Fiasko bei mRNA-Impfung für Babys gegen RSV
Bis zum dritten Lebensjahr hat fast jedes Kind mindestens einmal Bekanntschaft mit RS-Viren (RSV) gemacht. Für die Allerkleinsten kann das sehr mühsam werden, falls der Infekt bei ihnen «auf die Lunge schlägt».
Mitte der 60er-Jahre versuchten Wissenschaftler Abhilfe zu schaffen: Sie impften Kinder gegen RSV. Die Folgen waren katastrophal. In einer dieser Studien mussten 80 Prozent der gegen RSV-geimpften Kinder hospitalisiert werden. Als sie sich mit RSV infizierten, verlief die Erkrankung bei ihnen schwer. Zwei Kinder im Alter von 14 und 16 Monaten starben.
Bei den RSV-ungeimpften Kindern dagegen mussten nur 5 Prozent wegen einer RSV-Infektion ins Spital und keines starb. Die Impfung hatte die nachfolgende RSV-Infektion also verschlimmert. Wie es genau zu dieser Verschlimmerung kam, ist trotz jahrzehntelanger Forschung noch immer nicht vollständig geklärt.
Riesiger Markt
Nach diesem Fiasko war das Thema RSV-Impfung von Kindern lange Zeit vom Tisch. Dabei wäre der Bedarf für eine solche Impfung gross und der Markt riesig: Allein in den USA, schätzt die Arzneimittelbehörde FDA, gehen jährlich 58’000 bis 80’000 Hospitalisationen aufs Konto von RSV. Dazu addieren sich über eine halbe Million Notfallkonsultationen und mehr als zwei Millionen ambulante Arztbesuche.
Weltweit liefern sich Hersteller nun einen Wettlauf um den ersten RSV-Impfstoff für Kinder. Auch Moderna war ganz vorn mit einem mRNA-Impfstoff dabei. Doch am 12. September 2024 listete die Firma das Vorhaben, Kinder unter zwei Jahren gegen RSV zu impfen, plötzlich unter den «unterbrochenen Programmen» auf.
Der Grund: Von den geimpften Kleinkindern waren mehr schwer an RSV erkrankt, verglichen mit den Kindern, die nur eine Placebospritze erhalten hatten.
«Wichtiges potenzielles Risiko»
Am 17. Juli erfuhr Moderna, dass zwei geimpfte kleine Studienteilnehmer schwer an RSV erkrankt waren. Daraufhin wurde die Studie sicherheitshalber gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt waren 128 Babys und Kleinkinder in die Studie eingeschlossen, die zuvor noch keine RSV-Infektion hatten.
Im Lauf der folgenden Monate trafen weitere, ungute Nachrichten ein. Am 12. August stufte Moderna das Signal als «wichtiges potenzielles Risiko» ein.
12,5 Prozent der geimpften Babys in einer 40-köpfigen Studiengruppe erkrankten schwer an RSV. In der Placebogruppe waren es nur 5 Prozent – ein auffallendes Ungleichgewicht.
Dabei hatten die Wissenschaftler alle mögliche Vorkehrungen getroffen, damit genau dies – eine schlimmere Erkrankung der Geimpften – nicht passiert. Doch anscheinend waren all die Tierversuche, Laborergebnisse usw. nicht aussagekräftig genug, um dies vorherzusehen. Die Experten stehen vor einem Rätsel.
Beunruhigender Nebenbefund
Bei einem der RSV-geimpften Kinder kam es 333 Tage nach der der dritten Impfdosis zur schweren Erkrankung, bei den anderen schwer Erkrankten betrugen die Abstände von der letzten Impfdosis bis zur Infektion drei bis 37 Tage.
Ebenfalls beunruhigend ist ein weiterer Befund in einer der Studiengruppen: Bei Babys, welche vor der RSV-Impfung die (seit kurzem auch in der Schweiz propagierte) «RSV-Säuglingsspritze» erhalten hatten, stiegen die Antikörperwerte nach einer RSV-Impfdosis viel weniger stark an als bei ungeimpften Kindern. Diese «Säuglingsspritze» enthält Antikörper, welche die Kinder vor RSV schützen sollen.
Heute tritt die Expertengruppe der US-Arzneimittelbehörde zusammen, um darüber zu diskutieren, was nun weiter zu tun sei (hier live zu verfolgen ab 14:30 Uhr). Gegenwärtig sind alle RSV-Impfstudien mit Babys und Kleinkindern in den USA gestoppt.
Schätzungsweise 42 RSV-Impfstoffe werden derzeit in Studien getestet. 26 davon an Kindern. Im Moment vermuten die Fachleute, dass das Problem die 11 Nicht-Lebend-Impfstoffe darunter betrifft. Sie halten es für möglich, dass die mRNA-Impfung gegen RSV zu einer sogenannten Verstärkungsreaktion geführt hat. Das heisst: Die Impfung würde bei einem Teil der Geimpften eine schwere Erkrankung befördern – anstatt davor zu schützen.
Beispiele für Verstärkungsreaktionen
Verstärkungsreaktionen können im Gefolge von Infektionen, Impfungen oder nach Gabe von Antikörpern auftreten (Infosperber berichtete). Einige Beispiele :
Katzen, die versuchsweise gegen ein Katzen-Coronavirus geimpft wurden, erkrankten mit grösserer Wahrscheinlichkeit beim Kontakt mit dem Virus, vor dem sie die Impfung hätte schützen sollen.
Schwere Erkrankungen an Denguefieber bei Kindern, die gegen Dengue geimpft wurden und noch nie zuvor eine Dengue-Infektion durchgemacht hatten. Es gibt vier verschiedene Typen von Dengueviren. Bei einer zweiten Infektion mit einem anderen Typ als bei der ersten Dengue-Erkrankung kann es zur Verstärkungsreaktion kommen. Ähnliches passierte vermutlich nach der Impfung. Die WHO und der Hersteller hatten Warnungen von Wissenschaftlern in den Wind geschlagen und eine Massenimpfung gestartet, ohne zuvor zu prüfen, ob die Geimpften bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht hatten (Infosperber berichtete).
Während Dengue-Epidemien in Kuba 1981 und 1997 führte mutmasslich eine kleine Mutation des Virus zu deutlich schwereren Krankheitsverläufen.
In einer Studie mit einem HIV-Impfstoff von 2004 bis 2007 steckten sich geimpfte Männer mit grösserer Wahrscheinlichkeit beim Sex mit HIV an als ungeimpfte Männer.
In den 1960er-Jahren wurde eine Impfung gegen Masern in den USA und Europa eingeführt. Monate nach der Impfung erkrankten viele geimpfte Kinder schwer an «atypischen Masern».
Tiere, die bei Impfversuchen (mit und ohne Wirkverstärker) gegen die mit Sars-CoV-2 verwandten Sars- und Mers-Viren geimpft wurden, erkrankten teilweise schwerer als die ungeimpften Tiere.
Die Wissenschaftsjournalistin Maryanne Demasi wirft die Frage auf, «ob in der Eile, den Impfstoff auf den Markt zu bringen, frühe Warnzeichen für Sicherheitsrisiken übersehen wurden». Sie weist immer wieder darauf hin, dass Medikamente und Impfstoffe, die in beschleunigten Verfahren zugelassen werden, «Anlass zur Sorge» geben, die Schnelligkeit könnte auf Kosten der Sicherheit gehen.*
Australien umgeht unabhängiges Prüfgremium*
Maryanne Demasi weist ihrem «Substack»-Blog darauf hin, dass die australische Regierung 2021 einen zwei Milliarden Dollar Vertrag mit Moderna unterzeichnete. Darin verpflichtet sich Australien zum Kauf der in Australien produzierten Moderna-Impfstoffe für mindestens ein Jahrzehnt.
«Diese Impfstoffe, darunter RSV und Influenza, sind von der Bewertung durch das «Pharmaceutical Benefits Advisory Committee» ausgenommen, das normalerweise sicherstellt, dass Impfstoffe sicher und wirksam sind, bevor sie in das Nationale Impfprogramm aufgenommen werden», so Demasi. Die australische Regierung umgeht damit den üblichen Prüfungsweg. «Problematisch», nannte dies ein Experte für Infektionskrankheiten an der Australian National University.
Die australische Regierung habe die Vereinbarung mit Moderna jedoch als strategische Investition in ‹souveräne Fähigkeiten› verteidigt. Dies würde der Vorbereitung auf künftige Pandemien dienen.
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*Diese Passagen wurden nach Veröffentlichung hinzugefügt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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