Fruchtrollen Erdbeeren

Auf der Packung abgebildet sind anderthalb Erdbeeren - drin hat es ein Fünftel Gramm einer Beere, also fast nichts. © Esther Diener-Morscher

Kann Spuren von Erdbeeren enthalten

Esther Diener-Morscher /  Wo eine Frucht auf der Etikette zu sehen ist, hat es manchmal erbärmlich wenig davon drin. Zum Beispiel nur 0,2 Gramm.

Saftige Erdbeeren auf Lebensmittel-Etiketten machen Lust. Würde man vor dem Kauf die Zutatenliste genau studieren, wäre man in manchen Fällen ernüchtert: Verkauft werden einem oft viel Zucker, Aromen oder ganz andere Früchte, aber nur Spuren von Erdbeeren.

Ein krasses Beispiel sind die Erdbeer-Fruchtrollen, die in der Migros und in verschiedenen Online-Shops verkauft werden. Als «100 % natürlich» werden sie angepriesen. Das sind sie tatsächlich, aber den Erdbeergeschmack muss man sich selber zusammenfantasieren.

Denn sie bestehen zu 65,8 Prozent aus Äpfeln, zu 32,9 Prozent aus Birnen; das macht schon 98,7 Prozent. Den kläglichen Rest machen nicht etwa die Erdbeeren aus, von diesen gibt es nur 1 Prozent. Denn 0,3 Prozent braucht es noch für den schwarzen Karottenextrakt. Sonst wären die Fruchtrollen hellbraun und würden nicht einmal mehr farblich an Erdbeeren erinnern.

Da eine Fruchtrolle nur 20 Gramm wiegt, hat es darin 0,2 Gramm Erdbeere – also eher ein Spurenelement. Und sicher nicht anderthalb Erdbeeren, wie auf der Packung abgebildet sind.

Viel mehr Zucker und Farbe als Beere

Erdbeer-Cornet Coop

Auch Erdbeer-Glacé ist nicht wesentlich besser. Die Erdbeer-Cornets von Coop enthalten 2,5 Prozent Erdbeerpüree und 2,5 Prozent Erdbeersaftkonzentrat. Pro Cornet macht das je knapp 2 Gramm Püree und Saftkonzentrat. Kompensiert werden die fehlenden Erdbeeren mit reichlich Zucker: Pro Glacé sind es gut 20 Gramm. Damit der Geschmack und die rote Farbe stimmen, hat es künstliches Aroma und die orange-rot färbenden, künstlich hergestellten Farbstoffe E160a und E160e drin.

Erdbeerjoghurts enthalten meist mehr Früchte. Doch auch die üblichen etwa 8 Prozent würden die Joghurt weder geschmacklich noch farblich gross beeinflussen. Denn bei einem Joghurtbecher von 180 Gramm wären das nur gerade knapp 15 Gramm – also etwa eine mittelgrosse Beere.

Die meisten Erdbeerjoghurts enthalten deshalb künstliches Aroma und Randen- oder Rüeblisaft zum Färben. So lässt sich die Illusion vom Erdbeergeschmack erhalten.

Es gibt auch Erdbeerjoghurt, das mit Natürlichkeit und nur drei Zutaten wirbt. Dessen Inhalt: Knapp 20 Gramm Erdbeeren – also etwa anderthalb Stück – dazu 20 Gramm Zucker und 110 Gramm Joghurt.

Ein Stückchen Erdbeere pro Becher

Griess-Dessert

Auch das Griess-Töpfli von Coop verspricht auf dem Bild mehr Früchte, als effektiv drin sind: Anderthalb Beeren und zwei Rhabarberstücke sind abgebildet. Doch das Bild ist weit übertrieben. Eine durchschnittliche Erdbeere wiegt um die 15 Gramm. Im Töpfli drin sind 5 Gramm, also etwa ein Drittel einer Beere.

Auch in etlichen anderen Lebensmitteln werden Früchte spärlich verwendet. Das hat vor allem drei Gründe: Sie sind oft teurer als andere Zutaten, sie können die Verarbeitung aufwändiger machen und die Haltbarkeit verkürzen.

Ein Hauch Bananenpulver

So ist es viel praktischer, der so genannten «Trinkmahlzeit» Yfood Happy Banana einfach etwas Bananenpulver beizumischen, als eine echte Banane, oder zumindest ein Scheibchen hinzuzufügen. Doch sogar mit dem praktischen Pulver gehen die Hersteller äusserst sparsam um: Der Drink enthält nur 0,1 Prozent Bananenpulver.

Viel Reismehl im Kastanienknäckebrot

Kastanienknäckebrot

Falsche Erwartungen erweckt auch ein Kastanien-Knäckebrot aus der Migros. Auf der Packung sind nur Kastanien abgebildet. Doch schaut man auf die Zutatenliste, wird klar: Die «knusprigen Bio-Kastanien-Schnitten» bestehen nur zu 30 Prozent aus Kastanienmehl. Der Rest, nämlich fast 70 Prozent ist Reismehl. Der Kastaniengeschmack liesse sich kaum erahnen, würde nicht das Bild darauf hinweisen, dass ein solcher zu erwarten wäre.

Der Kirschgeschmack ist vor allem künstlich

Tee Süsse Kirsche

Besonders enttäuschend sind auch Früchtetees: Obwohl oft Kirschen, Erdbeeren oder andere Früchte abgebildet sind, ist davon selten etwas drin. Beispiel: Im Früchtetee «Süsse Kirsche» hat es Hagebutten, Hibiskus, Brombeerblätter, Süsskraut, viel künstliches Aroma und etwas Kirschsaftgranulat aus Zucker und Kirschsaft.

Die Hersteller rechtfertigen ihre täuschenden Anpreisungen seit Jahren damit, dass die abgebildeten Früchte auch in sehr kleinen Mengen «geschmacksgebend» seien. Zudem ist meistens auf der Verpackung ein Hinweis aufgedruckt «mit Kirschengeschmack» oder «mit Kirsch-Aroma». Damit sei klar, dass zusätzlich Aroma beigefügt werde.

Die kantonalen Labore, welche die korrekte Anpreisung von Lebensmitteln kontrollieren müssen, tolerieren diese Argumentation – trotz des gesetzlichen Täuschungsverbot. Vor solchen Täuschungen schützen können sich Käuferinnen und Käufer nur, indem sie das Kleingedruckte der Zutatenliste genau lesen.

Dies wird besonders für ältere Menschen allerdings immer schwieriger. Denn immer häufiger sind diese Listen zu klein oder wegen zu wenig Farbkontrast kaum lesbar. Der Bund schreibt vor, dass ein kleines «x» mindestens 1,2 mm hoch sein muss. Bei kleineren Packungen sind es mindestens 0,9 mm.

Zutatenliste kleine Schrift
Viel zu kleine Schrift und schlecht lesbar: Viele Zutatenlisten sind eine Zumutung.

Doch die immer länger werdenden Zutatenlisten haben immer weniger Platz. So dass die Vorschriften gar nicht mehr eingehalten werden können.

Das lässt sich aus der Zutatenliste herauslesen

Die Zutatenliste muss alles auflisten, was in einem Lebensmittel enthalten ist. Die Nennung erfolgt in abnehmender Reihenfolge. Das heisst: Je weiter vorne eine Zutat genannt wird, desto grösser ist ihr Anteil am Produkt.

Für Zutaten, die auf der Verpackung mit einem Bild oder mit Text besonders hervorgehoben werden, muss im Zutatenverzeichnis zusätzlich angegeben werden, wie hoch der prozentuale Anteil der Zutat ist.


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Keine
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Eine Meinung zu

  • am 22.09.2023 um 15:36 Uhr
    Permalink

    Vor vielen Jahren wollte ein Bekannter «Nachtigallenwurst mit Pferdefleisch» herstellen. Nach dem geplanten Mischungsverhältnis gefragt, antwortete er: «Eine halbe Nachtigall auf ein Pferd.»

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