«Rätselhafte» Kostenunterschiede pro Patient
Ein Teil der riesigen kantonalen Kostenunterschiede der Grundversicherung pro Patientin und Patient lasse sich erklären, steht im jüngsten Report der Krankenkasse Helsana: Dichte des Angebots an Ärzten und Spitälern, unterschiedliche Haltungen der Bevölkerung oder unterschiedliche Anspruchshaltungen. Doch wie gross der Einfluss dieser und anderen Faktoren ist, bleibe «rätselhaft». Patientinnen und Patienten, die im Jahr 2014 mindestens einmal eine medizinische Leistung bezogen haben, kosteten im Durchschnitt 4479 Franken. Im Kanton Genf waren es 5510 Franken und im Kanton Uri 3377 Franken.
Die grossen regionalen Kostenunterschiede pro Patientin und Patient sind über die Jahre gleich geblieben. Die stark steigenden Kosten haben daran nichts geändert, hält der Report fest. Die Helsana hat die effektiven Zahlen ihrer rund 1,2 Millionen Grundversicherten ausgewertet. Das Resultat zeigt, dass die Realität nicht immer mit den Behauptungen und Darstellungen von Gesundheitspolitikern übereinstimmt. Hier einige einschlägige Beispiele:
Kosten pro behandelte Patientin oder behandelten Patienten
Von 2008 bis 2015 stiegen die Kosten der
- über 65-Jährigen pro Patientin oder Patient nur um 15 Prozent,
- der 19-65-Jährigen um 22 Prozent und
- der bis 18-Jährigen pro Patientin oder Patient um 27 Prozent.
Der Helsana-Report kommentiert: «Das Kostenwachstum pro Patient ist bei der Bevölkerung ab 65 Jahren viel geringer als bei den jüngeren Patienten.»
Im gleichen Zeitraum stiegen die Pro-Kopf-Kosten der Männer um 25 Prozent, die der Frauen um 21 Prozent.
Der geschlechtsspezifische Kostenunterschied pro behandelte Patientin und behandeltem Patienten hat sich von 500 Franken durchschnittlich im Jahr 2008 auf 400 Franken im Jahr 2015 reduziert.
Die insgesamt starke Zunahme der absoluten Kosten seit 2008 sei in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Versicherte im Alter von unter 65 Jahren häufiger und intensiver behandelt wurden.
Kosten für Leistungen
Von 2008 bis 2015 stiegen die Kosten für die Grundversicherung wie folgt: | |
+74% | Ambulant abgegebene Medikamente in Spitälern |
+63% | Laboruntersuchungen |
+60% | Spitex |
+57% | Physiotherapie |
+52% | Ambulante Behandlungen in Spitälern |
+37% | Ambulante Behandlungen in Arztpraxen |
+31% | Stationäre Behandlungen in Spitälern |
+15% | Medikamente aus Aptheken |
+1% | Pflegeheime |
Die enorme Kostensteigerung bei den Medikamenten sei sowohl auf höhere Preise (siehe Infosperber: «Europa-Rekord bei Medi-Preisen») als auch auf mengenmässig mehr Medikamente pro Patientin und Patient zurückzuführen. Der Helsana-Report kommentiert: «Die Preisregeln führen zu einer Preisspirale nach oben.»
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Hier kann man den Helsana-Report downloaden.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Das Problem ist m.E., dass wir ohne Versorgungsforschung zur Optimierung kosteneffizienter Indikation und Outcome kein eigentliches Krankenversorgungswesen mehr vorweisen, sondern eine rein ressourcenverschwendende Gesundheitsindustrie im Interesse der Wirtschaft mit dessen BIP und nach dem Stellenwert der Gesundheitsindustrie je nach Kanton. Dabei unterscheidet man ‘gesundheitspolitisch’ zusätzlich über ökonomisch ‘wertvolle’ und ‘wertlose’ Patienten. Der Rubikon stellt dabei die Pensionierung oder der soziale Status dar. Wenn man kein Arbeitnehmer mehr ist, ist man ‘Passivmitglied’ der Wirtschaft, der bei Erkrankungen leider nur noch unerwünscht kostet. So rationiert man med. Leistungen gezielt und gut kaschiert über HMO-Versicherungsmodelle mit Budgetverantwortung und geheimvertraglich geregelten Retrozessionen bei den Ü65 nach den Kostenvorstellungen eines polit-ökonomisch erwünschten ‘Einheitspatienten’. So vermag man den politisch erwünschten Umsatz der ‘Gesundheitsindustrie’ stets aufrecht zu erhalten und gezielt häufigere und intensivere med. Leistungen zu den Patienten zu verlagern, welche für die Arbeitgeber zur Aufrechterhaltung deren Produktivität und Gewinnoptimierung noch von Vorteil sind. Dies vermag den geringeren Anstieg bei den Ü65 zu erklären, obwohl die Mehrfach-Morbidität ja gerade bei dieser Altersklasse stark zunimmt. Dass diese ‘Kosten-Eugenik’ niemand zu thematisieren vermag, liegt wohl auf der Hand, da ethisch betrachtet mehr als bedenklich …
Bei der Karte der Helsana zu den Behandlungskosten pro Patient ist es so:
Diejenigen Bevölkerungen mit niedrigen Behandlungskosten
— haben noch eine Ahnung von Naturmedizin und Nahrung, und
— haben eine Schulung in Eigenverantwortung.
Das heisst, die Prävention ist dort derart gut geschult, dass es bei Behandlungen nur wenige Konsultationen braucht und ein Teil wahrscheinlich sogar zu Hause OHNE Konsultation gemacht wird. Schwere Krankheiten sind dann eher selten – das wäre noch interessant zu wissen, wie viele Lungenentzündungen pro Kanton pro 1000 Einwohner auftreten.
Eigenartig ist, dass der Kanton URI zu den günstigsten Behandlungskosten zählt, obwohl dort eigentlich sehr kalte und dunkle Winter herrschen. Dies zeigt, dass die Bevölkerung dort
— etwas vom Immunsystem,
— von gesunder Ernährung und
— von gesundem Schlaf ab 22 Uhr versteht, der ebenfalls regeneriert.
Die Ernährung ist im Sommer anders als im Winter, und der Schlafrhythmus ebenso.
In den Städten Basel und Genf herrscht leider immer noch McDonald-Essen, Ahnungslosigkeit und Ablenkung vor, was man jeweils an sonnigen Tagen sehen kann, wenn die Leute an den Promenaden ihre Abfälle liegenlassen: Bier+McDonald etc. Der FCB macht nicht gesund und verkauft auch keine Äpfel…
Michael Palomino – http://www.med-etc.com