Leo Müller

Mitte-Nationalrat Leo Müller: Gegen Verbot von Zuckerwerbung an Kinder © srf

Eigenverantwortung der Frauen: Mitte-Nationalrat kneift

upg. /  Leo Müller verteidigt Zuckerwerbung an Kinder. Diese seien selbstverantwortlich. Frauen dagegen sind es für ihren Körper nicht.

Werbung für Süsses
Werbung für Süsses in Social Media

Nationalrat Leo Müller (Mitte, früherer CVP-Vize-Fraktionspräsident) will Zuckerwerbung, die sich an Kinder richtet, nicht einschränken. In der Tagesschau vom 12. November sagte er: «Wenn wir Kinder und Jugendliche vor irgendwelchen Gefahren schützen wollen, führt dies dazu, dass diese sich gar nicht mehr daran gewöhnen, Selbstverantwortung zu übernehmen.»

Just am Tag darauf, am 13. November, gab das Bundesgericht seinen Entscheid bekannt, dass die «Pille danach» weiterhin verschreibungspflichtig bleibt und Frauen sie nur in Apotheken beziehen können und nicht etwa auch in Drogerien.

Infosperber wollte von Nationalrat Leo Müller wissen: «Sind Sie dafür, dass Frauen die ‹Pille danach› frei kaufen können – in Eigenverantwortung, wie Sie diese bei Zuckerprodukten gestern befürwortet haben?»

Trotz zweimaliger Anfrage blieb eine Antwort aus. Müller wollte offensichtlich nicht eingestehen, dass er die bestehende Regulierung der «Pille danach» befürwortet. Frauen sollen über ihren eigenen Körper nicht etwa selber bestimmen. Kinder dagegen sollen lernen, mit Süssigkeiten selbstverantwortlich umzugehen. Was die Tagesschau und er selber verschwiegen: Leo Müller ist Verwaltungsrat der Schweizer Zucker AG.

Werbung Zucker
Werbung für Zuckerwaren auf Social Media

Vor allem in Social Media grassiert die Werbung für Zucker-Schleckereien, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit will jetzt diese Werbung teilweise verbieten: «Dies nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen mit der Lebensmittelindustrie, um Werbung an Kinder für zu süsse, zu fettige und zu salzige Produkte freiwillig zu reduzieren.»

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO ist zum Schluss gekommen, dass es eine verbindliche Regulierung brauche. Der schädlich hohe Zuckerkonsum gilt als Volkskrankheit Nummer eins. 

Nicht nur Mitte-Nationalrat Müller, sondern auch SVP-Nationalrat Andreas Glarner verteidigte die an Kinder gerichtete Zuckerwerbung: «Der Konsument ist eigenverantwortlich und kann selber entscheiden zwischen gut und schlecht.»

Pille danach Imagepointfr
Die «Pille danach»: rezeptpflichtig und nur nach Beratung

Doch für die Freigabe der «Pille danach» setzt sich auch Glarner nicht ein. Er antwortete Infosperber: «Wenn es bislang möglich war und es zu keinen ernsthaften Problemen gekommen ist, bin ich selbstverständlich für die freie Verkäuflichkeit.» Aber eben: Nur wenn dies bisher der Fall war. Und das ist es nicht.

Im Klartext: Glarner ist dagegen.

Zur «Pille danach» ergänzte Glarner: «Allerdings sind mir der Grund für die vorgeschriebene Beratung und die Nebenwirkungen nicht bekannt.»  Glarner wusste also, dass die «Pille danach» bisher nicht frei verkäuflich war, weil eine Beratung vorgeschrieben ist.

Bekannt müssten Glarner die Nebenwirkungen von Zucker sein, wenn Kinder aufgrund verführerischer Werbung zu viel davon essen.

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8 Meinungen

  • am 16.11.2024 um 11:09 Uhr
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    Rechtsbürgerliche Mehrheiten unternehemn nichts gegen zuviel Zucker in Lebensmittel Die teuren Nachfolgkosten übernehmen dann die Krankenkassen. Upps, schon wieder Mehrausgaben. Dafür werden mit Ballenberg- Mythos Zuckerrübenanbau und deren Mühlen betrieben. Jährlich werden dafür 3.3 Millionen Steuergelder verbraten.
    Die Lebensmittelbranche ist eine der undurchsichtigsten. Zuviel Zucker in Lebensmittel wird verschleiert oder mit nicht nachvollziehbaren Angaben vertuscht.

  • am 16.11.2024 um 11:45 Uhr
    Permalink

    Nikotin und Alkohol sind im Vergleich zu Zucker nach meiner Erfahrung harmlos, was das Suchtpotential angeht. Das Rauchen hab ich vor 25 Jahren erfolgreich aufgegeben. Alkohol wurde nie ein Suchtproblem, obwohl ich mir als Jugendlicher oft 2-3 mal pro Woche die «Lampe gefüllt» habe. Mit dem Zucker hab ich heute noch zu kämpfen, obwohl ich eigentlich weiss wie schädlich Zucker ist, und ich immer wieder versuche meinen Zuckerkonsum zu reduzieren. Eine stark unterschätzte Droge, und das Zielpublikum sind ausgerechnet unsere Kleinsten. Die Eltern merken oft kaum was die Industrie da für eine Gehirnwäsche vollzieht…. ich denke da z.B. an Advent, Weihnachten, Ostern, Kilbi, Freibad, Geburtstag, Frühstück , z’Nüni – ohne Zucker kaum denkbar. Da gibts noch sehr viel Aufklärungsbedarf.

    • am 17.11.2024 um 10:50 Uhr
      Permalink

      Sehr richtig. In Fruchstsäfte für Kinder hat es massiv zuviel Fruchtzucker, eben auch Zucker. Auf dem Ettikett steht : Ohne Zuckerzusatz. Logisch, der ist über den überhöhten Fruchtzucker bereits drin.

  • am 16.11.2024 um 11:47 Uhr
    Permalink

    Schade, dass keine Partei ‹unnötigen Luxus› besteuern will, weil man damit die Schäden, die dieser Luxus generiert, bezahlen könnte. – Selbstverantwortung in Zusammenhang mit Werbung ist zynisch: Man wird unausgewogen mit Konsum-Werbung eingedeckt: In der Öffentlichkeit, im Fernsehen, in der Zeitung …es fehlt an intensiver Werbung für ‹Nicht-Konsum›, Verzicht, für Ruhe, für Natur. Frei ist wer nichts braucht.

  • am 16.11.2024 um 12:38 Uhr
    Permalink

    Dieser Vergleich zwischen Pille danach und Zckerwerbung und Eigenverantwortung hinkt gewaltig!

  • am 17.11.2024 um 17:49 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Müller: die Gesundheitskosten dieser Zuckerschwemme zahlt am Schluss die gesamte Bevölkerung, die Gesundheitskosten steigen noch mehr, ebenso die Krankenkassenprämien. Ist es möglich dass sie in irgendeiner Form eventuell Nutzniesser sind davon? Es scheint so.

    • am 18.11.2024 um 10:59 Uhr
      Permalink

      Nicht nur in einer Form : Von Haus ist er Bauer, Mitglied bei fenaco ( Diese verteilt bäuerliche Produkte und schlägt eine Riesenmarge darauf, den Bauern zahlt sie zuwenig ) ,er ist Verwaltungsrat bei der Schweizer Zucker AG, bei der Agrimo, die unter anderem Spritzanlagen für Pestizide verkauft. Damit ist klar woher der Wind weht.

  • am 17.11.2024 um 22:40 Uhr
    Permalink

    Zucker schadet Gefässen (Herz/Kreislauf), Gehirn.
    Maltodextrin, Glucosesirup, Isoglucose, etwa Maissirup alias HFCS (high fructose corn syrup) etc.
    1988 Gerichtsbeschluss, Zucker darf als Schadstoff bezeichnet werden.
    Zucker/Alkohol verbraucht Vitamin B1, ohne es zu enthalten.
    Beobachter 2/2013, mein Leserbrief dazu: «In einem Migros-Spot tröstet eine Mutter den Liebeskummer ihrer Tochter mit einem Ein-Kilo-Sack Schokoladenkugeln.» Es macht mich stets traurig, wenn Liebe mit Industriezucker gleichgesetzt wird. Denn bei mir führte es zum Gegenteil: Leid.
    Kinder und nicht wenige Erwachsene denken: Wenn es verkauft werden darf, ist es nicht schädlich.
    Wiki: Softdrinksteuern gab es 2023 in mehr als 50 Staaten, darunter in Europa Belgien, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kroatien, Lettland, Polen, Portugal, Spanien und Ungarn.
    Fanta & Co. enthalten in der Schweiz mehr als doppelt so viel Zucker wie in Großbritannien.
    Ich erbitte abschreckende Warnworte/-fotos wie auf Tabak.

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