Lothar Wieler RKI

Der damalige Leiter des RKI Lothar Wieler verkündet an einer Medienkonferenz den neuesten Stand. © Phoenix

Geheimniskrämerei beim Robert-Koch-Institut

Martina Frei /  Das deutsche Robert-Koch-Institut spielte in der Pandemie eine zentrale Rolle. Es sträubt sich, seine Protokolle offenzulegen.

Was die Corona-Pandemie betrifft, sind Geheimnisse, Schwärzungen und Löschungen an der Tagesordnung: Da sind zum Beispiel die vor der Bevölkerung geheim gehaltenen Kaufverträge für die Impfstoffe. Oder die geheimen Tweets der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Zusammenhang mit Impfstoff-Käufen. Oder die geschwärzten Abschnitte in Dokumenten der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA, bei denen es um Qualitätsbeanstandungen beim mRNA-Impfstoff ging. Oder die sich angeblich selbst löschenden Tweets des Wissenschaftlers Kristian Andersen, der bei der Frage, ob Sars-CoV-2 ein Laborprodukt ist, eine zweifelhafte Rolle spielte (Infosperber berichtete). Oder wichtige Studienergebnisse zu den Impfstoffen oder zu den «Massnahmen», die nur mit grosser Verzögerung publiziert werden (Infosperber berichtete bereits mehrmals).

Das Robert-Koch-Institut liefert ein weiteres Beispiel von Geheimniskrämerei. «Wir arbeiten eigenverantwortlich, unabhängig und transparent», schreibt das RKI unter «Unsere Werte» über sich. Doch mit der Transparenz ist es nicht weit her, wie eine hartnäckige Recherche des «Multipolar»-Magazins zeigt. 

Eines der wichtigen Gremien in Deutschland während der Pandemie war der Corona-Krisenstab des Robert Koch-Instituts (RKI). Dieses untersteht dem deutschen Gesundheitsministerium. Bereits im Mai 2021 beantragte «Multipolar» die Herausgabe aller «Protokolle, Tagesordnungen, Teilnehmerlisten und sonstiger Notizen des RKI-Corona-Krisenstabes seit seiner Gründung – laut RKI am 6.1.2020». 

«Mehr als tausend Passagen geschwärzt»

Das RKI sträubte sich, worauf «Multipolar» klagte. Rund 15’000 Euro wendeten die Antragsteller bisher für die Rechtsstreitigkeiten laut eigenen Angaben für den Kampf um die Herausgabe der Protokolle auf.

Co-Herausgeber des «Multipolar»-Magazins ist der deutsche Journalist und Buchautor Paul Schreyer, dem auf Wikipedia nachgesagt wird, er hänge Verschwörungstheorien an. Die Antragsteller bezweifeln, dass der Lockdown und andere Massnahmen in Deutschland eine wissenschaftliche Basis hatten und wollten sich anhand der RKI-Protokolle ein Bild machen. Zu den Aufgaben des Robert-Koch-Instituts gehört es, «wissenschaftliche Erkenntnisse als Basis für gesundheitspolitische Entscheidungen zu erarbeiten».

Das RKI übergab «Multipolar» nach zähem Ringen schliesslich im April 2023 über 200 Protokolle – mit vielen Schwärzungen. «Mehr als tausend Passagen» seien unkenntlich gemacht worden, so «Multipolar». Die nun am 20. März 2024 veröffentlichten Protokolle könnten laut einer «ZDF»-Mitarbeiterin «politische Sprengkraft haben». Sie bezeichnete die Protokolle als «brisant». Ein «ARD»-Faktenfinder dagegen sieht in den «RKI-Files» einen «Skandal, der keiner ist».

Aus den nicht-geschwärzten Passagen der RKI-Protokolle geht beispielsweise hervor, dass der RKI-Krisenstab das Risiko durch das neue Coronavirus am 24. Februar 2020 noch als «gering» einstufte. 

«Wie ein starke bis sehr starke Grippewelle»

«In vollständigem Widerspruch dazu erklärte Heiko Rottmann-Grossner, ein hoher Mitarbeiter von [Gesundheitsminister – Anm.d.Red.] Spahn mit exzellenten Kontakten in die US-amerikanische Pandemiemanagement-Szene, am gleichen Tag gegenüber mehreren Staatssekretären des Innenministeriums, man müsse nun ‹die Wirtschaft lahmlegen› und Vorkehrungen für Ausgangssperren von unbestimmter Dauer treffen», schreibt Schreyer.

Der Vize-Chef des RKI dagegen beruhigte am 28. Februar 2020 öffentlich: «Meine Einschätzung wäre, dass sich das in etwa bewegt in der Schwere wie eine starke bis sehr starke Grippewelle.» 

Person X gab das Signal zum «Hochskalieren»

Am 2. März 2020 erhöhte das RKI seine Risikobewertung auf «mässig». Während die WHO am 11. März 2020 die Pandemie ausrief, stand im Protokoll des RKI vom 11. März 2020 zur Risikobewertung: «Kein Anpassungsbedarf.» Gleichzeitig werden im Protokoll mindestens 5,6 Prozent schwere Krankheitsverläufe in China erwähnt und rund 4 Prozent Todesfälle unter den Erkrankten dort. Auch aus anderen Ländern wurden in den RKI-Protokollen beunruhigende Fall- und Sterbezahlen vermeldet.

In den Folgetagen warnten der WHO-Direktor und auch grosse Medien vor der Pandemie. In Deutschland wurden ab dem 16. März 2020 Schulen, Kitas, und alle nicht-lebensnotwendigen Läden geschlossen.

Im RKI-Protokoll vom 16. März steht: «Es soll diese Woche hochskaliert werden. Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald [geschwärzt] ein Signal dafür gibt.» Anderntags stufte der damalige RKI-Chef Lothar Wieler das Risiko auf «hoch». 

Und hier ist der springende Punkt: Auf welcher Grundlage dieses «Hochskalieren» erfolgte, bleibt unklar. Laut den Anwälten des RKI gebe es ausser den Protokollen «keine weiteren Dokumente, die sich mit der Änderung der Risikobewertung von ‹mässig› auf ‹hoch› befassen». Und aus den Protokollen geht nicht hervor, dass zu jenem Zeitpunkt die Lage in Deutschland ausser Kontrolle zu geraten drohte.

Ab dem 19. März 2020 waren die Sars-CoV-2-Infektionszahlen in Deutschland wieder rückläufig, wie eine spätere Veröffentlichung des RKI zeigte.

Nächster Gerichtstermin Anfang Mai

Interessant wären sowohl der Name der Person, auf deren «Signal» hin «hochskaliert» wurde, als auch, was sich hinter all den anderen Schwärzungen verbirgt. Laut dem RKI handelt es sich bei der Person um einen Mitarbeiter. «Schwärzungen von Namen […] dienen dem Schutz der Mitarbeitenden», schreibt es in einer Stellungnahme. Auf andere Schwärzungen, die sich nicht auf die Namen von Mitarbeitenden bezogen, geht das RKI nicht ein. Es erinnert daran, dass die Infektionszahlen in Deutschland Mitte März 2020 stark gestiegen seien. Die Vermutung, dass die Hochstufung der Risikoeinschätzung in Deutschland nicht unabhängig erfolgte, sei laut dem RKI falsch.  

Am 6. Mai 2024 findet nun vor dem Berliner Verwaltungsgericht eine Verhandlung statt, bei der es darum geht, ob das RKI die Protokolle ungeschwärzt an «Multipolar» herausgeben muss. «Wir hoffen, das Gericht entscheide im Sinne grösstmöglicher Transparenz», so die «Multipolar»-Redaktion. «Bis dahin laden wir alle interessierten Journalisten und Rechercheure ein, das Material gründlich zu sichten und ihre Erkenntnisse zu teilen.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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4 Meinungen

  • am 26.03.2024 um 12:41 Uhr
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    Die Fragen sind:
    Wieviele wurden durch RKI und Exekutive durch Impfen, Freiheitseinschränkung und Verdienst- oder Gewinnausfall geschädigt, was möglicherweise auf unbegründetes «Hochskalieren» zurückgeht?

    Wer hat warum hochskaliert, auf Weisung von wem?
    Wer wollte wen, dadurch vor einem Erkrankungsrisiko schützen? (Güterabwägung)
    Wer hatte ein Gewinninteresse? Wer hätte womöglich zu haften?
    Wer hat etwas zu Verschweigen, weil die Öffentlichkeit getäuscht wurde?

    Alles unangenehme Fragen, die natürlich nur von Querdenkern und Verschwörungstheoretikern kommen. Zu den 4 WERs kann hinzugedacht werden: ob überhaupt.
    Hohe Transparenz bedeutet, es gibt nichts zu verschweigen.

  • am 26.03.2024 um 13:21 Uhr
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    Immerhin wird die gezielte Panikmache eingeräumt. Und da das RKI als Bundesbehörde der Regierung unterstellt ist, dürfte eigentlich nur der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn oder die Kanzlerin Angela Merkel den Startschuss gegeben haben.

  • am 27.03.2024 um 10:09 Uhr
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    Das haben wir in der Schweiz ja deutlich besser gelöst. Damit es im Nachgang keine jahrelangen Auseinandersetzungen gibt, hat unsere obskure «Task Force» erst gar keine Protokolle geführt. So geht «Verschwörung» bei den Profis.

  • am 27.03.2024 um 18:50 Uhr
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    Währenddem anderenorts die Coronaaufarbeitung zögerlich läuft, auch in Medien thematisiert wird, verkünden die Schweizer Leitmedien immer noch heile Welt. Das vielgehörte Argument «bei uns waren die Maßnahmen im Vergleich zu anderen Ländern bescheiden», dient immer noch zur Rechtfertigung des Geschehenen und zur Entlastung der Verantwortlichen. Daß zahlreiche informierte Spezialisten, Pathologen, Statistiker, Virologen, Infektiologen und praktizierende Ärzte inzwischen mit ernstzunehmenden Studien und Argumenten aufwarten können, die negatives Nutzen/Risiko Verhältnis der Maßnahmen belegen, wird hierzulande nicht nur verschwiegen, im Gegenteil – mit dem neuen Epidemiegesetz schaffen die Politiker die Grundlage dafür, mit denselben destruktiven Methoden die Bevölkerung jederzeit wieder schädigen zu dürfen. Offenbar ist es den Profiteuren gelungen ihr menschenrechtsverachtendes Geschäftsmodell dauerhaft zu installieren. Dass die CH Politik dazu ihre Hand reicht ist äußerst beängstigend.

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