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Rüeblikraut wird heute oft mitgegessen, um Foodwaste einzuschränken. © Hana Mara/Pexels

Blätter essen statt wegwerfen? Besser nur bei Bio-Gemüse

Daniela Gschweng /  Rüebli- und Radieschenblätter werden heute häufiger mitgegessen. Doch sie können stark mit Schadstoffen belastet sein.

Um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, werden Blätter, Stiel und Strunk zunehmend mitverwertet. «Leaf to Root», also die ganze Pflanze mit Stumpf und Stiel zu essen, liegt im Trend. Im Internet kursieren zahlreiche Rezepte für Pesto, Smoothies oder Suppen aus Radieschengrün und Rüeblikraut.

Warum auch nicht? Weinblätter werden schliesslich seit Jahrhunderten gegessen. Pflanzenteile wie Blätter können jedoch viel Nitrat, Pestizide und auch andere ungesunde Stoffe enthalten.

Radieschengrün ist oft nur Show

Nitrat (NO₃) stammt oft aus Düngerstickstoff. Es kann zu  gesundheitsschädlichem Nitrit (NO₂) umgewandelt werden. Unter bestimmten Bedingungen bilden sich daraus krebserregende Nitrosamine.

Blattgemüse wie Rucola, Mangold, Spinat, Rettich, Radieschen, Randen, Kohlrabi und Kohl speichern besonders viel Nitrat. Vor allem grosse Blattrippen, Stiele und Stängel enthielten viel davon, warnte die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern (VZMV) im Oktober.

Radieschen und Kohlrabi mit Blättern zu verkaufen, dient meist dem Marketing. Grüne Blätter sollen den Eindruck von Frische erwecken. Tatsächlich verliere die Pflanze aber viel Wasser durch Verdunstung und verderbe schneller, so die Verbraucherzentrale. Radieschen halten also länger, wenn man die Blätter entfernt. Um das Blattwerk bis in den Laden frisch aussehen zu lassen, brauche es zudem mehr Dünger, Wasser und Pestizide.

Auf Pestizide untersucht wird erst jetzt

Untersucht wird das Gemüsegrün zum Teil erst jetzt. Nicht ganz zufällig – seit Januar 2025 gelten in Deutschland Pestizid-Grenzwerte für essbare Pflanzenteile wie Blätter. Der nächste kritische Punkt im Radieslikraut also: Spritzmittelrückstände im konventionell angebauten Gemüse.

Oder besser: vor allem in den Blättern. Das fand das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA Stuttgart) bei der Untersuchung von Radieschenblättern und Rüeblikraut im Oktober 2024 und Januar 2025.

Rüeblikraut enthält 25-mal mehr Pestizide als Rüebli

Rüeblikraut von 14 deutschen Rüebli aus konventionellem Anbau enthielt dabei durchschnittlich 25-mal mehr Pestizide als die Rüebli selbst. Im Kraut wies das CUVA Stuttgart 14 Wirkstoffe nach – doppelt so viele wie in der Wurzel (6 Wirkstoffe). Lege man die Höchstwerte von Rucola zugrunde, die seit 2025 auch für Radieschenblätter gelten, wurde bei 13 von 14 Rüeblikraut-Proben der Grenzwert überschritten. Das einzige Bio-Rüebli und sein Kraut überschritten die Höchstwerte nicht.

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Mittlerer Pestizidrückstandsgehalt von Karotten und Karottenblättern im Vergleich. Der mittlere Rückstandsgehalt in den Blättern ist ungefähr 25-mal höher als in den Wurzeln. Grund ist unter anderem die grosse Oberfläche der Karottenblätter.

Dasselbe bei Radieschen. Das Grün von zehn Radieschen enthielt 14-mal so viele Pestizide wie das Radiesli selbst. Die Anzahl der gefundenen Pestizidwirkstoffe war mit 8,2 im Grün mehr als doppelt so hoch wie in der Wurzel (3,5). In neun von zehn Radieschenkraut-Proben wurden die seit Januar geltenden Rückstandshöchstwerte überschritten. Zum Vergleich: In einem Bio-Produkt fand das CVUA 2020 nur ein Pestizid und das nur in Spuren.

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Mittlere Pestizidrückstandsgehalte von Radieschen und Radieschenblättern. Der mittlere Gehalt der Blätter ist rund 14-mal höher als bei den Wurzeln.

Fazit: Nur Bio oder Eigenanbau bedenkenlos geniessbar

Das CVUA und die Verbraucherzentralen empfehlen, nur Grün von Bio-Gemüse oder Gemüse aus dem eigenen Garten zu essen. Was zweifellos ein sinnvoller Ansatz ist.

Bei einigen natürlich vorkommenden Chemikalien hilft Bio jedoch nichts. Rhabarberblätter etwa enthalten viel Oxalsäure, was Nierensteine begünstigen kann. Und in Avocadokernen stecke der Bitterstoff Persin, warnt «Öko-Test». Ob dieser für Menschen giftig sei, sei noch unklar – für Haustiere gilt Persin als giftig.

Schälen kann gesünder sein

Tomaten bilden in Strunk, Stängel und grünen Stellen giftiges Solanin. Solanin ist in kleinen Mengen nicht besorgniserregend, kann aber unangenehm im Hals kratzen. Derselbe Stoff findet sich auch in den grünlichen Stellen an Kartoffeln. Grüne Stellen und Keime sollte man vor dem Kochen entfernen.

Wenn die Kartoffel nicht ganz frisch ist, schält man sie am besten. Das rät die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern. Was sich an Nährstoffen in der Schale befindet, sei nach langer Lagerung vernachlässigbar. Auch Rüebli sollte man besser schälen, wenn sie nicht aus Bio-Anbau stammen. An der geriffelten Schale könnten sich viele Pestizide festsetzen.


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