Mensch auf Waage

Das Abnehmen mit den «Fett weg»-Medikamenten ist teuer erkauft. © keeweeboy / Depositphotos

«Fett weg»-Spritzen: Ein Kilo leichter für 780 Dollar

Martina Frei /  Eine Studie schweigt über die Zahl der verlorenen Pfunde – aber die Kassen sollen für die Spritzen dauerhaft zahlen.

Wie gut wirken die «Fett weg»-Spritzen in der Praxis? Das hat eine Studie bei fast 3400 Erwachsenen in Florida und Ohio untersucht. Alle lösten zwischen Juli 2015 und Juli 2022 erstmals ein Rezept für Spritzen mit den Wirkstoffen Liraglutid (Markennamen «Saxenda» oder «Victoza») oder Semaglutid (Markennamen «Wegovy» oder «Ozempic») ein, sei es, um abzunehmen, sei es gegen Diabetes. 

Der mittlere Body-Mass-Index aller Patienten betrug anfangs 38,5, sie waren also schwer übergewichtig. 9 bis 18 Monate nach Behandlungsbeginn standen sie wieder auf die Waage. 

Über die Frage, wie viele Kilo sie dank der Spritzen leichter wurden, schweigt sich die in «Jama Network Open» veröffentlichte Studie aus. Die Studie informiert stattdessen darüber, wieviel Prozent ihres Körpergewichts die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer verloren: Im Mittel 3,7 Prozent. 

Statt 111 jetzt 107 Kilo schwer

Daraus lassen sich die abgenommenen Kilos errechnen: Bei einer Körpergrösse von 170 Zentimeter bedeutet das, dass die Person vorher rund 111,2 Kilo wog und nachher 107,1 Kilo – ein magerer Unterschied. 

Die Patienten hätten hohe Erwartungen, dass sie mit Hilfe dieser Medikamente deutlich abnehmen würden. Diese Hoffnung habe sich für die meisten jedoch nicht erfüllt, schreiben die sechs Studienautoren. (Einer von ihnen erhielt Beraterhonorare vom «Fett weg»-Spritzen-Hersteller Novo Nordisk sowie Forschungsgelder von Eli Lilly, einer Pharmafirma, die ähnliche Wirkstoffe verkauft.)

Aber: Den besten Erfolg erzielten diejenigen, die dauerhaft Semaglutid zum Abnehmen erhielten. Sie verloren im Lauf eines Jahres durchschnittlich fast 13 Prozent ihres Körpergewichts. Das heisst: Bei einer angenommenen Körpergrösse von 170 Zentimeter waren es vorher rund 111,2 Kilo und nachher 96,9 Kilo – ein sichtbares Ergebnis, erkauft für rund 780 US-Dollar pro verlorenem Kilo. Die Gewichtsreduktion hält in der Regel nur an, wenn Semaglutid weiterhin gespritzt wird.

Die Jahreskosten für «Ozempic» beliefen sich letztes Jahr in den USA laut dem «Deutschen Ärzteblatt» auf etwa 11’200 Dollar* – bei einem Herstellungspreis von schätzungsweise 270 bis 600 Dollar (Infosperber berichtete).

Die Gewichtsreduktion ist in vielerlei Hinsicht positiv. Doch werden die meisten Patienten auch mit einem Gewicht von fast 97 Kilo an Diabetes erkrankt bleiben. Der Bluthochdruck wird ebenfalls ziemlich sicher weiterhin zu hoch sein und eine Behandlung erfordern. Offen ist, wie es nach drei, zehn, zwanzig Jahren weitergeht mit dem Gewicht – und mit welchen Nebenwirkungen. 

Die Stossrichtung der Studie: Krankenversicherer und andere Kostenträger sollten die «Fett weg»-Spritzen dauerhaft bezahlen. Künftige Forschung sollte die Gründe für Behandlungsabbrüche ermitteln und erkunden, wie die langfristige Kostenübernahme verbessert werden könne.

In der Studie findet sich keine Kritik an den Medikamentenpreisen und kein Wort zur Vorbeugung. 

Novo Nordisk von Pharmainstanz gerügt

Zwischen 2020 und 2022 gab der der «Fett weg»-Spritzen-Hersteller Novo Nordisk in Grossbritannien insgesamt 500 Zahlungen im Wert von 7,8 Millionen britischen Pfund an 150 Empfänger nicht an. Zu den Begünstigten zählten Journalisten, Medizinpersonal, Patientenorganisationen und weitere. 10 bis 14 Prozent solcher Zahlungen pro Jahr hatte die Firma unter den Tisch fallen lassen. Die Selbstregulierungsinstanz der Pharmaindustrie rügte Novo Nordisk.

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*Die Preisspanne liegt verschiedenen Quellen zufolge zwischen rund 4200 bis 16’200 Dollar Jahreskosten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Die Politik der Pharmakonzerne

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4 Meinungen

  • am 15.11.2024 um 13:09 Uhr
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    In der Vergangenheit war Hunger die grosse Gefahr für einen grossen Teil der Weltbevölkerung. Und jetzt ist es schwere Übergewichtigkeit. Das Rezept dagegen ist einfach und klar: Weniger essen, gesünder essen, mehr bewegen. Daran verdient die Pharmaindustrie allerdings nichts. Aber die Menschheit würde gesünder.

  • am 15.11.2024 um 20:29 Uhr
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    Ist Übergewicht überhaupt eine Krankheit? Wessen Interessen vertritt die WHO denn, wenn sie Übergewicht ohne anderes ursächliches Leiden als Krankheit definiert? Ist die WHO etwa eine unkontrollierbare Geldverteilmaschine, welche ohne demokratische Kontrolle Prämiengelder von (Kranken-)Versicherungen an die Pharmafirmen verteilt? Fragen Sie doch einmal die von Ihnen gewählten Parlamentarier!

  • am 16.11.2024 um 18:48 Uhr
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    Diese Spritze ist der feuchte Traum der Pharmaindustrie:
    – Teuer
    – Patienten sind lebenslänglich abhängig davon
    – Wird eingesetzt gegen ein weitverbreitetes Leiden

    Und die Kollegen von der Nahrungsmittelindustrie arbeiten wirkungsvoll daran, dass immer genug neue Patienten nachkommen…

  • am 17.11.2024 um 10:53 Uhr
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    Wir sind längst im Klammergriff der Pharmaindustrie, und obligatorische Krankenversicherungen bedeuten soviel wie Abnahmegarantien…

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