Aufwertung der Hausärzte dient der Gesundheit und spart Kosten
Das US-Gesundheitssystem ist ein undurchdringlicher Dschungel. Mit dem „Affordable Care Act“ schaffte die Obama-Regierung zwar ein Bundesgesetz, das einem Grossteil der Bevölkerung Zugang zu einer Krankenversicherung verschaffen soll, doch die sogenannte Obamacare ist unter Präsident Trump unter Dauerbeschuss. Kein Wunder, wittern zahllose Mitspieler neue Geschäftsfelder.
Eines der vielversprechendsten Unternehmen im Umfeld von Obamacare ist Aledade. Der Gründer Farzad Mostashari war nationaler Koordinator für Informationstechnologie im Gesundheitsdepartement unter Barack Obama. Seit 2014 hat der Arzt für sein Start-up rund 75 Millionen Dollar Investitionsgelder aufgebracht. Seine Agenda ist ambitiös: Mostashari will Gesundheitskosten reduzieren und gleichzeitig die Resultate der Behandlungen verbessern. Eine wichtige Rolle dabei spielen Hausärzte, deren Praxen durch falsche Anreize des US-Gesundheitssystems bedroht sind. Der ambitiöse Plan scheint aufzugehen.
Der Journalist Farhad Manjoo von der New York Times hat sich das Wunder mit eigenen Augen angesehen. Die zwei nach dem Aledade-Modell umgebauten Praxen, die er in Kansas besuchte, verdienen nicht nur mehr Geld, auch der Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten verbesserte sich.
Überflüssige Behandlungen ausmerzen
Mostasharis Rezept ist einfach: Man müsse nur die Bedürfnisse der Gesellschaft, der Ärztinnen und Patienten auf eine Reihe bringen. So reduziert das Aledade-Modell die ungeplanten Wiederaufnahmen in Spitäler sowie teure Konsultationen von Spezialisten, merzt Unnötiges aus und verbessert gleichzeitig die Behandlungsqualität. Alles was es dazu als erstes braucht, ist gute Software.
Das US-Gesundheitssystem ist ein veritabler Irrgarten, in dem sich Kranke durch Arztpraxen und Spitäler bewegen, ohne dauerhafte Spuren zu hinterlassen. Keiner behält den Überblick – schon gar nicht die zuständigen Hausärzte. Die Aledade-Software verfolgt diese Spuren und sammelt relevante Informationen. So wissen Ärztinnen, welche Spezialisten eine Patientin aufgesucht hat, was für Tests angeordnet wurden und – ganz wichtig – wie viel die verschiedenen Behandlungen das Gesundheitssystem kosten.
Hausarzt behält den Überblick in Notfällen
Wurde beispielsweise eine Herzpatientin im Notfall aufgenommen, fand das der Hausarzt möglicherweise erst Wochen später heraus. Mit dem Aledade-Modell wird er sofort benachrichtigt und kann so unnötige Eingriffe stoppen oder die Nachsorge organisieren. Damit werden teure Wiederaufnahmen nachweislich reduziert und für Patienten sind die Informationen bei der Navigation durch das Gesundheitssystem äusserst hilfreich.
Das Aledade-Modell ist in bislang 15 Staaten eingeführt, in mehr als 1’200 Arztpraxen. Es braucht allerdings mehr als nur gute Software, um Ärztinnen von den Vorteilen des Modells zu überzeugen. Deshalb hat Aledade eine grosse Zahl von Leuten angeheuert, die Arztpraxen besuchen und Hausärztinnen und -ärzten Schulung und Rat anbieten.
Gutes Gesundheitsmanagement wird belohnt
Aledade verdient nur Geld, wenn es die Gesundheitskosten senkt. „Sagen wir, Medicare budgetiert 100 Millionen Dollar im nächsten Jahr für unsere Patienten in Kansas“, rechnet Mostashari vor. „Der grösste Teil davon ist für Dinge wie Spitalaufenthalte, Komplikationen – ungute Dinge eben. Dann sagen wir, wir arbeiten mit den Hausärzten, um diese unguten Dinge zu vermeiden, und wir erhöhen gleichzeitig die Qualität der Behandlung. So sparen wir Geld für Medicare. Sparen wir zehn Millionen, erhält Medicare die Hälfte, die andere Hälfte geht an Aledade, und wir teilen sie mit den Hausärztinnen und Hausärzten.“
In seinem ersten Jahr hat Aledade viele teure Prozeduren verhindern können, Medicares Vorgaben jedoch nicht ganz erreicht. Aber das Ziel ist in Sicht. Die Zahlen für das zweite Jahr werden im Oktober vorliegen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Die Medizin ist Heilkunst und dient als solche nicht der Gesundheit. Heilen hat so überhaupt nichts mit der subjektiven Kategorie Gesundheit zu tun, erzeugt folglich auch keine Gesundheitskosten. Man errät es leicht, Medizin erzeugt medizinische, der Gesundheitsschutz in Form von Prävention erzeugt Gesundheitskosten. Gesundheit und deren Kosten kommen vor, Medizin und deren Kosten nach der Krankheit.
Die Politik, die Krankenkassen, die Spitäler, die Medtech- und Pharmaindustrie sowie eine grosse Zahl von Ärzten wollen an die Patientendaten. Der TA berichtete am 18. Februar, dass Leuthard, Schneider-Ammann, die Chefs von Roche, Swisscom, Givaudan u.a. sich zum Thema trafen und einig waren. Rechtsprofessorin Franziska Sprecher, Bern stellt klar, dass die Daten den Patienten gehören. Was geschieht mit den Daten? Risikopatienten werden erkennbar, Patienten die sich nicht optimal gesund verhalten werden sichtbar. Da sich der Kostendruck laufend erhöht, wird sich der „Massnahmendruck“ gegenüber dem Patienten ebenfalls erhöhen und dies in einem Gesundheitssystem, indem man per Gesetz und Prämie dabei sein muss. Gerade die Gesundheit ist ein besonders sensibler Bereich indem der Datenschutz enorm wichtig ist für den Einzelnen!
Neben der Aufwertung der hausärztlichen Tätigkeit (besser entlöhnen, Bürokratie reduzieren) muss die Ausbildung von Spezialisten, v.a. in den operativen und invasiven Fächern dramatisch eingeschränkt werden. Denn: diese tun, was sie am liebsten tun (Eingriffe durchführen, auch unnötige…). Leider geht die Tendenz in der Schweiz in die komplett verkehrte Richtung.
Aus diesem Artikel wird leider nicht klar, worin die Verbesserung in der Behandlung der Patienten besteht. Klar wird einzig, dass Kosten gespart werden und dass für den Hausarzt ein direkter finanzieller Anreiz geschaffen wird, die Anzahl der Behandlungen zu minimieren. Die Vernetzung der Daten eines Patienten alleine führt meiner Meinung nach nur zu einer Verbesserung der Behandlung durch den Hausarzt, wenn ein Hausarzt das Wissen besitzt, diese auch zu interpretieren. Wo und ob eine Verbesserung in der Ausbildung der Hausärzte stattfindet, wird nicht erwähnt. Zudem werden in diesem Artikel etwas salopp meiner Meinung nach die Begriffe Komplikationen und Spitalaufenthalte verwendet im Sinne von vermeidbaren Ereignissen. Zu ersterem ist zu sagen, dass Komplikationen normale medizinische Vorkommnisse bezeichnen, die natürlicherweise auftreten und daher gegeben sind….wer von sich behauptet, Komplikationen vermeiden zu können, ist per sehr unglaubwürdig. Komplikationen können nur frühzeitig erfasst und gut behandelt kostengünstiger therapiert werden… Spitalaufenthalte sind ebenfalls nicht per se zu vermeiden…..eine frühzeitige umfassende Spital Behandlung kann ebenfalls Kosten senken…und Leiden vermeiden nebenbei erwähnt…… wenn dadurch Langzeitschäden an der Gesundheit verhindert werden…..
Wow. Wenn die Kommentare besser sind als der Artikel. Mir gefällt vor allem der Kommentar von Anna Baur und Patrick Jetzer. Ohne die Argumente der beiden im Artikel mit einzubeziehen ist der Artikel praktisch nutz- und informationslos.
Beim Komplikationen sind stets die vermeidbaren gemeint. In der Schweiz sind dies nach Angaben des Bundesamts für Gesundheit in den Spitälern etwa die Hälfte. Eine Triage der Hausärzte führt erwiesenermassen zu weniger nicht indidizierten und unnötigen Behandlungen in Spezialpraxen und in Spitälern. Die Schweiz ist mit Ausnahme von Deutschland und Österreich das einzige Land in Europa, in dem die erste Anlaufstelle nicht die Hausärzte sind (Ausnahmen: Frauen- und Kinderärzte). Es gibt keine wissenschaftliche Studie, laut der dieses Gate-Keeper-Modell mehr Nachteile als Vorteile hätte.