Spermien

Auf allen Kontinenten sinkt bei Männern die Konzentration an Spermien im Ejakulat. © grechka333 / Depositphotos

Männer haben immer weniger Spermien

Martina Frei /  Vor allem in westlichen Ländern erreichen zunehmend mehr Männer die Grenze, ab der es schwieriger wird, Kinder zu zeugen.

Im Jahr 1973 tummelten sich bei Männern noch durchschnittlich 101 Millionen Spermien in einem Milliliter Sperma. 2018 waren es nicht einmal halb so viele, nämlich nur noch 49 Millionen. «Substanziell und anhaltend» sei dieser Rückgang, und er bedrohe die öffentliche Gesundheit, schlussfolgert eine Gruppe internationaler Wissenschaftler. Denn unterhalb einer Schwelle von 40 bis 50 Millionen Spermien pro Milliliter sinke die männliche Fruchtbarkeit. Dann dauere es länger, bis es mit dem Zeugen eines Kindes klappe.

Seit der Jahrtausendwende gehe es mit der Spermienzahl noch rapider bergab als zuvor. Mit jedem Jahrzehnt verstärke sich der Trend, stellen die Forschenden fest: Nahmen die Spermien in den 1970er-Jahren um rund 1,2 Prozent pro Jahr ab, so sinke ihre Anzahl seit dem Jahr 2000 jährlich um 2,6 Prozent. In Europa, Nordamerika und Australien ist dieser Abfall stärker ausgeprägt als in Asien, Afrika sowie in Süd- und Zentralamerika.

Spermien Rückgang weltweit
Im Verlauf der letzten fünf Jahrzehnte sank bei Männern die Spermienkonzentration weltweit (blaue Linie). Seit der Jahrtausendwende verstärkte sich dieser Rückgang (rote Linie). Angaben in Millionen Spermien pro Milliliter Ejakulat.

Dieser Vergleich ist allerdings mit Unsicherheiten behaftet, denn in die Analyse flossen über 100 Studien aus westlichen Ländern ein, aber bloss etwa zwei Dutzend Studien aus wenigen Ländern in Afrika, Zentral- und Südamerika.

Studie Spermien Rückgang Länder
Diese Weltkarte zeigt, in welchen Ländern die Studien durchgeführt wurden, die in die Analyse einflossen. Die Zahl gibt an, wie viele Studien aus dem jeweiligen Land berücksichtigt wurden.

Einen regionalen Unterschied gibt es möglicherweise bei den Männern, die schon mindestens einmal ein Kind gezeugt hatten: In den Studien aus Asien, Afrika sowie in Süd- und Zentralamerika schien die Spermienkonzentration bei diesen Männern im Laufe der Jahrzehnte sogar leicht anzusteigen. Dieser Befund ist jedoch mit grosser Vorsicht zu interpretieren, denn das Ergebnis ist statistisch nicht signifikant. In den westlichen Ländern dagegen sank die Spermienanzahl auch in der Gruppe derer, die schon ein Kind gezeugt hatten, signifikant. Das berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift «Human Reproduction Update».

Grafik Spermienanzahl 3
Spermienanzahl pro Milliliter seit den 1970er-Jahren. Blaue Linie: Alle Studien mit Männern in westlichen Ländern. Grüne Linie: Alle Studien mit Männern in Afrika, Asien und Zentral- sowie Südamerika. Rote Linie: Berücksichtigt wurden nur die Studien mit Männern in westlichen Ländern, die schon mindestens ein Kind gezeugt hatten. Orange Linie: Berücksichtigt wurden nur die Studien mit Männern in Afrika, Asien und Zentral- sowie Südamerika, die schon mindestens ein Kind gezeugt hatten. Die Unsicherheit bei dieser orangen Linie ist gross, statistisch ist weder eine Zu- noch eine Abnahme der Spermienkonzentration auszuschliessen.

Antrag beim BAG: Grundversicherung soll sich künftig an der In-vitro-Fertilisation beteiligen

Mögliche Gründe für den Spermien-Rückgang gibt es viele: Fettleibigkeit, zu wenig Bewegung, Rauchen, Chemikalien, hormonaktive Stoffe aus Plastik, Umweltverschmutzung und anderes mehr kommen in Frage. Zu konkreten Ursachen liefert die Analyse, die auf den Ergebnissen von über 200 Studien mit mehr als 57’000 Männern beruht, keine Angaben. 

Ihr Erstautor schlug bereits 2017 Alarm, weil sich die Spermienzahl in westlichen Ländern seit 1973 halbiert hatte (Infosperber berichtete). In der jetzt vorgelegten Metaanalyse analysierten er und sein Team auch die Spermienzahl bei Männern auf weiteren Kontinenten.

Schweizer Studien flossen nicht in diese Analyse ein. Dennoch ist ihr Ergebnis auch hier von Bedeutung: Denn die «Schweizerische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin» hat beim Bundesamt für Gesundheit beantragt, dass Paare, die ein Kind möchten, bei der In-vitro-Fertilisation in gewissem Rahmen finanzielle Hilfe erhalten sollen. Der Antrag ist hängig. Würde er gutgeheissen, müsste sich künftig die Grundversicherung an den Kosten der künstlichen Befruchtung ausserhalb des Mutterleibs beteiligen. Wenn die Spermienzahl der Männer weiter sinkt, wäre das dann immer öfter der Fall.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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7 Meinungen

  • am 10.01.2023 um 12:18 Uhr
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    Schade das die Allgemeinbildung der Bevölkerung im Bereich Chemie, Pharmazie und Biologie nicht höher ist oder höher sein kann. Sonst wären viele vorsichtiger mit was sie sich ver oder entgiften. Die Belastung des Trinkwassers ist ein Skandal, obwohl es viele Methoden gibt, Chemierückstände darin zu minimieren. (Osmosefilter, UvC, Usw.) Alte Menschen mit verringerter Enzymfunktion der Leber und tieferer Nierenfunktion sind noch stärker diesen Umweltgiften ausgesetzt. Verantwortungslos wurde der Umgang mit der Welt durch die Industrie. Bis hin zur Entwicklung biologischer Kampfstoffe, wo es nie 100% Sicherheit geben kann. Im schlimmsten Falle rotten wir uns selbst noch aus. Da wir ja nur kurz Leben, wälzen wir die Probleme an die Nachkommen ab, wenn es denn noch welche gibt. Sehr traurige Tatsachen sind das.

    • am 12.01.2023 um 12:04 Uhr
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      Prof. Dr. rer. nat. Stefan Hockertz bringt es im Interview auf QS24.tv vom 13.12.2022 noch viel konkreter auf den Punkt:
      «Nur rund 9 % der Arzneimittel und Hormone werden im Körper aufgenommen. Der Rest geht über die Kloschüssel zur Kläranlage – und da meist ungefiltert weiter ins Grundwasser – wo es dann eines Tages wieder bei uns aus dem Hahn kommt. Dieser Kreislauf ist bekannt und neue Anforderungen an Medikamente zeigen auf, dass man diesen Kreislauf sehr wohl durchbrechen will und neue Wege sucht.»

      Der uns in den letzten 2 Jahren wohl allen bewusster gewordene Narrativ-Steuerungskomplex zieht es vor, andere, weniger plausible Ursachen in den medialen Mittelpunkt zu stellen.

  • am 10.01.2023 um 22:28 Uhr
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    Fettleibigkeit, zu wenig Bewegung, Rauchen, Chemikalien, etc. sind eigentlich nichts Neues.
    Was hingegen neu ist, sind die Handys in den Hosentaschen, welche dauernd die Verbindungen zu den Sendeantennen suchen:
    https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=189
    https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=286
    https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=336
    https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=676
    Eigenartig, dass diese Facts in solchen Berichten nie erwähnt werden.

    • am 11.01.2023 um 16:20 Uhr
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      Danke, sehr interessante Studien. Es ist wirklich wahr, es ist ein Thema das oft ausgeblendet oder vergessen wird. Es gibt noch zahlreiche Dokumentationen über die Funkerkrankheit welche uralt sind. Was ich vermisse sind Studien welche mit unterschiedlichen Trägerfrequenz-Wellenformen gemacht wurden. (Wellenform: Square, Sinus, usw.) Ich vermute das diese eine größere Rolle spielen als angenommen. Vielleicht noch mehr als die Frequenzhöhe selber. Dieselben Frequenzhöhen wie bei Handys kommen auch in der Natur vor, aber die Wellenform ist anders. ( http://www.emfeld.ch Experiment 11 mit Pflanzen) Wenn sie Studien kennen betreffend Wellenform würde mich dies interessieren. Ich habe den Verdacht, daß bei hohen Frequenzen alles jenseits der Sinus Wellenform und die Sendestärke für womögliche Belastungen mehr verantwortlich sein könnten als die Frequenzhöhe selbst.

      • am 12.01.2023 um 15:06 Uhr
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        Es gibt eine Übersichtsarbeit, welche Studienergebnisse bezüglich den Wirkungen von statischen, nieder- und hochfrequenten Feldern auf genetische Prozesse auswertete. Unter Anderem wurde auch die Auswirkung der Wellenform auf bestimmte Zellen untersucht. Leider kostet der Zugang zu dieser Übersicht 62 USD.
        Die diesbezüglich interessanten Hinweise finden Sie hier ziemlich am Schluss unter dem Titel «Fünf Merkmale»:
        https://www.emfdata.org/de/studien/detail?id=574

  • am 11.01.2023 um 10:08 Uhr
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    Langsam wird es eng am Ende der Fahnenstange. Nachdem die meisten kranken Kassen schon ganz oder teilweise die Fitness-Abos ihrer wegen Bewegungsmangel fettleibigen Kundschaft finanzieren und auch sonst allerlei Therapien, für die man noch nicht mal eine Krankheit gefunden hat, soll nun auch die Reproduktionsindustrie subventioniert werden. Und das alles, weil die Ursachen des Desasters – mit aller Wahrscheinlichkeit u.a. Umweltverschmutzung, schlechte Ernährung, Stress, Depression – nicht einmal in Ansätzen angegangen werden. Das Verhalten einer konsumsüchtigen Gesellschaft ist zu einer politischen Tabuzone geworden. Nichts soll das dämliche Verhalten korrigieren, lieber therapieren wir das Fehlverhalten. Wie etwa die nun aufflammende Diskussion über die warmen Winter zeigt: neue (Schnee)Kanonen braucht das Volk, bloss kein Ende des Massentourismus. Hauptsache Wachstum und immer noch mehr Konsum und Fun, was uns die immer zahlreicheren Bullshit-Jobs aushalten lassen soll.

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