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Hitzewellen sind für ältere Menschen besonders belastend. © Depositphotos

Der Klimawandel verschärft Diabetes

Daniela Gschweng /  Hitzewellen begünstigen Diabetes und verschlimmern die Krankheit. Besonders betroffen sind China, Indien und die USA.

Jeder zehnte Erwachsene weltweit hat Diabetes. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein, weil noch immer viele Erkrankungen unerkannt bleiben. Laut der International Diabetes Federation (IDF) könnte sich die «globale Epidemie» zu einem der grössten Gesundheitsprobleme der Welt entwickeln. Bis 2045 rechnet die Organisation mit einem Anstieg auf zwölf Prozent der Weltbevölkerung.

Ein Grund: der Klimawandel. Hitzewellen treten häufiger auf und dauern länger. Sie machen Diabetes unberechenbarer und gefährlicher, vor allem in stark betroffenen Ländern.

Die Zahl der Diabeteskranken hat sich seit 1990 vervierfacht

Seit 1990 hat sich die Zahl der Diabetiker weltweit laut WHO vervierfacht. Besonders betroffen sind China, Indien und die USA. Neben der Erwärmung spielen ungesunde Ernährung, Übergewicht und eine alternde Bevölkerung eine Rolle. Im Verdacht, Diabetes zu fördern, stehen dazu Umweltverschmutzung und Umweltchemikalien.

Diabetes Entwicklung 2045 IDF
Die Zahl der Diabeteskranken weltweit könnte bis 2045 auf 783 Millionen Personen steigen.

Eine US-Studie von 2017 zeigt: Pro Grad globaler Erwärmung könnten allein in den USA jährlich über 100’000 neue Diabetesfälle auftreten. Die Forschenden vermuten einen Zusammenhang mit dem Fettstoffwechsel, berichtet «Yale Climate Connections».

Diabetes kommt hauptsächlich in zwei Formen vor: Typ 1 und Typ 2. Während der Körper bei Typ 1 nicht genügend Insulin produziert, was schon im Kindesalter auffällt, entwickelt sich Typ 2 häufig erst im Alter. Der Körper kann Insulin dann zunehmend schlechter nutzen. Bei der Entwicklung des weit häufigeren Diabetes Typ 2 spielen Umwelteinflüsse eine der Hauptrollen. Die Erkrankung kann mild und sogar unbemerkt verlaufen, aber auch schwere Schäden verursachen. In jüngster Zeit tritt Typ 2 auch bei Kindern und Jugendlichen auf.

Warum Hitze für Diabetiker gefährlich ist

Hitzewellen belasten Menschen mit Diabetes besonders, weil ihre Wärmeregulierung eingeschränkt ist. Sie schwitzen weniger und haben eine schlechtere Hautdurchblutung. Dehydrierung und Kreislaufprobleme treffen diese Kranken stärker.

Viele Betroffene trinken zu wenig, weil das Durstgefühl im Alter nachlässt. Einige nehmen Medikamente, die die Körpertemperatur beeinflussen, etwa Beta-Blocker, Diuretika oder Antidepressiva. Medikamentendosierungen werden schwieriger. Der Blutzuckerspiegel schwankt stärker, Unter- und Überzucker treten häufiger auf.

Mehr Krankenhausaufenthalte durch Hitze

Das ist nicht nur belastend, sondern auch gefährlich. Eine Studie aus Kuwait, die Daten aus zwei aufeinanderfolgenden Jahren untersuchte, zeigte: An besonders heissen Tagen gab es 282 zusätzliche Diabetes-bedingte Krankenhausfälle. Feinstaub könnte das Problem verstärken, indem er Gefässe schädigt und Entzündungen fördert, sagt der Hauptautor der im Fachmagazin BMJ publizierten Studie gegenüber «Yale Climate Connections».

Die Autoren einer chinesischen Untersuchung von 127’000 Diabetes-Todesfällen warnen: Unter einem ungünstigen Klimaszenario könnte sich ihre Zahl in China bis 2090 verachtfachen.

Die Gesundheitsversorgung muss sich anpassen

Besonders in weniger wohlhabenden Ländern sind die Folgen gravierend. Diabetes Typ 2 lässt sich durch gesündere Lebensweise vermeiden, lindern oder beseitigen. In der Praxis gelingt das vielen Betroffenen nicht. Die Diagnose bedeutet deshalb in der Regel, dass Erkrankte lebenslang Medikamente brauchen und mit ihrer Gesundheit achtsam umgehen müssen.

Wegen der Krankheit und ihren Nebenerscheinungen müssen die Betroffenen regelmässig ärztlich betreut werden, was die Gesundheitssysteme fordert und die Erkrankten oft vor finanzielle Probleme stellt. Einige Erkrankte, die auf körperliche Arbeit angewiesen sind, können nicht mehr arbeiten, vor allem bei Hitze.

Charles Leonard von der University of Pennsylvania, Hauptautor der oben erwähnten US-Studie, fordert politische Massnahmen: Frühwarnsysteme, mehr ärztliche Betreuung bei Hitzewellen, verstärkte Nutzung von Telemedizin.

Vulnerablen Personen wird geraten, sich bei Hitze in klimatisierten Räumen aufzuhalten, locker sitzende Kleidung zu tragen und viel zu trinken. Ärzte sollten Medikamentendosierungen regelmässig überprüfen.

«The Lancet» und «Nature» warnten in einer Serie schon 2021 vor den Gesundheitsrisiken von Hitze. Doch die Anpassung stockt. «Infosperber» berichtete 2021: Der Gebäude- und Städtebau hält mit der Erwärmung nicht Schritt. Altersheime brauchen Klimaanlagen, Wohnhäuser und Städte müssen besser an Hitze angepasst werden.


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10 Meinungen

  • am 28.03.2025 um 09:26 Uhr
    Permalink

    Die meisten Fälle von Diabetes sind vermeidbar bei verantwortungsvollem Konsum von Zucker.

  • am 28.03.2025 um 12:04 Uhr
    Permalink

    Das Problem ist doch offensichtlich der LEBENSWANDEL! Hier wären hauptsächlich präventive Verhaltensänderungen zielführend. Sie reiten einen lahmenden Gaul, wenn Sie den Klimawandel nun auch noch für die (vielfältigen) Probleme eines vom Typ2- Diabetes betroffenen verantwortlich machen. Der allseits anerkannte Krankheitsminister der BRD hat ja auch schon intensiv versucht, das Narrativ der Klima-Hitzetoten zu befeuern . War dann der kälteste Sommer der letzten Jahre…

  • am 28.03.2025 um 12:10 Uhr
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    Das sieht doch stark nach Klimaaktivismus aus. Der Anstieg von Diabetes hat doch sicher viel mehr mit Essgewohnheiten, sprich Übergewicht und Bewegungsmangel zu tun.

  • am 28.03.2025 um 13:50 Uhr
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    Die Ursachen für den Typ 1 sind bis heute unklar.

    Der sog. Typ 2 wird verursacht durch falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Trägheit. Vor allem durch einen zu hohen Konsum von raffiniertem weißen Zucker, der in sehr vielen industriell gefertigten Nahrungsmitteln steckt. Besonders bei Männern, deren Bauchumfang über 100 cm geht. Aber auch viele jüngere Frauen, die stark übergewichtig sind, sind betroffen. Gehen Sie mal in eine diabetische Schwerpunktpraxis in einer Großstadt wie Berlin, dann wissen Sie, dass Diabetes aber auch gar nichts mit dem vermeintlichen «Klimawandel» zu tun hat.

    Aber natürlich ist das schön, wenn man nun den Klimawandel verantwortlich machen kann. Das freut die Nahrungsmittelindustrie in Gänze und vor allem die Zuckerindustrie im Besonderen.

    Immanuel Kant: «Sapere aude! … Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, … gerne zeitlebens unmündig bleiben…» (aus der Schrift «Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?»)

    • Portrait Daniela Gschweng.Michael Conny Geiger x
      am 28.03.2025 um 17:00 Uhr
      Permalink

      Sehr geehrter Herr Wolter, ich schreibe nicht «Der Klimawandel verursacht Diabetes» sondern «Der Klimawandel verschärft Diabetes». Weil es heisser wird. Dass das auf die Klimakrise zurückzuführen ist, bezweifeln Sie wohl nicht. Tatsächlich gibt es bereits jetzt mehr Diabeteskranke als erwartet. Die Klimakrise ist da sicher nicht die einzige Ursache. Es ist gut, dass Forschende dem nachgehen und Zusammenhänge erforschen. Schlechte Ernährung wiederrum gibt es ja auch nicht erst seit 20 Jahren und die Folgen werden seit Langem erforscht.

  • am 28.03.2025 um 18:28 Uhr
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    Mich stört etwas, dass Infosperber unentwegt von Klimawandel spricht. Das richtigere Wort wäre Klimakrise. Ein besser passendes Wort habe ich noch nicht gefunden. Dem Klima ist alles egal, es findet einfach statt. Vielen Lebewesen geht es allerdings nicht gut, wenn das Klima ändert, die Diabetiker sind mitgemeint. Ich suche nach einem Wort, welches nicht das Klima in den Fokus setzt, sondern alle Betroffenen.

  • am 28.03.2025 um 20:06 Uhr
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    Klar, deshalb haben afrikanische Länder auch die niedrigsten Diabetes-Raten der Welt… Diese Klimapanik bringt doch nichts. Das ist ein vernachlässigbarer und kaum beeinflussbarer Faktor.

  • am 28.03.2025 um 22:32 Uhr
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    Die Ursachen für Diabetes II sind nicht Hitze oder längere Hitzeperioden, sondern Fehlernährung, Bewegungsmangel und Stress. Die Hitze sorgt ohne Frage für schwerere Verläufe und erschwert die Behandlung, doch das gilt für die meisten Krankheiten und ist eine Binsenweisheit. Bei noch steinzeitlich lebende San und Aborigines in den heißesten und trockensten Gebieten Afrikas und Australiens ist Diabetes II unbekannt, trotz der hohen Temperaturen. Diabetes II korreliert zweifelsohne mit der Explosion des Körpergewichts seit den 50iger Jahren durch Überernährung mit schnell verfügbaren billigen Kohlenhydraten und der «Grünen Revolution» die hoch ertragreiche Neuzüchtungen von Reis und Weizen in die hungergeplagten Entwicklungsländer brachte. Unser jahrtausendelang an karge ballaststoffreiche Nahrung und viel Bewegung gewöhnter Stoffwechsel kommt mit diesem Überangebot und der fehlenden körperlichen Herausforderung nicht zurecht; Hitze hin oder her.

  • am 29.03.2025 um 08:47 Uhr
    Permalink

    Ach, der Klimawandel! Der wahre Sündenbock. Und jetzt, höre ich sogar von Experten, dass der Klimawandel der wahre Grund für steigende Diabetes-Zahlen ist! «Ein Grund, der Klimawandel…», oder «neben der Erwärmung…» – welch brillanter, fundierter Artikel! Die Wissenschaft hat gesprochen, und wer könnte diesem unerschütterlichen Wissen widersprechen? Typ 2 Diabetes wird hauptsächlich durch Vererbung und einen ungesunden Lebensstil verursacht. Hat ein Elternteil die Krankheit, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Nachwuchs erkrankt, bei bis zu 50 %, bei beiden Elternteilen bei bis zu 80 %. Zu den Risikofaktoren gehören falsche Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel und höheres Lebensalter. Auch immer mehr Kinder und Jugendliche sind betroffen. Im Gegensatz dazu ist Typ 1 Diabetes eine Autoimmunerkrankung ohne starke erbliche Veranlagung, deren Ursachen noch nicht vollständig erforscht sind. Umweldeinflüsse haben immer einen Einfluss, wie die Psyche.

  • am 30.03.2025 um 15:30 Uhr
    Permalink

    Zum Glück macht die Pharmaindustrie seit Jahren keine riesigen Gewinne mit Diabetes. Sonst müsste die Pharmaindustrie noch Marketing betreiben.

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