Eigenverantwortung der Frauen: Mitte-Nationalrat kneift
Nationalrat Leo Müller (Mitte, früherer CVP-Vize-Fraktionspräsident) will Zuckerwerbung, die sich an Kinder richtet, nicht einschränken. In der Tagesschau vom 12. November sagte er: «Wenn wir Kinder und Jugendliche vor irgendwelchen Gefahren schützen wollen, führt dies dazu, dass diese sich gar nicht mehr daran gewöhnen, Selbstverantwortung zu übernehmen.»
Just am Tag darauf, am 13. November, gab das Bundesgericht seinen Entscheid bekannt, dass die «Pille danach» weiterhin verschreibungspflichtig bleibt und Frauen sie nur in Apotheken beziehen können und nicht etwa auch in Drogerien.
Infosperber wollte von Nationalrat Leo Müller wissen: «Sind Sie dafür, dass Frauen die ‹Pille danach› frei kaufen können – in Eigenverantwortung, wie Sie diese bei Zuckerprodukten gestern befürwortet haben?»
Trotz zweimaliger Anfrage blieb eine Antwort aus. Müller wollte offensichtlich nicht eingestehen, dass er die bestehende Regulierung der «Pille danach» befürwortet. Frauen sollen über ihren eigenen Körper nicht etwa selber bestimmen. Kinder dagegen sollen lernen, mit Süssigkeiten selbstverantwortlich umzugehen.
Vor allem in Social Media grassiert die Werbung für Zucker-Schleckereien, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit will jetzt diese Werbung teilweise verbieten: «Dies nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen mit der Lebensmittelindustrie, um Werbung an Kinder für zu süsse, zu fettige und zu salzige Produkte freiwillig zu reduzieren.»
Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO ist zum Schluss gekommen, dass es eine verbindliche Regulierung brauche. Der schädlich hohe Zuckerkonsum gilt als Volkskrankheit Nummer eins.
Nicht nur Mitte-Nationalrat Müller, sondern auch SVP-Nationalrat Andreas Glarner verteidigte die an Kinder gerichtete Zuckerwerbung: «Der Konsument ist eigenverantwortlich und kann selber entscheiden zwischen gut und schlecht.»
Doch für die Freigabe der «Pille danach» setzt sich auch Glarner nicht ein. Er antwortete Infosperber: «Wenn es bislang möglich war und es zu keinen ernsthaften Problemen gekommen ist, bin ich selbstverständlich für die freie Verkäuflichkeit.» Aber eben: Nur wenn dies bisher der Fall war. Und das ist es nicht.
Im Klartext: Glarner ist dagegen.
Zur «Pille danach» ergänzte Glarner: «Allerdings sind mir der Grund für die vorgeschriebene Beratung und die Nebenwirkungen nicht bekannt.» Glarner wusste also, dass die «Pille danach» bisher nicht frei verkäuflich war, weil eine Beratung vorgeschrieben ist.
Bekannt müssten Glarner die Nebenwirkungen von Zucker sein, wenn Kinder aufgrund verführerischer Werbung zu viel davon essen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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