Point de Presse Coronavirus 1.12.2020

Der Präsident der Impfkommission (links, zweiter von unten) war Druck von verschiedenen Seiten ausgesetzt. © Der Schweizerische Bundesrat

Covid-Impfung für Kinder und Jugendliche war «klar nicht nötig»

Martina Frei /  Das sagt der frühere Präsident der Schweizer Impfkommission rückblickend. Der Druck auf die Kommissionen war teils enorm.

Verglichen mit Deutschland sei der Druck auf die Impfkommission in der Schweiz geringer gewesen, wie auch die Massnahmen für die Bevölkerung, betont der frühere Präsident Christoph Berger. «Die Schulen in der Schweiz waren nur 6 Wochen geschlossen und in Deutschland über 30 Wochen. Die Maskentragpflicht und verschiedene andere Massnahmen wurden bei uns sehr viel früher aufgehoben und die Impfempfehlungen viel zurückhaltender formuliert.» Berger führt dies auf den Dialog und die rasch angepasste Risikoeinschätzung in der Schweiz zurück.

In Deutschland entbrannte über der Impfung von Kindern ein Streit zwischen Politikern und der dortigen Impfkommission. 

Zahlen aus Deutschland zeigten: Weniger als 1 von 10’000 Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren ohne Vorerkrankungen musste wegen Covid hospitalisiert werden – die niedrigste Hospitalisationsrate von allen Altersgruppen, schrieb eine deutsche Autorengruppe

Zahlen aus den USA zeigten: Bei schätzungsweise vier von zehn mit Covid hospitalisierten Kindern war die Sars-CoV-2-Infektion nur ein zufälliger Befund oder eine Begleiterscheinung

«99,995 Prozent der Kinder und Jugendlichen überlebten eine Infektion mit Sars-CoV-2. Zusätzlich ist zu beachten, dass drei Viertel der Betroffenen Vorerkrankungen hatten, fast zwei Drittel davon sogar lebensbedrohende. Bei gesunden Kindern und Jugendlichen liegen die Zahlen somit noch einmal deutlich niedriger», hielt der Grazer Gesundheitswissenschaftler Martin Sprenger in seinem Buch «Corona – Des Rätsels Lösung» fest.

«Schon ein Dutzend Fälle ernsthafter Nebenwirkungen stellt die Impfung bei Kindern in Frage»

Die Autorengruppe stellte die Frage, «warum gesunde 5- bis 11-Jährige vor einer Infektion geschützt werden sollen, an der sie der Datenlage zufolge weder unter Omikron noch unter Delta schwer erkranken können».

Überdies sei der Kinderimpfstoff auf die ursprüngliche Wuhan-Virusvariante zugeschnitten gewesen. Im Dezember 2021 breitete sich aber bereits die Omikron-Virusvariante stark aus. Sie dominierte im Januar 2022 und galt als milder.

Einige Politiker hatten argumentiert, dank der Impfungen liesse sich eine Herdenimmunität erreichen und der Verlauf der Pandemie günstig beeinflussen. Doch beides traf nicht zu. Dies war den Verantwortlichen zum Zeitpunkt, als die Kinderimpfung zugelassen wurde, bewusst.

Deutscher Kommissionspräsident stellte sich quer

Bei einer Impfung, die den Kindern praktisch keinen Nutzen bringe, seien auch sehr seltene Nebenwirkungen relevant. «Schon [insgesamt] ein Dutzend Fälle ernsthafter Nebenwirkungen stellt die Impfung bei Kindern in Frage», wandte Thomas Mertens ein, der damalige Präsident der deutschen Impfkommission Stiko (Infosperber berichtete).

Anfang Dezember 2021 erklärte Mertens öffentlich, wenn er ein sieben- oder achtjähriges Kind hätte, würde er es «wahrscheinlich jetzt nicht impfen lassen», weil es zu wenige Daten gebe. (Später sagte er, diese persönliche Äusserung am Ende eines langen Interviews sei ein Fehler gewesen.)

Entsprechend beschränkte die deutsche Impfkommission (Stiko) die Covid-Impfempfehlung im Dezember 2021 nur auf Kinder mit Vorerkrankungen. Ihre Begründung: Sehr geringe Krankheitsschwere und ungenügende Daten zur Impfstoffsicherheit.

Die Gesundheitsbehörde in Schweden sprach für die 5- bis 11-Jährigen keine Impfempfehlung aus. 

Die Impfkommissionen empfahlen Unterschiedliches

Die österreichische Impfkommission dagegen preschte vor: Sie gab ihre allgemeine Impfempfehlung für die 5- bis 11-Jährigen noch am gleichen Tag, als die Europäische Arzneimittelbehörde den Pfizer-Impfstoff für Kinder zuliess. Das zeigt, wie unterschiedlich die Kommissionen – aufgrund der gleichen Daten – die Covid-Impfung von Kindern bewerteten – oder wie stark sie unter Druck standen. 

Christoph Berger sagte Mitte Dezember 2021 gegenüber «20 Minuten» online: «Die Kinderimpfung ist wirksam, zugelassen und sicher.» 

Zu dieser Aussage stehe er, sie sei richtig gewesen, damals und auch jetzt rückblickend, sagt Berger heute. Damals empfahl die Ekif die Kinderimpfung, wenn die Eltern dies wünschten (!), 

  • «um das Kind vor fast immer milden und äusserst selten schweren Covid-19-Erkrankungen bzw. Komplikationen zu schützen, 
  • und um indirekte negative Auswirkungen von individuellen und kollektiven Massnahmen (z. B. durch Isolation / Quarantäne), sowie die Folgen häufiger Exposition (z. B. in Schule / Freizeit) zu vermeiden.»

Im Klartext rieten die Ekif und das BAG auch hier, gesunde Kinder impfen zu lassen, um ihnen soziale Kontakte zu ermöglichen.

Verträglichkeit an rund 1500 Kindern erprobt

Impfende Ärzte, die am gleichen Tag die offizielle Impfempfehlung lasen, erfuhren Genaueres: Ekif und BAG erwähnten dort, dass die Daten zur Verträglichkeit des Impfstoffs auf bloss 1518 geimpften Kindern beruhten. 

Eine so kleine Zahl geimpfter Kinder lässt keine belastbaren Schlüsse zur Sicherheit zu. Denn eine Studie an nur 1518 Kindern kann nicht abschätzen, wie oft seltene, schwere Nebenwirkungen in dieser Altersgruppe vorkommen.

Selbst fünf Monate später: Noch keine ausreichenden Daten

In der Impfempfehlung war auch zu lesen: Seltene schwere unerwünschte Wirkungen könnten «noch nicht sicher ausgeschlossen werden […] Ob und in welcher Rate Myokarditiden und Perikarditiden [Herzmuskel- bzw. Herzbeutelentzündung – Anm. d. Red.] nach der Impfung mit 1 oder 2 Impfdosen bei Kindern […] auftreten, ist unbekannt.» Es sei auch noch nicht bekannt, wie häufig eine Herzmuskelentzündung nach mRNA-Impfung im Vergleich zu einer Herzmuskelentzündung infolge SARS-CoV-2 in dieser Altersgruppe vorkomme. 

Fünf Monate nachdem Berger die Kinderimpfung öffentlich als «sicher» bezeichnet hatte, kam die deutsche Impfkommission Stiko zum Schluss: «Bislang gibt es global keine hinreichende Datenlage, um unter anderem das Myokarditisrisiko vollständig abzuschätzen. Initiale Berichte lassen [bei 5- bis 11-Jährigen] eine deutlich geringere Myokarditis-Inzidenzrate als bei Jugendlichen (ab 12 Jahren) und jungen Erwachsenen erwarten.»

Covid-Impfung für Kinder und Jugendliche rückblickend «klar nicht nötig»

Es habe zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich nur wenig Daten gegeben, räumt Berger nun ein, aber inzwischen bestätige die jahrelange Erfahrung mit der Covid-Impfung für Kinder, etwa in den USA, «dass diese Impfung nie gefährlich war. Sie bot Kindern einen minimalen, zusätzlichen Schutz. Eltern, die ihre Kinder individuell mit der Impfung schützen wollen und das ganz im Sinne des Kindes entscheiden, konnten das tun und sollen das auch heute tun.»

Doch rückblickend betrachtet, sei die Covid-Impfung für Kinder und Jugendliche «klar nicht nötig» gewesen, sagt Berger heute. «Die Impfempfehlung für sie war in der Schweiz sehr offen und zurückhaltend formuliert. Die Eltern und die Bevölkerung haben das sehr gut verstanden, das zeigt die Impfrate. Sie hat bei den Kindern nie hohe Werte erreicht.»

Im Mai 2022 beugte sich auch die Stiko

Noch deutlicher äusserte sich schon im Juni 2022 der Direktor der dänischen Gesundheitsbehörde: Rückblickend betrachtet, «haben wir nicht viel von der Impfung der Kinder profitiert», bekannte er. «Wir haben dazugelernt und würden heute nicht mehr dasselbe tun.» Was die Seuchenkontrolle betreffe, habe das Impfen von Kindern nicht viel gebracht (Infosperber berichtete).

Einen Monat zuvor war die Stiko eingeknickt und empfahl allen gesunden Kindern eine Impfdosis, obwohl «das ohnehin schon geringe Risiko für diese Altersgruppe inzwischen noch geringer geworden sein dürfte», wie die Autorengruppe aus Wissenschaftlern und weiteren Fachpersonen anmerkte. Sie verwies auf die bereits hohe Durchseuchung und die mildere Omikron-Virusvariante. 

Dabei hatte Covid für gesunde 17- bis 72-Jährige schon im März 2022 eine Sterblichkeitsrate von unter 0,01 Prozent, denn die meisten hatten bereits eine Immunität gegen das Virus erworben. Ende April 2023 hob die Stiko die allgemeine Impfempfehlung für gesunde Kinder schliesslich wieder auf.

11 von 17 Stiko-Mitgliedern mussten gehen

Die deutsche Impfkommission Stiko stemmte sich während der Corona-Pandemie über Monate gegen die Covid-Impfung von gesunden Kindern.

Das grösste Problem während der Pandemie war nach Ansicht ihres damaligen Präsidenten Thomas Mertens die Kommunikation, berichtete das «Deutsche Ärzteblatt» (DÄ). 

Viele Politiker habe Mertens als «nicht gerade hilfreich» empfunden, so das «DÄ»: «Da wurde nicht auf Basis von wissenschaftlichen Daten argumentiert. Da ging es darum, politischen Handlungswillen zu demonstrieren, das eigene Profil zu schärfen oder politischen Druck zu entwickeln.» Es seien teilweise schwer erträgliche Beschlüsse gefasst worden – «etwa, wenn anfangs schnelle Impfungen von Kindern gefordert wurden, aber gleichzeitig gesagt wurde, dass der Bund keine Haftung übernimmt».

Im Herbst 2023 entschied der deutsche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Stiko neu aufzustellen. Indem er die Amtszeit der Mitglieder auf drei Perioden (à drei Jahre) begrenzte, sorgte er für den abrupten Abgang von 11 der früher insgesamt 17 Mitglieder. Einige Ärzte sahen dadurch die Kontinuität der Arbeit der Stiko gefährdet. Seit Februar 2024 besteht die Stiko neu aus 19 Mitgliedern, nur fünf davon gehörten ihr schon in der letzten Amtsperiode an. 

Ärzteverbände forderten, bei der Berufung neuer Mitglieder darauf zu achten, dass in der Stiko Ärzte vertreten seien, die «unabhängig von politischer Einflussnahme» entscheiden könnten.

«Die Unabhängigkeit der Stiko von politischer Einflussnahme hat sich bewährt und bleibt weiter bestehen», erklärte der Gesundheitsminister im «Deutschen Ärzteblatt». Auch das deutsche Gesundheitsministerium liess verlauten, dass an «den Grundprinzipien wie der Anbindung an das Robert-Koch-Institut, der Unabhängigkeit von politi­scher Einflussnahme und der ehrenamtlichen Mitgliedschaft» festgehalten werden solle.

Wie die geleakten «RKI-Protokolle» inzwischen belegen, war das Robert-Koch-Institut allerdings alles andere als unabhängig von politischer Einflussnahme (Infosperber berichtete).


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3 Meinungen

  • am 6.01.2025 um 11:40 Uhr
    Permalink

    Eine Corona-Aufarbeitung ist dringend notwendig. Dabei muss herausgearbeitet werden, welche Form der Bedrohung Corona wirklich war und ist. Wir haben dazu die unabhängigen (!) Experten und wir haben die Methoden, um Epidemien sinnvoll zu begegnen. Diese Experten gab es und gibt es: sie müssen hinzugezogen, anstatt sie auszugrenzen oder zu entlassen. Diese Experten haben die Regierungen davor gewarnt – aber sie würden nicht gehört -, was nun evident ist: Die sogenannten Schutzmaßnahmen haben einen viel größeren Schaden angerichtet, als es das Coronavirus je hätte verursachen können.
    Die wirkliche Gefahr besteht in der Unverantwortlichkeit, mit der es möglich war, einen Notstand – fast global – auszurufen, für den es zu keinem Zeitpunkt irgendeine Faktengrundlage gab: Die freigeklagten Protokolle des RKI-Corona-Expertenrates belegen dies: Covid wird dabei eher mit einer Influenza-Grippe verglichen.
    Die «Aufarbeitung» nur auf die Kinderimpfung zu begrenzen, greift daher viel zu kurz.

  • am 6.01.2025 um 15:25 Uhr
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    Zum Glück ist der «Deep State» bloss eine Verschwörungstheorie von irgend welchen Spinnern.
    Selbstverständlich ist die Trickle-up-Ökonomie gänzlich ausgeschlossen, wonach die superreichen Eigentümer von Pharmakonzernen die Regierungen zwingen, Gesetze in deren Sinn zu erlassen, gewaltige Schulden zu machen, Lockdowns anzuordnen, nur um unnötige Impfungen zu verabreichen, nur damit diese Superreichen noch reicher werden. Die WHO dazu zu bringen die Definition von «Pandemie» zu deren Vorteil zu ändern, wonach jeder Schnupfen angeblich eine «Pandemie» sein soll.

  • am 7.01.2025 um 15:48 Uhr
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    Herr Bergers Offenheit klingt für mich eher nach Reinwascherei und Gewissensberuhigung denn effektiver Einsicht und Reue – oder ist er Aletheia beigetreten und verschafft dieser Organisation jetzt Gehör?
    Das Ganze gehört sauber, konsequent und transparent aufgearbeitet – Verstrickungen zwischen Politik, Behörden und Gesundheitsindustrie blossgestellt, aufgearbeitet und gekappt, mit den jeweiligen rechtlichen Konsequenzen.
    Sehe ich aber, wie das Gericht im Fall Lauener (Indiskretion dem Blick) gegenüber urteilte, mache ich mir da wenig Hoffnung.

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