Krebsrisiko: Frauen sollten mit PFAS besonders vorsichtig sein
Brust- und Prostatakrebs sind die häufigsten Krebserkrankungen, die Ursachen ihrer Entstehung sind dennoch zu Teilen ungeklärt Eine Rolle spielen vererbbare Belastungen, Lebensstil, Umweltfaktoren und soziale Umstände, das erklärt aber nicht alles.
Ein Forschenden-Team aus den USA fand nun einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Chemikalienbelastung von betroffenen Frauen und einigen Krebsarten, bei deren Entstehung Hormone mitspielen.
Höher mit PFAS belastete Frauen haben öfter Hautkrebs
Frauen, die mit bestimmten per- und polyflourierten Alkylverbindungen (PFAS) und gewissen Phenolen belastet sind, erkranken demnach häufiger an Brustkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterschleimhautkrebs, Schilddrüsenkrebs und auch Hautkrebs. Bei Männern gibt es einen derartigen Zusammenhang nicht.
Das Risiko, ein bösartiges Melanom (Hautkrebs) zu entwickeln, ist bei Frauen, die hohe Mengen der Chemikalie PFDE (Perfluordecansäure) im Blut haben, beispielsweise gut doppelt so hoch. Auch das Risiko für andere Krebsarten steigt. PFDE wird als Weichmacher, Schmiermittel und Korrosionsschutzmittel verwendet. Die Chemikalie kann durch die Nahrung in den Körper gelangen. Eine Untersuchung von Süsswasserfischen aus Italien und der Schweiz fand 2020, dass diese mit PFDE belastet sind.
Für die im «Journal of Exposure Science & Environmental Epidemiology» veröffentlichte Studie analysierten die Autorinnen und Autoren Daten von 48’712 Personen im Alter von mehr als 20 Jahren. Diese stammen aus einem repräsentativen nationalen Gesundheitsmonitoring in den USA in den Jahren 2005 bis 2018. Die Forschenden stellten fest, wie viele Testpersonen aktuell oder in der Vegangenheit an Krebs erkrankt waren. Anschliessend verglichen sie die Belastung der Probanden mit sieben PFAS sowie zwölf Phenolen und Parabenen aus Blut- und Urinproben.
Da nicht für alle Teilnehmenden vollständige Messreihen vorlagen, ergaben sich zwei Gruppen. Aus 10’428 Personen der Phenol-Gruppe waren 341 Personen an Krebs erkrankt, grösstenteils an Prostatakrebs und Brustkrebs sowie Melanomen (Hautkrebs). Unter den 16’696 Personen in der PFAS-Gruppe gab es 597 Krebsfälle.
Zwischen der Chemikalienbelastung der Frauen und der Krebshäufigkeit gibt es demnach unterschiedlich starke Zusammenhänge. Der deutlichste: Frauen, die grössere Mengen dreier PFAS namens PFDE (Perflourdecansäure), PFNA (Perfluornonansäure) und PFUA (Perfluorundecansäure) im Blut hatten, entwickelten bis zu doppelt so oft Hautkrebs als weniger belastete Geschlechtsgenossinnen. Die Wahrscheinlichkeit für Krebserkrankungen der Eierstöcke und der Gebärmutter war ebenfalls höher.
Neben PFAS erhöhen auch Phenole das Krebsrisiko
Auch von Phenolen ist bekannt, dass sie Hormonwirkung entfalten können. Frauen, die hohe Werte der Phenole DCP24 und DCP25, Bisphenol A, Bisphenol S und BP3 im Urin hatten, hatten deutlich häufiger eine Erkrankung an Haut- und Eierstockkrebs hinter sich.
2,5-Dichlorophenol (DCP25), und 2,4-Dichlorophenol (DCP24) sind zum Beispiel in Farbstoffen und Pestiziden enthalten. Bisphenol A (BPA) und Bisphenol S (BPS) kommen in Thermopapier, Polycarbonat-Plastik und als Beschichtung in Lebensmittelverpackungen vor. Mindestens BPA ist als hormongiftig bekannt. BP3 (Oxybenzon oder Benzophenon-3) ist unter anderem ein Bestandteil von Sonnenschutzmitteln.
Vermeiden können Frauen die betreffenden Chemikalien nur mit grossem Aufwand
Bei der Untersuchung der Daten zeigten sich Unterschiede zwischen den Ethnien. Weisse Frauen haben öfter Eierstock- und Gebärmutterkrebs, wenn sie mit PFAS belastet sind. Nicht-weisse Frauen bekommen häufiger Brustkrebs, wenn sie dem PFAS MPAH oder dem Phenol Bisphenol F (BPF) ausgesetzt sind. In Hinblick auf die unterschiedliche soziale Situation und damit auch die Belastung von Frauen unterschiedlicher Hautfarben in den USA seien solche Erkenntnisse wichtig, betonen die Autor:innen.
Vermeiden können Frauen diese Chemikalien kaum, da sie sich überall in der Umwelt finden. Da PFAS in der Umwelt kaum zerfallen, gilt das auch für PFAS-Chemikalien, deren Verwendung eingeschränkt oder seit Jahren verboten ist.
Nach Messungen des Bio-Monitoring-Projekts HBM4EU sind Menschen in Europa in bedenklichem Mass mit Umweltchemikalien belastet (Infosperber berichtete). Experten empfehlen beispielsweise, auf hochverarbeitete, in Plastik verpackte Lebensmittel zu verzichten, mit PFAS behandelte Outdoor-Kleidung zu meiden und sich weniger in geschlossenen Räumen aufzuhalten.
Kleines Umweltchemie-Lexikon: PFAS
PFAS (per- und polyfluorierte Kohlenstoffe) – manchmal auch als PFC (Poly- und Perfluorcarbone) bezeichnet – machen Oberflächen wasser- und fettabweisend. Sie kommen nicht natürlich vor. Unter finden sie sich in Beschichtungen von Lebensmittelverpackungen, Outdoorkleidung und Feuerlöschschäumen. PFAS sind chemisch und thermisch sehr stabil. Sie zerfallen in der Natur quasi nicht und werden deshalb auch als «ewige Chemikalien» bezeichnet. Für einzelne Substanzen aus der etwa 5000 – 10’000 Chemikalien umfassenden Stoffklasse ist belegt, dass sie Krebs fördern, die Fruchtbarkeit stören, das Immunsystem beeinflussen sowie Leber- und Nierenschäden verursachen. Bekannt wurden PFAS erstmals durch den Anwalt Robert Bilot, der aufdeckte, dass DuPont die Bevölkerung in West Virginia jahrelang mit PFAS vergiftet hatte. Bilots Kampf gegen die Fluorkohlenstoffe wurde in dem Film «Dark Waters» verfilmt. Die Nutzung einzelner PFAS ist bereits verboten. In der EU gibt es Bestrebungen, die gesamte Stoffklasse von der Nutzung auszunehmen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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