Little boy with a bottle of sweet drink

Vor allem Kinder lieben Süssgetränke. Dabei enthalten diese oft viel Zucker. © Depositphotos

Süssgetränke: Die britische Zuckersteuer wirkt

Daniela Gschweng /  Die Briten konsumierten schon nach einem Jahr mit der Soft-Drink-Steuer weniger Zucker, zeigt eine Auswertung.

Seit April 2018 gibt es in Grossbritannien die Zuckersteuer für Süssgetränke. Forschende der Universität Cambridge haben untersucht, wie diese den Zuckerkonsum der Britinnen und Briten beeinflusst hat.

In den ersten elf Monaten nach der Einführung nahmen sowohl Kinder als auch Erwachsene deutlich weniger Zucker zu sich als vorher, resümiert die im Magazin «Epidemiology & Community Health» veröffentlichte Studie. Der Zuckerkonsum sank jedoch schon, als die Steuer 2016 angekündigt wurde.

Mehrere Gramm Zucker weniger jeden Tag

Die Studie basiert auf repräsentativen Gesundheitsdaten von 7999 Erwachsenen und 7656 Kindern in Grossbritannien aus den Jahren 2011 bis 2019. Die Forschenden fanden heraus, dass während dieser Jahre der Zuckerverbrauch anfangs stetig sank.

Die Ankündigung der Zuckersteuer 2016 verstärkte den Trend deutlich. In den ersten elf Monaten nach ihrer Einführung konsumierten Kinder täglich rund 5 Gramm weniger zugesetzten Zucker, als nach der Fortschreibung der Daten zu erwarten gewesen wäre. Erwachsene nahmen 11 Gramm weniger Zucker zu sich. Nur etwa die Hälfte davon, nämlich 3 Gramm (Kinder) und 5 Gramm (Erwachsene) stammte aus Softdrinks.

GB-Zuckersteuer-Zeit-Zuckerkonsum
Konsum zugesetzten Zuckers aus Lebensmitteln bei britischen Erwachsenen (li.) und Kindern (re.) in Gramm pro Tag. Die Zuckersteuer in Grossbritannien trat im April 2018 in Kraft. Schon bei der Ankündigung der Steuer 2016 fiel der Zuckerkonsum deutlich.

Die britische Zuckersteuer, die so genannte Soft Drinks Industry Levy (SDIL), besteuert Erfrischungsgetränke gestaffelt nach Zuckergehalt:

  • Für Getränke mit einem Zuckergehalt von weniger als fünf Gramm pro 100 Milliliter wird keine Steuer erhoben.
  • Für Getränke, die zwischen 5 und 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, beträgt die Abgabe 18 Pence pro Liter (21 Cent oder 20 Rappen).
  • Für Getränke mit mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter Getränk kostet der zugesetzte Zucker pro Liter 24 Pence (29 Cent, 28 Rappen).

Die empfohlene Zuckerzufuhr übertrifft fast jeder

Grossbritannien hat diese Abgabe eingeführt, weil das Land ein gewichtiges Problem hat. 2021 hatten über drei Fünftel (64 Prozent) aller Erwachsenen Übergewicht. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt waren es 2019 etwas mehr als die Hälfte.

Einer der Gründe ist der hohe Zuckerkonsum. Besonders deutlich ist dieser Effekt bei Heranwachsenden. Die WHO und der wissenschaftlichen Beirat für Ernährung Grossbritanniens, SACN, empfehlen: Zugesetzter Zucker soll nur 5 Prozent der Kalorien in der Ernährung ausmachen.

Die britischen Gesundheitsbehörden empfehlen pro Tag maximal 30 Gramm Zucker für Erwachsene, 24 Gramm für Kinder bis 10 Jahre und 19 Gramm für Kinder bis 6 Jahre. Die Schweizer Empfehlung ist mit 50 Gramm für Erwachsene und 30 Gramm für Kinder grosszügiger. Sie richtet sich nach der empfohlenen WHO-Höchstmenge.

Empfehlung praktisch kaum einzuhalten

30 Gramm Zucker sind etwa drei Esslöffel Zucker, knapp 7 Stück Würfelzucker in der Schweiz oder 10 Stück Würfelzucker in Deutschland, wo Zuckerwürfel etwas kleiner sind.

In der Praxis konsumieren die meisten Menschen mehr Zucker. Ein Liter Coca-Cola enthält bereits 106 Gramm Zucker, eine Tafel Schokolade kann mehr als 50 Gramm enthalten, sogar ein einzelnes Joghurt kann die 30-Gramm-Grenze überschreiten. Auch vielen Lebensmitteln, die gar nicht süss schmecken, wird Zucker zugesetzt.

Heranwachsende in Grossbritannien nähmen etwa 70 Gramm Zucker pro Tag zu sich, schreiben die Autoren der Studie aus Cambridge. Eine wesentliche Quelle sind Süssgetränke. Bei britischen Kindern machten diese nach einer Studie von 2015 schon ein Drittel der Zuckerzufuhr aus.

Messbare gesundheitliche Erfolge

Wegen der Soft-Drink-Abgabe reduzierten Getränkehersteller den Zuckergehalt ihrer Produkte deutlich. «Enthielten 2015 noch fast 50 Prozent der im Supermarkt angebotenen Getränke mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter, waren es 2019 nur noch 15 Prozent», berichtet die deutsche «Tagesschau».

Die gesundheitlichen Erfolge seien messbar. Eine andere Studie der Universität Cambridge lege nahe, dass die Zuckersteuer Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen um acht Prozent verringert habe.

Auch die Zahngesundheit von Kindern verbesserte sich. Als Folge der Zuckersteuer wurden bis 2020 in Grossbritannien 12 Prozent weniger Minderjährige zum Ziehen von Zähnen ins Spital eingewiesen. Besonders ausgeprägt war dieser Effekt bei Kindern bis vier Jahren.

Laut «table.media» erheben bereits mehr als 100 Länder eine Steuer auf zuckerhaltige Erfrischungsgetränke. Die WHO empfiehlt eine Zuckersteuer in Höhe von mindestens 20 Prozent.


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