Tropeninstitut verniedlicht Campylobacter-Folgen
Die jährlichen Gesundheitskosten von Campylobacter-Infektionen würden «konservativ geschätzt rund zehn Millionen Franken» betragen, gab das «Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut» TPH am 12. August bekannt.
In der Tat ist diese Schätzung so extrem konservativ, dass man von einer Verniedlichung der Kostenfolgen sprechen muss:
- Das TPH hat lediglich die Kosten der jährlich 8500 offiziell gemeldeten und erfassten Infektionsfälle berechnet. Doch nur eine kleine Minderheit der Campylobacter-Erkrankungen wird den Behörden gemeldet. Denn nur eine Minderheit der Erkrankten geht zum Arzt. Die andern kaufen die Medikamente selber. Und vor allem: Längst nicht jeder Arzt lässt den Stuhl der PatientInnen analysieren, um genau abzuklären, ob nun Salmonellen, Campylobacter oder andere Keime an der Darminfektion schuld sind. In den letzten Jahren haben die effektiven Campylobacter-Erkrankungen in der Schweiz auf über 100’000 pro Jahr stetig zugenommen. Das schätzt Martin Loessner, Lebensmittel-Mikrobiologe am ETH-Institut für Lebensmittelwissenschaften, in der «NZZ am Sonntag» vom 27. März 2016. Andere Infektionsspezialisten schätzen die im TPH-Communiqué nicht erwähnte Dunkelziffer ebenso hoch ein. Die effektiven Gesundheitskosten sind also um ein Mehrfaches höher als vom TPH angegeben.
- Bereits seit 2005 ist bekannt, dass es bei Campylobacter-Bakterien zu «erheblichen Antibiotika-Resistenzen» gekommen ist. Schon damals waren bei manchen Untersuchungen vier von fünf Proben resistent (Quelle: Report der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA). Wenn diese Keime bei Wunden eine Infektion auslösen, besteht grössere Komplikations- und Lebensgefahr. Die Folgekosten von Campylobacter-Keimen, die gegen Antibiotika resistent sind, hat das TPH ungenügend erfasst. Wegen Campylobactern sind viele PatientInnen TrägerInnen von Keimen, gegen die fast alle Antibiotika wirkungslos sind. Das führt bei etlichen zu Komplikationen, sobald sie sich im Spital einem schweren Eingriff unterziehen müssen. Diese Folgekosten von Campylobactern hat das TPH nicht berücksichtigt, weil es nur Magen-Darm-Erkrankungen erfasst hat.
- Das TPH weist in seiner Veröffentlichung darauf hin, dass Kosten nicht berücksichtigt sind, die durch «Arbeitsausfälle und andere indirekte Kosten» entstanden sind.
Grillieren und Fondue Chinoise
Die TPH weist auf die wichtigsten Ursachen der Campylobacter-Infektionen hin: «Die neue Studie folgt auf eine frühere Campylobacter-Ausbruchsuntersuchung in der Schweiz. Dabei zeigte sich ein erhöhtes Risiko für eine Campylobacter-Infektion beim Verzehr von Pouletfleisch insbesondere beim Fondue Chinoise. Die Ansteckungsgefahr ist auch während der Grillsaison deutlich erhöht.» Das Risiko könne reduziert werden «mit Hygiene-Massnahmen auf Seiten der Fleischproduzenten, aber auch der Konsumenten».
Siehe dazu:
- «Antiobiotika-resistente Keime auf Poulets», 8.4.2016
- «Wegen Keimen, die gegen Antibiotika resistent sind, müssen sich Zehntausende Patienten in Spitälern länger behandeln lassen», 28.5.2011
- Hygiene-Tipps vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
sich vom fleischkonsum befreien ist schon laaaaange die beste empfehlung für
— mehr gesundheit
— weniger krankheiten
— weniger belastungen der mitwelt
— weniger leiden im allgemeinen.
probiert es aus und erfreut euch des lebendigen – statt des toten fleisches.