Kinderimpfung

Nicht Impfstoffe sind verantwortlich für die Zunahme von Autismus bei Kindern, sondern breitere und feinere Diagnosemethoden. © cc-by-nc-4 vgajic/Getty Images

Die Autismus-Epidemie ist eine Schimäre

Pascal Derungs /  Kinderimpfungen seien für eine 70-fache Zunahme von Autismus bei Kindern schuld. Doch wahrscheinlich gab es gar keine Zunahme.

Autismus bei Kindern scheint sich rasant auszubreiten, in vielen Ländern wird ein explosionsartiger Anstieg diagnostiziert. In den USA sei heute eines von 36 Kindern davon betroffen, in den 1980er Jahren sei es lediglich eines von 10’000 gewesen. Diese Zahlen zitierte US-Präsident Donald Trump in einer kürzlich erlassenen Verfügung. Unter der Leitung des neuen Gesundheitsministers Robert F. Kennedy Jr. – Impfskeptiker wie der Präsident – soll jetzt untersucht werden, ob Impfstoffe dafür verantwortlich sind. Obwohl es viele Beweise gebe, dass dies nicht der Fall sei. Das schreibt der Medizinprofessor Holden Thorp in der «New York Times».

Nicht die Störung hat zugenommen, sondern deren Diagnose

Thorp analysiert, die Zunahme der Diagnosen beruhe auf drei Gründen:

  • grössere Sensibilisierung und erhöhte Aufmerksamkeit
  • feinere Diagnostik und bessere Identifizierung, insbesondere bei Mädchen
  • breitere Definition von Autismus.

Eine ganze Reihe von neurologischen Entwicklungsstörungen, die früher separat diagnostiziert worden seien, werde heute unter dem Oberbegriff Autismus erfasst, hält Thorp fest. Als Beispiel verweist er auf das Asperger-Syndrom, das die «American Psychiatric Association» im Jahr 2013 in die umfassendere Kategorie der Autismus-Spektrum-Störung aufgenommen hat.

Ärzte würden Autismus heute bereits bei jungen Kindern im Alter von lediglich 18 Monaten erkennen. «Und sie werden immer besser darin, zu erkennen, wie Autismus bei Mädchen anders aussehen kann, bei denen die Diagnoserate schon immer niedriger war», ergänzt der Medizinprofessor Holden Thorp.

Da Autismus immer weniger stigmatisiert werde, falle es Eltern leichter, ihn zu akzeptieren, bei ihren Kindern wie auch bei sich selbst. Eltern, bei deren Kind eine Diagnose gestellt wurde und die ähnliche Merkmale bei sich selbst erkennen, liessen sich nun eher selber auch untersuchen, berichtet Thorp weiter.

Was früher übersehen wurde, wird heute erkannt

Holden Thorp hat diese Ausweitung der Diagnostik selbst erlebt. Als Kind habe er oft ins Leere gestarrt, soziale Signale verpasst und lange Selbstgespräche geführt. Damals, in den späten 1960er Jahren, seien aber nur Kinder mit deutlich grösseren Defiziten und Schwierigkeiten als autistisch diagnostiziert worden. Er habe als normal gegolten. Erst im Alter von 53 Jahren hätten ihm Psychologen attestiert, an einer leichten Form von Autismus zu leiden. Hätte man vor einigen Jahrzehnten noch eine Lernbehinderung oder eine emotionale Störung diagnostiziert, so spreche man heute in solchen Fällen generell von Autismus.   

Das gesellschaftliche Image des Autismus hat sich verändert

Die Auffassung, dass Autismus behandelt oder geheilt werden müsse, werde mittlerweile stark bestritten, hält Thorp fest. Die gemeinnützige Selbsthilfeorganisation «Autistic Self-Advocacy Network» veröffentlichte eine Erklärung als Reaktion auf die Anordnung von Donald Trump. Sie argumentierte, dass Autismus keine Krankheit, sondern ein natürlicher Teil der menschlichen Vielfalt sei, «etwas, mit dem wir geboren werden und das nicht geändert werden sollte». Thorp selber ist überzeugt, dass ihn seine Neurodiversität, sein leichter Autismus, zu einem besseren Wissenschaftler gemacht habe, «weil mein autistisches Denken mich dazu bringt, nach Mustern zu suchen, eine entscheidende Fähigkeit in der Wissenschaft».

Impfskeptiker ignorieren Studien, die Impfstoffe entlasten

Forscher in Südkorea untersuchten in den Jahren von 2005 bis 2009 50’000 Kinder auf Autismus, lange vor der coronabedingten Intensität von grossflächigen Impfkampagnen. In diesen Jahren waren die offiziellen Autismus-Diagnosen im Land selten. Doch die Wissenschaftler stellten fest, dass 2,6 Prozent der Bevölkerung die Kriterien für eine Diagnose erfüllten. Das entspricht in etwa der Autismus-Diagnoserate, die heute in den Vereinigten Staaten registriert wird. Holden Thorp erkennt darin einen deutlichen Beweis dafür, dass Impfungen nicht ursächlich seien für den Anstieg der Autismus-Diagnosen.

Konservative Schätzungen aus Zwillings- und Geschwisterstudien deuten darauf hin, dass genetische Faktoren etwa 80 Prozent des Autismusrisikos ausmachen könnten. Das lasse Raum für Umweltfaktoren, erinnert Thorp und verweist auf mehrere Studien, die einen Zusammenhang zwischen Autismus und Luftverschmutzung feststellen. Konkret: Je grösser die Belastung einer Schwangeren durch Stickstoffmonoxid ist, desto höher liegt das Risiko, ein autistisches Kind zu gebären. «Zu oft verweisen Impfskeptiker, die Impfstoffe für Autismus verantwortlich machen, auf Studien mit schwacher Methodik, wie es Kennedy bei seiner Anhörung zur Bestätigung als Gesundheitsminister getan hat» bilanziert Thorp. Befürworter dieser Studien ignorierten die Existenz zahlreicher grosser und sorgfältig konzipierter Studien, die das Gegenteil belegen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

5 Meinungen

  • am 5.04.2025 um 14:07 Uhr
    Permalink

    Toll, ein Autist analysiert eine Autismus-Studie !
    Allerdings eine typische Pharma-Gefälligkeitsstudie, mit der man gravierende Impfschäden seit jeher abstreitet und Folgen von Impfungen klein redet.
    Da vertraue ich schon eher den Müttern , die unmittelbar nach üblichen Mehrfachimpfungen eine bestürzende Veränderung ihres Kindes konstatieren müssen mit neurologischen Schädigungen und Entwicklungsrückschritten. Wenn man wie ich über Jahrzehnte therapeutisch mit autistischen Kindern und Erwachsenen zu tun hatte, ist eine solche Verharmlosung mit üblichem Hinweis auf Genetik und leichte Fälle für Betroffene und ihr Umfeld herabwürdigend !
    Hört man Dr.Michael Nehls über Gehirnschäden bis zur Demenz, wird einem die Dimension klar für die ganze Menschheit!

  • am 5.04.2025 um 21:43 Uhr
    Permalink

    Seit zwei Jahrzehnten arbeite ich mit Kindern mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Mir kann keine von der Pharma finanzierte Studie erzählen, dass die Zunahme von Autisten eine Schimäre ist. Das beleidigt meine Intelligenz, denn wir sprechen hier NICHT von Autisten die früher nicht aufgefallen wären. Ich kann mich nicht erinnern, wann es mal keinen Pharma-Skandal gab und trotzdem glauben immer noch viele die Pharmaindustrie lügt nicht.
    In 40 Jahren kommt die Wahrheit über die mRNA Technik, obwohl wir jetzt schon viel erschreckendes darüber wissen.
    Traurig ist, die Arbeit wird mir Dank der Pharmaindustrie nie ausgehen….

  • am 6.04.2025 um 22:56 Uhr
    Permalink

    Es gibt eine sehr große, sehr kinderreiche Kontrollgruppe: die Amisch. Sie impfen in der Regel nicht. Mithilfe groß angelegter Studien könnte verlässlich festgestellt werden, welche Auswirkungen Impfungen auf lange Zeit haben. Nicht nur die Auswirkungen von Impfstoffen, sondern auch von anderen Faktoren wie Ernährung – die Amisch ernähren sich vorrangig von selbst angebauten Nahrungsmitteln – könnten hier erforscht werden. Die Amisch haben trotz Impfverweigerung keine höhere Kindersterblichkeit und schotten sich bei Krankheitsfällen durch ihren gemeinsamen Gottesdienst auch nicht ab. Die Durchseuchung erfolgt in der Regel sehr schnell.

  • am 7.04.2025 um 10:18 Uhr
    Permalink

    In unserer Familie sind wir direkt betroffen. Ein zweijähriges, gesundes und sehr aufgewecktes Mädchen ist nach der Mehrfachimpfung verstummt, teilnahmslos, reagierte auf nichts mehr, sie war wie eine Gliederpuppe. Es dauerte mehrere Jahre bis die Kleine wieder sprechen konnte, die saubere Artikulation die sie zuvor gehabt hatte, blieb weg. Zuvor ein sehr selbstsicheres kleines Kind, ist sie verunsichert in sich bis heute, trotz Therapien, etc..
    Nach vielen Abklärungen ergab sich, dass sie sehr deutliche autistische Symptome zeigte, die bis heute vorhanden sind, in etwas abgeschwächter Form, aber sie ist in ihrem Leben sehr eingeschränkt.
    Nach mehreren Jahren erfuhren wir dann, dass der betreffende Kinderarzt diesen Impfschaden nicht als solchen gemeldet hatte, sondern er hatte es als Geburtsgebrechen gemeldet. Dies haben wir zufällig erfahren in einem Gespräch mit dem Kinderpsychiater, der den Bericht der IV zitierte.
    Wie viele solcher Fälle mag es geben …

  • am 7.04.2025 um 13:48 Uhr
    Permalink

    wir hören immer wieder, wie viele breit angelegte sorgfältige RCTs (randomisierte kontrollierte Studien) beweisen sollen, dass ein Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus eine Chimäre sei. leider fehlt dann immer die Angabe einer Referenz. Sicher sind Impfungen nicht alleinige Ursache für die rasante Häufung von Autismus Diagnosen, aber «grössere Sensibilisierung, breitere Definition und feinere Diagnostik» erklären vielleicht einen kleinen Teil der Zunahme.80% sind «genetisch bedingt» hat schon für mehrere Krankheiten herhalten müssen bis das medizinische Establishment die Augen nicht mehr vor den Fakten verschliessen konnte.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...