll zuletzt im Januar 2023 bearbeitet, also unmittelbar, bevor das RKI es an Schreyer aushändigen musste. 

Besonders heben Schreyer und Homburg eine Passage im ursprünglichen Protokoll hervor. Dort stand: «Bevölkerungsbezogene Massnahmen zeigen Effekt». Eine Mitarbeiterin des RKI wandte in der Sitzung laut dem ursprünglichen Protokoll aber ein: «gewagt, Causalität herzustellen – Wir sind ja generell am Ende der Grippesaison – vorsichtig formulieren».

Doch in dem Protokoll, welches das RKI später per Gerichtsbeschluss freigeben musste, fehlt ihr Einwand. Dort steht bloss noch: «Strategien [gehen] in die richtige Richtung. Aber vorsichtig formulieren!» Für Schreyer und Homburg ist dies ein deutlicher Hinweis, dass da «geschönt» worden ist. 

Inhaltliche Änderungen wurden «soweit ersichtlich nicht vorgenommen»

Ein deutscher Rechtsanwalt teilte letzte Woche auf X.com mit, er habe Anzeige gegen die stellvertretende Leiterin der Rechtsabteilung am Robert-Koch-Institut erstattet. Der Tweet ist mittlerweile gelöscht.

Infosperber bat das RKI um Stellungnahme. «Dem RKI ist nicht bekannt, ob eine Strafanzeige erstattet wurde. Sollte es eine solche Strafanzeige tatsächlich geben, hätte sie weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Grundlage», teilt die Medienstelle mit. 

Auf die Frage, ob RKI-Protokolle nachträglich geändert worden seien, antwortet das RKI: «Zwischen dem 12.4.2021 und dem 10.5.2021 haben Mitarbeitende des RKI-Lagezentrums in älteren Protokollen blosse äussere Formatänderungen vorgenommen […] Inhaltliche Änderungen der Protokolle wurden nicht in Auftrag gegeben und soweit ersichtlich auch nicht vorgenommen.»

Auch der frühere Leiter des RKI Lothar Wieler widersprach der Darstellung Schreyers und Homburgs: «Dass das RKI nachträglich ändert – das kann ich nicht glauben. So sind die Mitarbeiter nicht», sagte er gegenüber der «Welt am Sonntag». «100-prozentig ausschliessen könne er es nicht: ‹Ich wäre aber sehr überrascht, wenn es so wäre.›»


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Eine Meinung zu

  • am 25.08.2024 um 15:23 Uhr
    Permalink

    Ja, in Deutschland, und wohl auch in der Schweiz, ist eine Aufarbeitung der Corona-Wahn-Jahre dringen geboten. Dabei gilt es folgendes zu beachten:
    1. Um das „Justizversagen in der Corona-Zeit“ aufzuarbeiten, könnte es sinnvoll sein, eine unabhängige Kommission durch das Justizministerium einzusetzen
    2. Musterprozesse zu einzelnen Corona-Maßnahmen könnten dabei hilfreich sein.
    3. Die während Corona verantwortlichen Akteure dürften nicht selbst für die Aufarbeitung zuständig sein. Zu diesen Verantwortlichen zählt z.B. auch der Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth (CDU).
    4. Es braucht an den Gerichten „innerlich unabhängige Persönlichkeiten mit Rückgrat und Zivilcourage“ (Boehme-Nessler)
    5. Es brauche eine Reform der Ernennungsverfahren von R

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