mRNA-geimpfte Schwangere: Behörde hält Daten unter Verschluss
Um Daten zur Wirkung und zur Sicherheit der mRNA-Impfung bei schwangeren Frauen zu erhalten, begann der Hersteller Pfizer im Februar 2021 eine grosse, sogenannte randomisierte Studie. Sie wäre sehr aussagekräftig gewesen. Denn dort wurden die schwangeren Frauen per Los in zwei Gruppen eingeteilt und entweder geimpft oder mit Placebo «geimpft». Dies hätte einen Vergleich beider Gruppen ermöglicht.
Im Juni 2021 änderte Pfizer jedoch den Studienplan: Die Anzahl der Studienteilnehmerinnen wurde von rund 4000 auf 700 reduziert. Wenige Monate später wurde die Rekrutierung weiterer Teilnehmerinnen beendet. So wurden schliesslich nur 173 Schwangere geimpft. Pfizer zufolge stimmten die US- und die Europäische Arzneimittelbehörde dem zu.
«Schwierig, seltene Ereignisse zu bewerten»
Es blieben Beobachtungsstudien und Register, in denen geimpfte, schwangere Frauen erfasst wurden. Auf solche Quellen stützten und stützen sich Behörden und ärztliche Fachgesellschaften bei ihren Empfehlungen für die schwangeren Frauen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beispielsweise behauptete im Herbst 2023 in seinen Impfempfehlungen: «Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass die Covid-19-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff bei schwangeren Frauen sicher ist. In einer Schweizer Kohortenstudie konnte gezeigt werden, dass die Häufigkeit von unerwünschten Impferscheinungen bei Schwangeren mit der Häufigkeit in der allgemeinen Bevölkerung vergleichbar ist. Dieselbe Studie zeigt auch, dass das Risiko von Komplikationen während der Schwangerschaft oder beim Neugeborenen durch die Impfung nicht erhöht wird.»
Doch die Autoren der zitierten Kohortenstudie – einer Auswertung der Schweizer «Covi-Preg»-Registers – schrieben selbst: «Diese Studie ist durch eine relativ kleine Anzahl von schwangeren Frauen […] begrenzt, was es schwierig macht, seltene Ereignisse wie schwere Nebenwirkungen nach der Impfung oder Totgeburten zu bewerten, wofür mehrere Tausend Patienten erforderlich wären.»
Darüber informierte das BAG die Ärzteschaft und die Schwangeren nicht.
Schweizer Studie ergab nichts Beunruhigendes
Diverse andere Studien, die das BAG oder beispielsweise die Europäische Arzneimittelbehörde EMA heranziehen, liefern ebenfalls keine Hinweise, dass die Covid-mRNA-Impfstoffe schädlich sind – aber auch sie besitzen nur begrenzte Aussagekraft, insbesondere, was die Impfung in der frühen Schwangerschaft betrifft.
Infosperber bat den Studienautor der Schweizer «Covi-Preg»-Studie, Medizinprofessor David Baud vom Universitätsspital Lausanne, um Auskunft. «mRNA-Impfstoffe erhöhen weder das Risiko von Schwangerschaftskomplikationen, Fehlgeburten noch von angeborenen Anomalien, wenn sie im ersten Drittel der Schwangerschaft verabreicht werden», antwortete Baud. Das hätten sowohl die Schweizer Ärztinnen und Ärzte gezeigt, die schwangere, geimpfte Frauen im «Covi-Preg»-Register erfassten, als auch andere Forschergruppen.
«ChatGPT» hält die Impfung von Schwangeren für sicher und wirksam
Wer die entsprechenden «Covi-Preg»-Studien liest, stellt aber fest: Belastbare Aussagen lassen sich daraus nicht ableiten. Denn erstens war die Anzahl der Frauen zu klein, worauf die Autoren selbst immer wieder hinweisen. Zweitens war die Datenerfassung lückenhaft, drittens gab es weitere Faktoren, welche die Ergebnisse verzerrten. Aus den Befunden des «Covi-Preg»-Registers lässt sich folglich nicht viel ableiten.
Auf die Frage, ob er die Covid mRNA-Impfstoffe in der Schwangerschaft für wirksam und sicher halte, antwortet Baud, er habe diese Frage «ChatGPT» gestellt und schickt dessen Antwort. Die «künstliche Intelligenz» schreibt, die Impfstoffe hätten kein erhöhtes Risiko für Aborte, Früh- oder Totgeburten oder Missbildungen beim Baby gezeigt. Das hätten die «Covi-Preg»- und weitere Studien ergeben. «ChatGPT» zufolge sind die mRNA-Impfstoffe also bei Schwangeren wirksam und sicher.
So schätzt das auch das Bundesamt für Gesundheit ein: «Eine Impfung ist auch im ersten Schwangerschaftsdrittel möglich und kann auf Wunsch der Frau erfolgen. Studien zeigen, dass eine Impfung auch im ersten Trimester sicher ist», informierte das BAG beispielsweise im Herbst 2023.
«Keine verlässliche Entscheidungsgrundlage«
Die Epidemiologin Angela Spelsberg und ihr Ehemann Ulrich Keil, emeritierter Professor für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster, bewerten die Datenlage dagegen als nicht ausreichend. Spelsberg war bis Ende 2024 ärztliche Leiterin des Tumorzentrums Aachen und koordinierte ehrenamtlich viele Jahre die Arbeitsgruppe Gesundheit bei «Transparency International», einer weltweit tätigen NGO, die gegen Korruption kämpft.
«Von den 12 Studien, welche die Europäische Arzneimittelagentur als Beleg für die Sicherheit der Anwendung von mRNA-Impfstoffen in der Schwangerschaft anführte, untersuchten nur drei die Impfung im ersten Schwangerschaftsdrittel», gibt Spelsberg zu bedenken.
Zudem seien die Register- und Beobachtungsstudien, die den Behörden als Grundlage dienen, «grundsätzlich sehr anfällig für eine Risikoverfälschung.» Denn beim Vergleich von Gruppen geimpfter mit Gruppen ungeimpfter schwangerer Frauen würden die Unterschiede in solchen Studien «verwässert». «Daher bieten sie keine verlässliche Entscheidungsgrundlage für eine Impf-Empfehlung in der Schwangerschaft und Stillzeit», urteilt Spelsberg.
Bisher kein Verhandlungstermin
Zusammen mit einer Gruppe von Chemieprofessoren und Wissenschaftlern aus anderen Fachrichtungen stellten Spelsberg und Keil mehrere Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz sowohl bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA als auch beim deutschen Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Auf ihrer Website «impfen-wer-will» sind die Vorstösse nachzulesen.
Die beiden Epidemiologen verlangten von der EMA Einsicht in amtliche Informationen zur Schwangeren-Studie von Pfizer und vom PEI zur Phase-I-Studie des Impfstoffs von Biontech. Diese erste Studie an Menschen fand in Deutschland unter Aufsicht des PEI statt.
Das PEI ist in Deutschland für die Zulassung und Überwachung von Impfstoffen zuständig. Es müsste wissen, wo und wie lange der mRNA-Impfstoff in welchen Organen verbleibt, und es müsste auch die toxikologischen Daten kennen, die der Hersteller vor Beginn dieser Studie vorlegte – Daten von grosser öffentlicher Bedeutung, wie Spelsberg und Keil betonen.
Doch: «Das PEI mauerte. Unser Klage nach dem Informationsfreiheitsgesetz gegen das PEI ist seit über zwei Jahren beim Verwaltungsgericht Darmstadt hängig. Bisher gab es keinen Verhandlungstermin. Das Informationsfreiheitsgesetz wird so ausgehebelt», sagt Spelsberg.
«Nahezu keine Informationen über Schwangerschaftskomplikationen»
Bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hakten Spelsberg und Keil mehrmals nach. Im März 2022 – über ein Jahr nach Beginn der Covid-Impfungen – hielten sie in ihrem Brief fest: Es gebe im Zusammenhang mit einer Covid-mRNA-Impfung während der Schwangerschaft oder der Stillzeit «nahezu keine Informationen über sehr wichtige Schwangerschaftskomplikationen, zum Beispiel fetaler Tod im Mutterleib, Totgeburten, Missbildungen, ektopische Schwangerschaften [Eileiter-Schwangerschaften – Anm.d.Red.], Erkrankungen des Neugeborenen oder Säuglings sowie zur Neugeborenen- und Säuglingssterblichkeit oder anderen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen».
Die Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts
Infosperber bat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am 10. Februar 2024 um Antworten auf mehrere Fragen. Neun Tage später antwortete das PEI.
- Frau Dr. Spelsberg und Herr Prof. Keil haben das PEI um Herausgabe von Studiendaten ersucht. Trifft es zu, dass das PEI in dieser Sache bisher keine Daten herausgegeben hat?
- Falls ja: Mit welcher Begründung? Was spricht dagegen, sie herauszugeben?
- Trifft es zu, dass das Ganze nun vor dem Verwaltungsgericht anhängig ist und es bisher keinen Verhandlungstermin in dieser Sache gab?
Antwort PEI: «Sie konkretisieren in den Fragen nicht, auf welchen konkreten Vorgang sie sich beziehen. Sollte es sich tatsächlich um ein Verfahren handeln, das vor dem Verwaltungsgericht anhängig ist, würde das Paul-Ehrlich-Institut dazu aus rechtlichen Gründen keine Auskunft geben.»
Infosperber hat dem PEI nun das Aktenzeichen mitgeteilt und wo die entsprechenden Dokumente beim PEI im Computer abgelegt sind. Die Antwort steht aus. - Liegen dem PEI die Resultate der Phase-I-Studie (der ersten am Menschen überhaupt) zur Biodistribution (Verteilung des Impfstoffs im Körper) mit dem mRNA-Covid-Impfstoff von Pfizer vollumfänglich vor?
Antwort PEI: «Die Phase-1/2-Daten, die im Rahmen der Zulassung vorgelegt wurden, enthalten keine Daten zur Biodistribution. Alle COVID-19-Impfstoffe wurden in einem zentralisierten Zulassungsverfahren, koordiniert von der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA), zugelassen und können in den EU- Mitgliedstaaten inklusive der EWR-Staaten eingesetzt werden. Die Hoheit über die Zulassungsunterlagen liegt bei der EMA. Das Paul-Ehrlich-Institut hat wie alle anderen für Arzneimittelzulassung zuständigen regulatorischen Behörden in der EU vollumfänglich Zugang zu allen für die Zulassung eingereichten Dokumenten.»
Die Antwort lässt offen, ob das PEI die Daten auch angefordert und ausgewertet hat. Es verweist in seiner Antwort weiter auf den Bericht der EMA zum Pfizer-Impfstoff.
Die Darstellung des PEI widerspricht Aussagen, die der Leiter des PEI im Dezember 2021 gegenüber dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» machte. Dort sagte er:
«Wir wurden sehr frühzeitig von den Impfstoffentwicklern kontaktiert, die die mRNA-Impfstoffplattform nutzen. Teilweise fanden kurzfristig – manchmal innerhalb von nur drei Tagen – wissenschaftliche Beratungen und Diskussionen zu den Entwicklungsplänen der Vakzine und unseren regulatorischen Anforderungen statt. Im Wesentlichen war die gesamte Welt der Impfstoffentwickler über das Jahr beim Paul-Ehrlich-Institut und hat unseren Rat eingeholt. Insofern haben wir schon geglaubt, dass diese Unterstützung bei der Entwicklung schnell zum Ziel führen könnte. […] Wir haben beispielsweise priorisiert, welche nicht klinischen Versuche müssen vor der Erstanwendung am Menschen stattfinden, welche können parallel zur ersten klinischen Prüfung laufen.»
Folglich traf das PEI die Entscheidungen. Spelsberg und Keil zufolge hatte es auch die Aufsicht über die Phase-I-Studie. - Wann hat Biontech/Pfizer erstmals mit dem PEI Kontakt aufgenommen bezüglich der Durchführung einer Phase-I-Studie?
Antwort PEI: «Öffentlich zugängliche Informationen zu klinischen Prüfungen finden Sie im europäischen Clinical Trials Information System (CTIS). Darüber hinausgehende Informationen sind Gegenstand behördlicher Genehmigungsverfahren und unterliegen besonderen Vertraulichkeitsregeln.»
Aus andernorts freigeklagten Unterlagen geht hervor, dass mindestens am 6. Februar 2020, möglicherweise schon früher, ein «wissenschaftliches Beratungstreffen» zwischen dem PEI und dem Hersteller Biontech stattfand. Zur Erinnerung: Ausgerufen wurde die Pandemie am 11. März 2020. - Wie viele Vorbereitungsgespräche haben das PEI und Pfizer/Biontech geführt, bevor Pfizer/Biontech einen Antrag auf Durchführung der Phase-I-Studie stellte?
Antwort PEI: «Informationen zu individuellen wissenschaftlichen Beratungen (Scientific Advice) des Paul-Ehrlich-Instituts unterliegen besonderen Vertraulichkeitsregeln. Siehe hierzu auch Antwort auf Frage 6.»
Das PEI wird mit Steuergeldern finanziert, auch die Kosten für die Impfstoffe und indirekt auch die Kosten für die Studien wurden von den Steuerzahlenden getragen. - Liegen dem PEI die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen mit diesem Impfstoff vollumfänglich vor?
Antwort PEI: «Siehe Antwort auf Frage 4.»
In dieser Antwort auf Frage 4 sagt das PEI nicht, ob ihm die Daten vollumfänglich vorlagen, sondern nur, dass es vollumfänglich Zugang gehabt hätte. - Fanden die toxikologischen Experimente an Tieren vor Beginn der Studien an Menschen statt und lagen dem PEI diese Ergebnisse zu diesem Zeitpunkt vollumfänglich vor?
Das PEI verweist hier erneut auf den Bericht der EMA zum Pfizer-Impfstoff. Weitere Antwort des PEI:
«Das Paul-Ehrlich-Institut hatte ebenso wie die anderen regulatorischen Behörden in der EU während des gesamten Zulassungsprozesses Zugriff auf die jeweils eingereichten Unterlagen. Auskunftsverpflichtete Behörde ist jeweils die aktenführende, d. h. diejenige Behörde, die die rechtliche Verfügungsbefugnis über die ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit zugegangenen Informationen hat. In zentralisierten Zulassungsverfahren ist die Europäische Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) die nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 für die Durchführung des Zulassungsverfahrens zuständige Behörde.» - Waren die entsprechenden Experimente an Tieren abgeschlossen, bevor der Impfstoff erstmals an Menschen getestet wurde?
Antwort PEI: «Vor der Erstanwendung am Menschen lagen die erforderlichen Daten aus den Tierexperimenten für die Bewertung der Sicherheit der Anwendung der Impfstoffe beim Menschen vor.»
Im Bericht der EMA wird nebst anderen Experimenten, die aus Sicht dieser Behörde nichts Beunruhigendes ergaben, auf Seite 54 eine «neu übermittelte Studie» mit der Nummer 185350 erwähnt. Wann diese Studie eintraf, steht dort nicht. Diese Studie an Ratten zeigte, dass sich die Lipidnanopartikel, die Bestandteil des Pfizer-Covid-Impfstoffs sind, im ganzen Rattenkörper verteilten (mehr dazu in Teil 1 dieses Artikels und in den noch folgenden Teilen). Aus andernorts freigeklagten Studienunterlagen geht hervor, dass diese Studie am 16. Juli 2020 begann, am 24. September 2020 waren die Experimente abgeschlossen und am 5. November 2020 unterschrieb der Studienleiter die Studie. Zu diesem Zeitpunkt im November waren bereits rund 19’000 Personen in der Phase-III-Studie ein- oder zweimal geimpft worden. Die Phase-I-Studie an Menschen hatte bereits am 23. April 2020 begonnen.
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➞ Lesen Sie demnächst Teil 4.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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