CH und D: Doppelt so viele Kaiserschnitte wie von WHO empfohlen
Im letzten statistisch erfassten Jahr 2019 kamen in der Schweiz 31,7 Prozent aller Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt, in Deutschland waren es 29,6 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation hält seit langem einen Anteil von nur 15 Prozent Kaiserschnitte für medizinisch indiziert.*
Kaiserschnitt-Operationen sind zwar heute Routine, doch noch immer bergen sie wie alle Operationen Risiken. Das «American Journal of Maternal/Child Nursing» zählt sie auf: «Die drei wichtigsten Faktoren, die zur Morbidität und Mortalität von Müttern im Zusammenhang mit einer Kaiserschnittgeburt beitragen, sind Blutungskomplikationen, Infektionen der Operationsstelle und venöse Thromboembolien.» Diese Komplikationen sind zwar selten, aber ohne Nutzen sollten die Frauen sie nicht riskieren.
Höhere Kaiserschnitt-Rate in der Deutschschweiz
Die neusten 2029-er-Zahlen des Bundesamts für Gesundheit hat Josef Hunkeler, langjähriger Gesundheitsspezialist des Preisüberwachers, detailliert ausgewertet:
Anteil Kaiserschnitte bei insgesamt 85’429 Geburten | 31,7 % |
Anteil Kaiserschnitte bei Geburten mit erhöhtem Risiko | 71,1 % |
Anteil Kaiserschnitte bei risikoarmer Geburt, Alter >34 | 33,9 % |
Anteil Kaiserschnitte bei risikoarmer Geburt, Alter <34 | 23,5 % |
Es fällt auf, dass Ärztinnen und Ärzte sogar bei fast jeder vierten von den 53’538 jüngeren Frauen mit risikoarmen Geburten einen Kaiserschnitt vornahmen. Das entsprach 74 Prozent aller vorgenommen Kaiserschnitte (19’981 von insgesamt 27’089 Kaiserschnitten).
Diese «Komfort-Kaiserschnitte» waren geographisch sehr ungleich gestreut, stellte Hunkeler fest:
Mehrheitlich katholisch geprägte Kantone wie AI, SW, OW, UR zeigen deutlich tiefere Kaiserschnitt-Raten. Insgesamt kommen in der Westschweiz weniger Kinder per Kaiserschnitt zur Welt als in der Deutschschweiz.
Entwicklung seit 2008
In der Westschweiz war der Anteil der Kaiserschnitte an den Geburten bereits im Jahr 2008 deutlich tiefer als in der Deutschschweiz. Trotzdem sank dort dieser Anteil seither stärker als in der Deutschschweiz. Doch mit über 27 Prozent liegt er immer noch viel höher als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen.
*Fazit der WHO im Jahr 2015
«Auf der Grundlage der verfügbaren Daten und unter Anwendung international anerkannter Methoden zur Bewertung der Nachweise mit den am besten geeigneten Analyseverfahren kommt die WHO zu dem Schluss:
- Kaiserschnitte sind wirksam, um das Leben von Müttern und Säuglingen zu retten, aber nur, wenn sie aus medizinisch indizierten Gründen erforderlich sind.
- Auf Bevölkerungsebene führt eine Kaiserschnittrate von mehr als 10 Prozent zu keiner Verringerung der Sterblichkeitsrate von Müttern und Neugeborenen.
- Kaiserschnitte können zu erheblichen und manchmal dauerhaften Komplikationen, Behinderungen oder zum Tod führen, insbesondere in Situationen, in denen es an Einrichtungen und/oder Kapazitäten für die ordnungsgemässe Durchführung sicherer Operationen und die Behandlung chirurgischer Komplikationen fehlt. Kaiserschnitte sollten idealerweise nur durchgeführt werden, wenn sie medizinisch notwendig sind.
- Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um Frauen, die einen Kaiserschnitt benötigen, diesen zu ermöglichen, anstatt eine bestimmte Rate anzustreben.
- Die Auswirkungen der Kaiserschnittrate auf andere Ergebnisse, wie mütterliche und perinatale Morbidität, pädiatrische Ergebnisse und psychologisches oder soziales Wohlbefinden, sind noch unklar. Es bedarf weiterer Forschung, um die gesundheitlichen Auswirkungen von Kaiserschnitten auf unmittelbare und künftige Ergebnisse zu verstehen.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
In industriellen Krankheitsbewirtschaftungssystemen werden Therapie- oder allgemein Interventionsentscheide nicht entlang medizinischer Indikation, sondern nach ökonomischen Gesichtspunkten getroffen. Für die Sectio caesarea sprechen die Planbarkeit bezogen auf knapp gehaltene Personalressourcen und der Wusch der Gebärenden, dem sich zu widersetzen wiederum Personalressourcen (für vorbereitende Gespräche) benötigte. Objektiver Grund ist das viel zu hohe Gebäralter in CH, welches nicht den Mittelwerten entspricht, auf die die WHO- Empfehlung beruht.
Unter dem Regime der Fallpauschalen sind sowohl die normale Geburt als auch die Sectio unterfinanziert, so das jedes betriebswirtschaftlich orientierte Spital die Gebärabteilung am liebsten ganz schliessen würde. Da kann man es dem Spital nicht verwehren, den ungeliebten Eingriff mit geringst möglichen Aufwand zu absolvieren.
j’ai lu mais je n’ai plus la source que la fréquence de césariennes est bien moindre chez les femmes de gynécologues / médecins, car ils ne veulent pas exposer inutilement leurs épouses / compagnes.
Il serait aussi intéressant de savoir en Suisse la proportion des femmes avec césarienne qui ont une assurance maladie complémentaire !!!
Vor einigen Jahren wurde eine interessante Statistik erstellt. Dabei kam raus, dass von weit aus am meisten Kaiserschnitte Freitags nach 17h00 stattfinden. Das sagt Einiges über medizinische Notwendigkeit aus.