Mann mit Maske

In dem Experiment sollten die Teilnehmer 14 Tage lang im öffentlichen Raum eine Maske tragen. © BalkansCat / Depositphotos

Masken: Kurzfristig drei Prozent weniger Erkältungen

Martina Frei /  Eine 14-tägige Studie unter realen Bedingungen stuft den Selbstschutz als mässig ein. Auch der Glaube an die Masken half.

«Zweifeln Sie, wie gut Gesichtsmasken nützen? Das tun wir auch.» Mit dieser Botschaft warben Wissenschaftler im norwegischen ÖV für ihre Studie. Rund 4600 Personen meldeten sich daraufhin und wollten mitmachen.

Das Experiment sollte möglichst nah an der «Corona-Realität» sein. Zum Nutzen der Masken habe es auch unter Wissenschaftlern «hitzige Debatten» mit «unvereinbaren Ansichten», «persönlichen Angriffen» und «unfreundlichen Formulierungen» gegeben, bedauern die Forscher im «British Medical Journal».

Auflagen ähnlich wie in der Corona-Pandemie

Per Los wurde bestimmt, dass rund die Hälfte der Teilnehmenden 14 Tage lang chirurgische Gesichtsmaske trugen. Wenn sie einkauften, den ÖV benützten oder sonst unter Menschen gingen, sollten sie die Maske jeweils aufsetzen. 50 Stück gab’s dafür gratis. Es wurde aber nicht verlangt, dass die «Masken-Gruppe» auch bei der Arbeit oder zu Hause eine Maske aufsetzte.

Die andere Hälfte der Teilnehmenden trug bei diesem Experiment, das während der Grippesaison 2023 in Norwegen stattfand, keine Maske. 

Nach 17 Tagen wurden alle Teilnehmenden befragt: Wer hatte Erkältungssymptome?

Rund drei Prozent weniger Erkältungen

Mit Maske waren es 8,9 Prozent, ohne Maske 12,2 Prozent. Allerdings besuchten mehr Teilnehmende ohne Maske kulturelle Veranstaltungen, wo sie sich möglicherweise eher ansteckten als die (ferngebliebenen) Personen mit Maske. 

Die Studienautoren rechneten das Ergebnis hoch: Wenn 100’000 Personen im Winter zwei Wochen lang im öffentlichen Raum Maske tragen würden, könnte dies rund 3300 Personen eine Erkältung ersparen. 96’700 Personen hätten folglich keinen Gewinn, würden aber Maskenmüll produzieren.

Weniger Erkältungen bei denen, die an die Maske glaubten

Allerdings schien auch die eigene Überzeugung bei den Studienteilnehmenden eine Rolle zu spielen. Denn Teilnehmende, die schon vor der Studie vom Nutzen der Masken überzeugt waren, meldeten eindeutig weniger Infekte als diejenigen, die sowieso nicht an die Masken glaubten. 

Immerhin hatte das Masketragen in dieser kurzen Zeit kaum negative Effekte. Zu den unerwünschten Wirkungen zählte, dass sich einige Maskenträger – in einer Öffentlichkeit ohne Masken – blöd vorkamen und immer wieder dumme Sprüche anhören mussten. Weniger als zwei Prozent nannten Müdigkeit infolge erschwerter Atmung, schlechten Sitz oder beschlagene Brille als Nachteile. 

Geringer Aufwand, wenig Kosten

Der Nutzen des Masketragens «war mässig, aber [es] ist eine einfache Massnahme mit geringem Aufwand und relativ niedrigen Kosten, und es ist eine von mehreren […] Massnahmen, die zur Verringerung der Ausbreitung von Atemwegsinfektionen in Betracht gezogen werden können. […] Sicherlich geben unsere Ergebnisse keine endgültige Antwort auf die Frage nach dem Nutzen von Gesichtsmasken», lautet das Fazit der Forscher, zu denen der Epidemiologe Lars Hemkens von der Universität Basel zählt. 

Nun brauche es weitere Studien, finden die Wissenschaftler. Zum Beispiel zur Frage, wie gross der Fremdschutz sei, wenn man also selbst ansteckend ist und die Maske trägt, um andere zu schützen. Oder zur Frage, wie nützlich Masken für ältere Personen oder für kranke Menschen seien.  

«Unser Wissen über das Immunsystem ist so primitiv»

Kaum war die Studie am 24. Juli erschienen, meldete sich tags darauf der bekannte US-Mediziner und Professor für Klinische Epidemiologie Vinay Prasad auf «Substack» zu Wort. Zuerst lobte er die Studienautoren für ihre randomisierte Studie (siehe Kasten unten). Sie hätten gezeigt, dass es möglich sei, solche aussagekräftigen Studien durchzuführen.

Dann holte Prasad aus: «In den letzten vier Jahren haben wir weltweit eine der grössten Propagandakampagnen erlebt, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Masken funktionieren.» Möglicherweise habe die Studie also in Wahrheit bloss einen Placeboeffekt festgestellt, argumentierte Prasad. 

Ausserdem sei es ungewiss, ob es auf Jahre hinaus wirklich der Gesundheit diene, Erkältungen mit Hilfe von Masken fernzuhalten: «Unser Wissen über das Immunsystem ist so primitiv, dass wir keine Ahnung haben, welche Auswirkungen die jährlichen Atemwegserkrankungen haben.»

Prasads Fazit: «Wenn Ihnen jemand sagt, dass diese Studie beweist, dass das Tragen von chirurgischen Masken funktioniert, hat er nur erfolgreich bewiesen, dass sein Gehirn nicht funktioniert.»

«Hoffentlich werden wir eines Besseren belehrt»

Am 27. Juli konterte der US-Medizinprofessor Adam Cifu von der Universität Chicago, ebenfalls auf «Substack». Vinay Prasad verrenne sich. Das sei «ein gutes Beispiel dafür, wie unsere Vorurteile beeinflussen, wie wir die medizinische Literatur interpretieren. Wenn Sie diese Studie in der Überzeugung lesen, dass Maskentragen nutzlos ist, können Sie die Ergebnisse abtun, wie Vinay es tat. Wenn Sie davon ausgehen, dass Maskentragen wahrscheinlich einen sehr geringen Nutzen hat, unterstützt diese Studie Ihre Ansicht.»

Einen Tag später erschien Prasads humorvolle Replik auf «Substack», in der er auf dem Placeboeffekt beharrte und die Stellungnahme eines weiteren Wissenschaftlers in den kommenden Tagen ankündigte …

Die Autoren der norwegischen Studie hatten bereits geahnt, dass ihre Ergebnisse die «Maskendebatte» nun wieder befeuern könnten. Mit Blick auf die wohl wiederaufflammenden Diskussionen schreiben sie: «Wir erwarten […] nicht die wissenschaftliche Debatte, die wir uns wünschen und anstreben würden. Hoffentlich werden wir eines Besseren belehrt.»

Vergleich mit der WHO-Maskenstudie

Die von der WHO gesponserte Masken-Meta-Analyse, die 2020 in «The Lancet» erschien und als Argument für die Maskenpflicht diente, postulierte eine absolute Differenz von 14,3 Prozent weniger Infektionen dank der Masken. Diese Meta-Analyse beruhte auf mehreren Dutzend sogenannten Beobachtungsstudien. Infosperber berichtete mehrmals über die Tücken von Beobachtungsstudien.

Eine Übersichtsarbeit, die 12 sogenannte randomisierte Studien einschloss (dabei werden die Teilnehmenden per Los einer Gruppe zugeordnet), kam dagegen zum Schluss, dass Masken gegen grippe-ähnliche Erkältungen nur einen «geringen oder gar keinen Effekt» haben. Randomisierte Studien gelten im Allgemeinen als aussagekräftiger als Beobachtungsstudien.

Das Ergebnis der randomisierten, norwegischen Studie jetzt liegt mit einer absoluten Differenz von rund drei Prozent zwischen diesen beiden Polen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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5 Meinungen

  • am 3.08.2024 um 10:29 Uhr
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    Nach der spanischen Grippe wurden die Masken geprüft und siehe da, ein Aerosol kann nicht mit mechanischen Mitteln gefiltert werden.
    NB: Einem luftdurchlässigen Kondom würden wir nicht benützen obwohl Spermien massiv viel grösser sind als Viren.

    • am 4.08.2024 um 16:35 Uhr
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      Die FFP-Masken sind schon etwas raffinierter. Der interne Kunststofffliess ist permanent elektrostatisch aufgeladen – ein sogenannter Electret. Somit wirkt es wie ein elektrostatischer Partikelfilter und zieht auch die kleinen Aerosol-Bestandteile an, so dass die dort kleben bleiben obwohl die Zwischenräume zwischen den Fasern sehr viel grösser sind als diese Partikel.

  • am 3.08.2024 um 15:18 Uhr
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    Wer an einen Nutzen der Maßnahme glaubt, soll diese persönlich umsetzten dürfen.
    Wer nicht daran glaubt, muss in Ruhe gelassen werden.
    Das sollte in allen medizinischen Belangen gelten und ist mit den anerkannten medizinethischen Standards wie beispielsweise Ottawa-Charta oder Genfer Gelöbnis vereinbar.
    Jeglicher Druck auf Individuen, wie wir ihn durch die Corona-Politik erleben mussten, ist m.E. grundsätzlich abzulehnen.

  • am 3.08.2024 um 17:16 Uhr
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    Vinay Prasad führt ein sehr wichtiges Argument ins Feld: Ist es überhaupt vorteilhaft, das Infektionsgeschehen minimal zu verlangsamen?
    Möglicherweise könnte es helfen, eine ausgeprägte Spitze zu brechen. Dafür brauchte es aber ein exaktes Timing. Die Erfahrung von Corona hat gezeigt, dass das eher nicht gelingt. Man war immer zu spät.
    Ich halte es mit Prasad und glaube, dass generelle Viren-Paranoia unserer Gesundheit eher schadet als nützt. Auch das Immunsystem braucht Training, und eine Impfung ist bloss eine Trockenübung.
    Wir sollten auch daran festhalten, dass man beweisen muss, dass Massnahmen (was immer das nun ist) nützen. Es darf nicht sein, dass einer bloss behauptet, sie nützten, und dann von allen, die das bezweifeln, verlangt, dass sie die Unwirksamkeit hieb- und stichfest beweisen müssen.

    P.S.: Die Einführung der Maskenpflicht im ÖV in der Schweiz hat nicht die geringste Spur im Infektionsgeschehen hinterlassen. Für mich en ziemlich starkes Indiz.

  • am 4.08.2024 um 16:44 Uhr
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    Die verlinkte BJM-Studie scheint mir nutzlos ohne weitere Angaben: Um was für Masken handelt es sich in der Studie, die ausser als Spuckschutz beinahe ineffektiven einfachen Masken, oder FFP-Masken, welche einen sehr hohen Selbstschutz bieten können, wenn sie dicht anliegend getragen werden. Was allerdings manchmal nicht der Fall ist. Und der Fremdschutz ist viel tiefer, weil die Atemluft beim Ausatmen die Maske etwas abhebt und ein Teil davon durch den Spalt entweicht. Nur sehr starke Bänder und perfekte Dichtungen könnten dies verhindern. Alles seit Jahren bekannt, war aber nie ein Thema.

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