PFAS: US-Staat verklagt Gore-Tex wegen Gesundheitsgefährdung
Der US-Bundesstaat Maryland klagt gegen W. L. Gore & Associates, besser bekannt als Gore-Tex. Die Klage wirft dem bekannten Outdoorhersteller vor, die gesundheitlichen Risiken von PFAS-Chemikalien zu ignorieren, um Gewinne zu maximieren. Grund ist die jahrelange Verunreinigung von Luft und Wasser durch per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen rund um 13 Anlagen des Unternehmens im Nordosten des US-Staats.
«PFAS werden mit Krebs und einem geschwächten Immunsystem in Verbindung gebracht und können sogar die Fähigkeit beeinträchtigen, Kinder zu gebären», erklärte Anthony Brown, Generalstaatsanwalt von Maryland. Die Gesundheit der Menschen im Staat derart zu gefährden, sei nicht akzeptabel.
PFOA-Verschmutzung geht mindestens zehn Jahre zurück
Die Verschmutzung besteht vor allem aus PFOA (Perfluoroktansäure), einer giftigen, krebserregenden und in der Schweiz seit mehreren Jahren verbotenen Chemikalie. PFOA wird zur Produktion von Teflon (PTFE) verwendet, aus dem Gore-Tex besteht.
Gore hat die Produktion in Maryland zwar schon 2014 auf PFOA-freie Chemikalien umgestellt, die Chemikalie ist jedoch noch immer in der Umwelt, vor allem im Wasser. PFAS gehören zu den sogenannten Ewigkeitschemikalien und zerfallen langsam bis gar nicht.
Gore habe gute Beziehungen zu DuPont (heute Chemours), argumentiert die Anklage weiter. Gründer Wilbert Gore verliess den Konzern erst 1958, um Gore zu gründen. Die Teflon-Formel brachte er mit. DuPont seinerseits wusste seit spätestens 1961, welche Gefahr PFAS darstellten. Gore habe es unterlassen, die Bevölkerung Marylands zu warnen.
«Too little, much too late»
Das Unternehmen verteidigt sich, es habe mit Behörden kooperiert und Massnahmen ergriffen, darunter Wasserfilter und Umweltanalysen. Kritiker:innen halten diese Massnahmen für unzureichend. «Too little, much too late», fasst der Anwalt Philip Federico zusammen (zu wenig, viel zu spät). Er vertritt unter anderen einen Klienten, bei dem gerade Nierenkrebs festgestellt wurde.
Gores Verhalten sei typisch für Umweltverschmutzungs-Fälle, sagt der Anwalt zur Nachrichtenagentur AP: «Sie haben es nicht eilig, das Problem zu lösen». Die Klage verlangt Schadensersatz und die Finanzierung weiterer Sanierungsmassnahmen, um die Gesundheit der Anwohner zu schützen.
PFAS-Hersteller zahlten bereits Milliarden
DuPont, beziehungsweise dessen Nachfolger Chemours, ist wegen PFAS in zahlreiche Rechtsfälle verwickelt. Im vergangenen Jahr bezahlte das Unternehmen laut der Nachrichtenagentur AP insgesamt 1,18 Milliarden Dollar als Kompensation für Wasserverschmutzung. Fachleute halten die PFAS-Klagewelle für eine der bisher grössten der USA.
PFAS-Klagen sind auch in der Schweiz möglich
Auch in der Schweiz ist eine solche Klage möglich. Selbst dann, wenn die Verschmutzung auf eine Zeit zurückgeht, in der eine Chemikalie wie PFOA noch gar nicht reguliert war. Für eine Klage wegen Personenschäden setze das Schweizer Haftpflichtrecht nicht voraus, dass die Substanz verboten sei, sagt Frederic Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern, auf Nachfrage von «Infosperber».
In der Schweiz gebe es mehrere Gesetze, die finanzielle Schäden wegen Umweltverschmutzung betreffen. Das Umweltschutzgesetz greife ausserdem auch dann, wenn eine ökologische Bedrohung, aber kein konkreter Schaden vorliege.
Es wäre demnach auch in der Schweiz möglich, einem Unternehmen, das die Umwelt mit PFAS verschmutzt hat, die Kosten von Wasserreinigung und Bodensanierung aufzuerlegen. Ein Bundesgerichtsurteil zur PFAS-Haftung gibt es laut Krauskopf aber noch nicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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