Kommentar

Klimapolitik: Lernen von China?

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine. Der pensionierte Autor war viele Jahre lang ARD-Journalist. Er betreibt heute den Blog sonnenseite.com. ©

Franz Alt /  China hat einen radikalen «Schlachtplan gegen die Klimaverschmutzung» verabschiedet – wie die FAZ und die TAZ berichten.

Die FAZ berichtet aus China: «Hunderttausende chinesischer Arbeiter müssen in diesen Tagen während vier Monaten einen unbezahlten Zwangsurlaub antreten. Um eine abermalige «Airpocalypse» zu vermeiden, hat die Regierung einen «Winterschlachtplan» gegen den Smog in Kraft gesetzt. Zigtausende luftverschmutzende Fabriken und Baustellen werden vom 15. November bis zum 15. März geschlossen.»
Erst war das Reich der Mitte der grösste Klimasünder, jetzt aber entwickelt sich das staatskapitalistische Land zum Vorbild – mit drastischen Massnahmen. Auch Fahrverbote sind in China schon längst Realität.
In vier Provinzen hat China den ehrgeizigsten und strengsten Massnahmen-Katalog verkündet: In Hubei, Shenxi, Henan und Shangdong sowie in weiteren 28 Grossstädten, zu denen auch Peking mit seinen 22 Millionen Einwohnern gehört. Damit sollen hohe Smogwerte wie in den Vorjahren vermieden werden.
Die Werte lagen in Peking und Shanghai bis zum dreissigfachen über den Grenzwerten, was zu 1,6 Millionen frühzeitigen Toten geführt hat wie die kommunistische Partei jetzt zur Rechtfertigung der Zwangsmassnahmen bekannt gab. Staats- und Parteichef Xi: «Wir müssen die strengsten Umweltschutzmassnahmen durchsetzen.»
Gegen den Smog und seine verheerenden Folgen gab es in den vergangenen Jahren tausende lokale Volksaufstände. Die Partei ist zum Handeln gezwungen. Aufstände sollen in diesem Winter möglichst vermieden werden. Ob das klappt, ist fraglich.

Bericht in der FAZ: Verkehrspolizist in Peking

Fabriken und Kraftwerke verursachen in den Wintermonaten wegen der bisher hohen Kohleverbrennung starke gesundheitliche Belastungen für hunderte Millionen Menschen. 70 Prozet des Stroms werden in China noch immer durch Kohle produziert. Jetzt hat die Regierung auch einen Bau-Stopp für Kohlekraftwerke beschlossen und mehrere hundert besonders alte Kohlekraftwerke still gelegt.
Ausserdem wurden 44’000 kleinere Hochöfen geschlossen. In der Kohle-Hauptstadt Taiyan in der Nähe von Peking ist der Verkauf und der Transport von Kohle komplett verboten worden. In Peking darf auch auf dem letzten Hinterhof keine Kohle mehr verbrannt werden.
7’000 Umwelt-Polizisten überwachen die neuen Vorschriften. Verstösse werden hart bestraft. Im ganzen Land wurden 176’000 Unternehmen, die noch Kohle verbrannt haben, über den Winter geschlossen. Viele grosse Baustellen, die als Verursacher der Staubverschmutzung gelten, wurden ebenfalls dicht gemacht.
Greenpeace China hat vorgeschlagen, die in Zwangsarbeit geschickten Arbeiter in energieintensive Umrüstung von Gebäuden einzusetzen
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Chinas Innenpolitik

Hohe Wachstumszahlen; riesige Devisenreserven; sozialer Konfliktstoff; Umweltzerstörung; Herrschaft einer Partei

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2 Meinungen

  • am 20.11.2017 um 13:50 Uhr
    Permalink

    "mehrere hundert (!) Kohlekraftwerke werden stillgelegt» – sehr schön. Und woher kommt denn nun die benötigte Elektrizität in China? Natürlich aus Atomkraftwerken, von denen dort aktuell 25 im Bau sind (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernreaktoren_in_der_Volksrepublik_China)
    Deutschland, das dreistellige Milliardenbeträge in die Stromerzeugung mittels Solarenergie und Windturbinen investiert hat, produziert damit gerade einmal 3% seines Energieverbrauchs. Da sind die Chinesen cleverer: Sie liefern uns Solarmodule zu Dumpingpreisen, was die entsprechende Industrie in Westeuropa aushebelt (siehe Untergang von Meyer-Burger in der Schweiz) und substituieren die Kohlekraft-Dreckschleudern, die in Deutschland nun wieder hochgefahren werden, durch neue Atomkraftwerke: Das «lernen wir von China», wie es der Titel des infosperber-Artikels korrekt suggeriert.

  • Portrait.Hanspeter Guggenbühl.2020
    am 24.11.2017 um 17:10 Uhr
    Permalink

    Die einen – unter ihnen auch Franz Alt – freuen sich über die grünen oder sonnigen Absichtserklärungen. Die andern orientieren sich an den Resultaten. Im konkreten Fall: Gemäss neusten Daten wird der CO2-Ausstoss in China am ablaufenden Jahr 2017 um weitere 3,5 Prozent zunehmen, nachdem er in den Vorjahren immerhin stagnierte. Da lernen wir besser nicht von China.
    Hanspeter Guggenbühl

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