Der China-Korrespondent erinnert sich…
An meinem Arbeits- und Wohnort Peking wartet die beste Küche der Welt. Dennoch: die Militär-Käseschnitte, ein Klassiker, kann es durchaus mit der Peking Ente aufnehmen. Finde ich.
Nach der schönen Zeit in der sauberen, klaren Schweizerluft geht es noch einmal zurück nach Peking.*** Zurück ins Reich der Mitte heisst jeweils auch zurück ins Feinschmecker-Paradies. Obwohl sich ja, wie die kochkundige Leserin und der genussfähige Leser nur allzu gut wissen, über Geschmäcker nicht streiten lässt, finde ich Chinas Küchen von Sichuan über Peking bis nach Kanton weltweit unübetroffen. Nun ist es dennoch nicht so, dass ich Schweizer Delikatessen wie Cervelat-Salat, St. Galler Bratwurst, Züri Gschnätzlets, Mählsuppe, Schabziger-Käse, Saucisson Vaudois, Bondelles aus dem Neuenburgersee, Pollenta, Raclette oder Fondue, von der Röschti ganz zu schweigen, vor lauter Chinabegeisterung wirsch von der Tischkante weisen würde.
Im Gegenteil. Bei der Ankunft am Züricher Airport nichts wie hinunter in die lokal berühmte Weltstadt an den Bellevue-Platz zum Sternengrill, wo schon die feinste, mit Gefühl gegrillte Bratwurst wartet. Im Chateau von Estavayer-le-Lac muss es dann auch bei über dreissig Grad im Schatten eine Fondue Moitié-Moitié sein. Beim Verlassen der Schweiz kommt dann wieder etwas währschaft Schweizerisches auf den Teller. Diesmal hatte ich Glück. Bei einem alten Bekannten.
Als der «Anker» noch mein Anker war
In der schönen Bundesstadt Bern gibt es nämlich seit Jahrzehnten gleich neben dem Kornhauskeller das Restaurant Anker. Während meiner kurzen Studienzeit in Bern war es buchstäblich mein Anker. Es gab, neben viel lokalem Bier und Wein vom Bielersee, gutes und preiswertes Essen. Nach Jahrzehnten zum ersten Mal jetzt wieder einen Blick in die Speisekarte. Aufgefrischt aber immer noch solide. Röschti in allen Varianten. Köstlich. Nur eben, die beste Röschti auf der Welt gibt es nicht in der Schweiz, nicht in Bern, nicht bei Mama, sondern in der südwestchinesischen Provinz Yunnan. Ehrlich. Aber das ist ein ganz andere Geschichte. Auf der Ankerkarte nämlich leuchtet mich unübersehbar «Militär-Käseschnitte» an. Mmmh!!
Küchendienst bei den Grenadieren in Losone
Bei Militär-Käseschnitte weiss ich definitv, wovon ich rede und schreibe. Während der Grenadier-Rekrutenschule in Losone nämlich wurde ich vor Jahrzehnten wegen meines Betragens – ob gut oder schlecht sei dahingestellt – oft in die Küche abkommandiert. Um 4h30 Kakao anrühren, hiess das zum Beispiel. Oder abends zig Militär-Käseschnitten für den Küchenchef bzw. meine «Kameraden» vorbereiten. Diesen Dienst am Vaterland habe ich gerne verrichtet, denn ich habe viel gelernt und besitze noch heute das Militärkochbuch der Schweizer Armee, etwas zerflettert allerdings, weil alt und gebraucht.
Wie ich dem Internet entnehme, sind «Schweizer Armee Kochrezepte Reglement 60.006d» (gültig ab 01.01.2009) neu erschienen. Es ist 340 Seiten dick, kostet 45 Franken, wiegt 456 Gramm. Es ist zwar bereits vergriffen, ab Oktober 2012 aber wieder lieferbar.
In der Erinnerung wird natürlich vieles verklärt. Im Feld zum Beispiel hatte ich damals am liebsten den Fleischkäse aus der Büchse mit den unsäglich trockenen Biscuits, in der Losone-Kantine – nebst den exquisiten Creme-Schnitten von Kantinewirt Greco – den Spatz. Auch Soldaten der chinesischen Volksbefreiungs-Arme lieben im Feld – wie ich recherchiert habe – Büchsenschweinefleisch. Auf Creme-Schnitten in der Kantine allerdings müssen sie verzichten.
Die heutigen Rekruten werden richtig verwöhnt
Aber Ohalätz! Die jungen Schweizer Kämpen werden heute, wenn man nach dem neuen Militärkochbuch urteilt, regelrecht verwöhnt. Wer hat da Bundesferien geraunt? Nun, vom provenzalischen Auberginengratin bis zum Zürcher Eintopf, vegetarisch, mit Fleisch, Gebackenes, Gebeiztes, Älplermakronen ja – kaum zu glauben – Chinesisches und Indonesisches und Paella – das alles gibt es heute. Nicht zu vergessen Schinken im Brotteig, Geschnetzeltes, Fischfilets, Lasagne, Braten, Vegi-Röschti, Zwiebelkuchen. Und nicht fehlen darf natürlich der Klassiker, die gute alte Militär-Käseschnitte. Auch getrunken wird, z.b. Eistee, Zitronenwasser, Schokolademilch. Die militärische Jugend will heute auch nicht aufs Dessert verzichten. Laut Militär-Kochbuch gibt es u.a. Studentenschnitten, Tiramisu, Caramelcreme, Nussschnecken. Im Gegensatz zum «Gripen» weiss man beim Militäressen wenigstens, was man für sein Geld bekommt. Wie recht hat doch Bundesrat Ueli Mauerer: Wir haben tatsächlich die beste Armee der Welt.
Im Anker zu Bern komme ich derweil zur Sache. Köstlich. Ein (militätisches) Gedicht. Mit Gusto verzehre ich die Militär-Käseschnitte, Supplément, bitte schön!
Hier ausnahmsweise mein über Jahrzehnte weiterentwickeltes Rezept. E Guete!!
Käseschnitten
(Für vier Personen)
Zutaten
– Brot: Altes Vollkornbrot oder alter Zopf, in Scheiben geschnitten
– Käse: 200 g reifer Gruyère; 200 g Bergkäse oder Emmentaler;
– 80 Gramm feinstens zerhackte Speckwürfeli:
– 1 Knoblauchzehe;
– eine kleine Zwiebel,
– 2 EL Mehl;
– 2 Eier;
– 3–4 EL trockener Weisswein, z. B. Vinzel;
– Salz, Sichuan-Pfeffer; Muskatnuss;
– Rahm
– Weisswein, am besten Château de Font
– Sonnenblumen-Öl zum Braten
Zubereitung
• Das Brot sollte nicht allzu frisch sein. Am besten eignet sich altbackenes Brot. Für richtige Militär-Käseschnitten einseitig die Brotscheiben im Backofen bei 180 Grad vorbacken. Danach mit Eiweiss bestreichen.
• Käse fein reiben. Knoblauch schälen, sehr fein zerkleinern. Zwiebeln fein zerhacken. Etwas Mehl über alles streuen. Eier verquirlen. Zusammen mit dem Weisswein der Käsemasse beigeben. Gründlich vermischen. Mit schwarzem Sichuan-Pfeffer, Paprika und Muskatnuss abschmecken. Die Masse nochmals gut durchrühren, Speckwürfeli beimengen, Rahm und nochmals etwas Weisswein dazugeben, so dass sie fein und streichfähig ist.
• Die Masse zwei bis drei Zentimeter dick und hügelartig auf die vorgebackenen Brotscheiben streichen.
• Blech mit den Käseschnitten in die Mitte des auf 220 Grad vorgeheizten Backofens schieben. Rund 10 Minuten backen. Die Käsemasse sollte goldgelb, soufflé-gleich schmelzen, der Brotboten noch knusprig sein. Sofort servieren.
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*** Frage des Redaktors: Was heisst da «geht es noch einmal zurück nach Peking» (siehe oben)? Zum letzten Mal? Ist die Heimat also doch immer noch die Schweiz? – So verklausuliert zu schreiben geht natürlich nicht. Wir hätten gerne genauere Informationen!
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine