EU verbietet Hormongift Bisphenol in Verpackungen
Die EU verbietet ab 2025 die hormon- und immunstörende Chemikalie Bisphenol A (BPA) in Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Der seit Juni geplante Beschluss der Europäischen Kommission wurde am 19. Dezember veröffentlicht und ist damit rechtsgültig.
BPA ist der Grundstoff von Polycarbonat und vor allem in Trinkflaschen, Konservendosen und Küchenartikeln enthalten. Bisphenol A ist zudem Bestandteil vieler Beschichtungen und kann in Lebensmittel übergehen.
In Babyflaschen und Thermopapier bereits verboten
BPA ist seit langem als hormonaktiv bekannt und deshalb zum Beispiel in Babyflaschen verboten. In der Schweiz gilt dieses Verbot seit 2017. 2020 wurde die Chemikalie auch in Thermopapier wie Kassenzetteln und Parktickets verboten.
Dennoch bestand weiter Handlungsbedarf. In der Schweiz haben drei von vier Personen potenziell gesundheitsschädliche Mengen BPA im Körper. In elf untersuchten europäischen Ländern sind es durchschnittlich neun von zehn. In Frankreich gilt deshalb schon jetzt ein BPA-Komplettverbot für Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.
BPA-Grenzwerte bereits drastisch gesenkt
Die BPA-Grenzwerte wurden bereits deutlich gesenkt, als offensichtlich wurde, dass Bisphenol A nicht nur das Hormon-, sondern auch das Immunsystem stören und so beispielsweise Autoimmunerkrankungen auslösen kann. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) senkte die tolerierbare tägliche Dosis 2023 um das 20’000-Fache – von 4 Mikrogramm (4000 Nanogramm) auf 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Kurz darauf fand das Magazin «Öko-Test» viel zu hohe BPA-Mengen in 18 von 20 getesteten Tomatenkonserven, auch in Bio-Produkten (Infosperber berichtete). Die Chemikalie gelangt aus den Beschichtungen von Konservendosen in die Lebensmittel.
Hersteller sind grösstenteils vorbereitet
Die Hersteller haben sich auf das seit 2021 geplante Verbot vorbereitet. Viele können bereits jetzt BPA-freie Lebensmittelverpackungen anbieten. Die anderen erhalten 18 Monate Zeit, um sich umzustellen. Im Gesamten gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren.
Das Verbot umfasst nicht nur Bisphenol A, sondern alle Bisphenole, was Organisationen wie Chem Trust ausdrücklich begrüssen. Ein Problem, das Fachleute als «Regrettable Substitution» bezeichnen, wird so vermieden. Die Chemikalie darf nicht durch ähnliche, aber weniger gut untersuchte Substanzen wie Bisphenol S und Bisphenol F ersetzt werden.
Kleines Umweltchemie-Lexikon: Bisphenol A (BPA), Bisphenol S, Bisphenol F
Bisphenol A (BPA) ist ein endokriner Disruptor. Das heisst, die Chemikalie kann im Körper agieren wie ein natürliches Hormon. Erfunden wurde BPA in den 1930er-Jahren als Ersatz für natürliches Östrogen, heute wird es in Kunststoffen verwendet. In höheren Dosen kann BPA die Fortpflanzung und die fötale Entwicklung stören, die Spermienqualität reduzieren und Krebs verursachen. BPA ist als reproduktionstoxisch (fortpflanzungsgiftig) eingestuft und steht im Verdacht, Brustkrebs, Übergewicht und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern zu befördern. BPA kann ausserdem das Immunsystem stören.
Bisphenol A steckt in vielen Kunststoffen, Flammschutzmitteln, Baustoffen und Epoxidharzen. In der EU wurde BPA in Babyflaschen schon 2011 verboten. In der Schweiz gab es mehrere freiwillige Beschränkungen. Seit 2017 ist Bisphenol A in Babyflaschen und seit 2020 auch in Thermopapier wie Kassenzetteln und Parktickets nicht mehr erlaubt. In anderen Bereichen ist die Nutzung eingeschränkt.
Ersetzt wurde Bisphenol A teilweise durch Bisphenol S oder Bisphenol F, von denen sich mittlerweile herausgestellt hat, dass sie ebenfalls schädlich sind.
BPA kann durch Wärme aus Kunststoffen freigesetzt werden und durch die Haut in den Körper gelangen. Besonders vorsichtig mit Bisphenol A sollten Kinder, Schwangere und Übergewichtige sein.
BPA in Lebensmitteln reduzieren
Es gibt bereits jetzt Möglichkeiten, Bisphenol A aus dem Weg zu gehen. Wir veröffentlichen deshalb hier noch einmal einige Tipps von «Öko-Test», wie sich BPA im Alltag reduzieren lässt.
- Keine Dosen und am besten gar keine Konserven: Bevorzugen Sie frische Lebensmittel. Wenn Sie Konserven kaufen, dann in Gläsern. Das gilt besonders für Lebensmittel wie Kokosmilch, Fleisch, Wurst, Eintöpfe und Fertiggerichte.
- Kein Polycarbonat: Dieser Kunststoff kann Bisphenol A abgeben. Meiden Sie Trinkflaschen, Wasserkocher und Plastikboxen, die Polycarbonat (PC) enthalten.
- Nicht erhitzen: Wärme beschleunigt den Übergang von BPA in Lebensmittel. Erhitzen Sie deshalb keine Speisen in Konservendosen oder in Plastikbehältern in der Mikrowelle, speziell dann, wenn die Behältnisse schon älter sind. Verwenden Sie Keramik oder Glas. Mit diesen Massnahmen vermeiden Sie auch andere Umweltchemikalien, die in Plastik vorkommen.
- Alte Behälter ersetzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass BPA frei wird, steigt mit dem Alter der Behälter, weil diese porös werden, zum Beispiel Polycarbonat-Flaschen von Wassersprudlern.
- Lassen Sie Leitungswasser laufen, bevor Sie es trinken. Es enthält dann weniger Bisphenol, falls Ihre Wasserleitungen mit Epoxidharz saniert wurden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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