Sperberauge
E-Health in Bern und Luzern: Es braucht immer noch viel Papier
Endlich kann man seine persönlichen Gesundheitsdaten in einem elektronischen Dossier übersichtlich einsehen – beispielsweise in Bern und Luzern.
Am 10. Dezember informiert Infosperber darüber:
«Wer sich im Luzerner Kantonsspital oder im Berner Universitätsspital Insel behandeln lassen musste, kann alle seine medizinischen Daten vom Eintritt bis zum Austritt systematisch geordnet in der kostenlosen App myInsel konsultieren. Auch die Haus- und Praxisärzte können sich über das Zuweiserportal «InselLink» kostenlos anschliessen und ihre Diagnosen, Verschreibungen und Behandlungen direkt eingeben.»
Infosperber machte auf Anfangsschwierigkeiten aufmerksam: Die Dateneingabe sei anspruchsvoll und benötige für das ganze Personal vom Laborangestellten über das Pflegepersonal bis zu den Chirurgen eine gründliche Einführung. Auch in der Berner Inselgruppe sei es für viele eine Herausforderung gewesen.
Eine Herausforderung ist dies offensichtlich immer noch, wie mehrere Beschäftigte Infosperber berichteten. Die Inselgruppe schreibt Infosperber dazu:
«Wir arbeiten laufend daran, das System und die Abläufe weiter zu optimieren und den administrativen Aufwand für unsere Mitarbeitenden zu reduzieren. Wir sind deshalb überzeugt, dass die langfristigen Vorteile deutlich überwiegen.»
Doppelspur mit viel Papier
Ein Patient meldete Infosperber: «Ich war nach einem Unfall vom 21. bis 24. Oktober im Berner Universitätsspital, zuerst auf der Notfallstation, dann auf der Überwachung und auf der Bettenstation Chirurgie im neuen Gebäude. Ich erhielt alle Unterlagen auf Papier und per Post. Es gab keine Information über eine App, sondern beim Austritt einen Briefumschlag mit Unterlagen.» Ein weiterer Patient schrieb: «Ich habe die Insel-App, erhalte aber alles auch noch per Briefpost!»
Das Universitätsspital Bern nimmt dazu wie folgt Stellung:
«Wir nehmen solche Rückmeldungen sehr gerne entgegen, um uns kontinuierlich zu verbessern. Unser Ziel ist es, Patientinnen und Patienten in den digitalisierten Patientenpfad nahtlos zu integrieren. Ein zentraler Bestandteil ist unsere App myInsel, die Patientinnen und Patienten direkten Zugang zu ihren Gesundheitsdaten bietet.
Wir sind uns bewusst, dass es im klinischen Alltag in Einzelfällen zu Abweichungen kommen kann. Dennoch sehen wir myInsel als einen wesentlichen Baustein der digitalen Transformation.
Aufgrund der gesetzlichen Grundlagen für elektronische Rezepte müssen Verordnungen von Medikamenten und Physiotherapie aktuell noch in Papierform erfolgen, da für das E-Rezept eine qualifizierende Unterschrift nötig ist. Die Implementierung des elektronischen Rezepts ist aber ebenfalls auf unserem Entwicklungsplan. Bei der stetigen Weiterentwicklung von Epic in einer eigens aufgebauten Betriebsorganisation verbessern wir auch kontinuierlich die Anwenderfreundlichkeit von myInsel.»
Zur Darstellung der Inselgruppe, das Gesetz verlange für Verschreibungen von Medikamenten und Physiotherapie die Papierform, erklärt das Bundesamt für Gesundheit:
«Verschreibungen können bereits heute auch elektronisch erfolgen. Sie müssen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden (Art. 26 des Heilmittelgesetzes und Art. 51 der Arzneimittelverordnung). Siehe unser Merkblatt.
Im Rahmen der Teilrevision des Heilmittelgesetzes wird vom Bundesrat ein Obligatorium für die Ausstellung und Einlösung von eRezepten vorgeschlagen. Handschriftliche Signaturen sollen künftig nicht mehr erlaubt sein. Es muss sichergestellt sein, dass jede elektronische Verschreibung in jeder Apotheke elektronisch eingelöst werden kann. Hierzu soll der Bundesrat Anforderungen definieren können. Auf Wunsch der Patientinnen und Patienten können Rezepte jedoch weiterhin in Papierform (als Ausdruck des eRezepts) ausgestellt werden. Siehe Teilrevision des Heilmittelgesetzes (2023).
Infosperber fragte das Berner Universitätsspital Bern am 19. Dezember, warum die Inselgruppe bisher keine elektronische Signatur einführte und ob eine elektronische Signatur auf Anhieb mit Epic nicht kompatibel sei. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels ist keine Antwort eingetroffen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ich bin erstaunt, dass der hochgeschätzte Herr Gasche das elektronische Patientdossier so positiv bewertet. In Deutschland wurde gerade erst bekannt, dass alle 70 Millionen elektronischen Patientenakten für Hacker zugänglich waren oder immer noch sind. Hinzu kommen noch die Interessen von Pharma, Versicherungen, Datenbrokern usw. Die Vorteile für den einzelnen Bürger scheinen sich hingegen sehr in Grenzen zu halten.