Geldspritze

Kräftige Geldspritzen der Öffentlichkeit steigern die Gewinne der Pharmafirmen. Das freut die Aktionäre. © dipnik / Depositphotos

Covid-Impfstoffe: Das 32 Milliarden-Dollar-Geschenk

Martina Frei /  Entwicklungskosten von der Öffentlichkeit bezahlen lassen, Gewinne privatisieren – so gehen grosse Pharmafirmen vor.

Die Pharmafirmen Moderna und Pfizer haben mit ihren Covid-Impfstoffen bisher über 100 Milliarden Dollar eingenommen. Das ist 20-mal mehr als das Budget der Weltgesundheitsorganisation für die zwei Jahre 2020 und 2021. Und obwohl die Herstellung einer mRNA-Covid-Impfdosis nur etwa einen bis drei Dollar koste, hätten beide Pharmafirmen angekündigt, dass sie in den USA dieses Jahr 110 Dollar pro Dosis verlangen wollen. 

Auf diese Diskrepanzen weist der Editorialist Victor Roy in der britischen Ärztezeitung «BMJ» hin. Anlass für seinen Artikel ist eine Recherche von US-Medizinern um den bekannten Pharmakologen Aaron Kesselheim im «BMJ». Sie ermittelten, wie viel Geld die öffentliche Hand in den USA in die Entwicklung der mRNA-Impfungen steckte: Mindestens 31’912’100’000 Dollar. 

Risiko für die Firmen erheblich abgefedert

Während der Pandemie investierten die «National Institutes of Health», das US-Verteidigungsministerium und die «Biomedical Advanced Research and Development Authority» mindestens 2,366 Milliarden an Forschungsgeldern. Zudem leisteten sie 29,2 Milliarden Dollar an Garantiezahlungen für die (zu entwickelnden) Impfstoffe. Moderna und Pfizer erhielten Zusagen, dass ihnen Millionen von Impfdosen abgekauft würden. Indem die US-Regierung klinische Versuche von Moderna finanzierte, Kaufzusagen für die Vakzinen in grossen Stil machte etc., habe sie das Risiko für die Hersteller bei der Entwicklung der Impfstoffe massgeblich «de-riskiert», schreiben Kesselheim und seine Kollegen. 

Im Verlauf von 35 Jahren vor der Pandemie bezahlten die US-Bürgerinnen und-Bürger über die drei erwähnten Institutionen demnach zusammen rund 337 Millionen Dollar, um die RNA-Technologie auf den Weg zu bringen, zum Beispiel in die Forschung an Lipid-Nanopartikeln. Diese Schätzung sei bewusst vorsichtig, schreiben Kesselheim und seine Kollegen. Vermutlich seien indirekt zusätzliche 5,9 Milliarden Dollar an Forschungsgeldern geflossen.

Moderna erhielt über 18,1 Milliarden Dollar an öffentlichen Geldern, Pfizer/Biontech rund 13,1 Milliarden, ergab die Recherche weiter. Trotz dieser grosszügigen Förderung sperren sich die Firmen dagegen, die Rohdaten ihrer Studien offen zu legen.

Produktionskosten für eine mRNA-Impfdosis: Maximal drei Dollar

Die Produktionskosten für eine Impfdosis belaufen sich laut dem «BMJ» auf einen bis drei Dollar. Bezahlt hätten die USA an Pfizer/Biontech im Jahr 2020 jedoch 19,50 Dollar, im Jahr 2021 waren es 24 Dollar und im Jahr 2022 für den bivalenten Booster rund 30 Dollar. Moderna habe anfangs rund 15 Dollar pro Impfdosis erhalten, im Jahr 2022 dann rund 26 Dollar.

Die mRNA-Impfstoffe seien eine bemerkenswerte Errungenschaft, findet Victor Roy. Ihre Entwicklung sei aber auch ein warnendes Beispiel dafür, wie wie das Innovationsrisiko durch die Gemeinschaft getragen wurde, während der Löwenanteil des Gewinns privatisiert und an die Aktionäre ausbezahlt wurde. 

Mehr für Dividenden ausgegeben als für die Entwicklung neuer Medikamente

Die hohen Medikamentenpreise «sind nicht durch die Ausgaben der Industrie für Forschung & Entwicklung zu rechtfertigen», stellen die Autoren einer Analyse im «BMJ» zu Arzneimitteln fest. Ihnen zufolge gaben die grossen Pharmafirmen in jedem Jahr von 1999 bis 2018 mehr fürs Marketing und fürs Verkaufen ihrer Produkte aus als für die Forschung und Entwicklung. Damit setzten sie einen Trend fort, der schon 1975 festgestellt wurde. 

Auch in die Rückkäufe ihrer eigenen Aktien hätten die meisten mehr investiert als in die Forschung und Entwicklung. Die 14 grössten Pharmafirmen wendeten für solche Rückkäufe und für die Zahlungen von Dividenden von 2016 bis 2020 etwa 577 Milliarden Dollar auf – 56 Milliarden mehr, als sie für die Forschung und Entwicklung neuer Wirkstoffe ausgaben. Die jährlichen Bezüge der Unternehmensleitungen seien in dieser Zeit um 14 Prozent gestiegen, berichtet das «BMJ». Dies vor dem Hintergrund, dass die meisten neu auf den Markt gekommenen Medikamente nur einen kleinen oder gar keinen Zusatznutzen gegenüber etablierten Wirkstoffen geboten hätten.

Einer anderen Analyse zufolge zahlten 18 grosse Pharmahersteller von 2006 bis 2015 ihren Aktionären mehr Dividenden aus, als sie in ihre Forschung investierten. Seit Jahrzehnten richteten Arzneimittelhersteller ihren Fokus darauf, den Aktienwert hochzutreiben, stellen die Autoren des Artikels im «BMJ» fest.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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6 Meinungen

  • am 13.03.2023 um 13:29 Uhr
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    Wer die Macht dazu hat, kann für sich ein wunderbar rentables Konzern-Regierungs-System einrichten mit dem salbungsvollen Namen «Public Private Partnership» (PPP), womit in praktisch jedem Wirtschaftsbereich massiv öffentliche Gelder in private Konzerntaschen umverteilt wird. Dieses Prinzip scheint für viele noch so neu, dass es immer noch ausgebaut werden kann und so bereits sehr reiche Menschen praktisch risikolos noch reicher werden können. Auch erkennbar in der jährlichen Oxfam-Studie.
    Wer könnte da widerstehen?

    Die Arbeit der Mafia in früheren Zeiten war dagegen ein wirklicher «Knochen-Job».

  • am 13.03.2023 um 15:21 Uhr
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    Danke für den Bericht. Wenn das Tauschmittel Kapital missbraucht wird, wird es zur Waffe. Mit dem Missbrauch des Tauschmittels Kapital werden und wurden mehr Menschen in Leid, Elend und Tod gestürzt als in allen Kriegen zusammen. Denjenigen welchen es an Kapital fehlt, wird von der Politik der Mund wässrig gemacht, wählt uns, und ihr werdet auch vom Wohlstand profitieren. Doch mit wenigen Ausnahmen bleibt das gehortete Kapital immer in den gleichen Händen der gleichen Familien. Sie sorgen dafür, dass die gesetzlichen Strukturen so geschaffen werden, das es auch so bleibt. Nicht immer, nicht überall, aber immer öfter. Das marode Finanzsystem führt zu Spaltungen, Leiden, Kriegen und sozialer Destabilisierung. Zu einer Zunahme der Kriminalität und einer Abnahme der Bildung, den Gebildete werden ausgebeutet und nicht belohnt. Leider gehört die Schweiz zu den oberen Nationen, welche unter Korruption leiden. Ich sehe leider keinen Hoffnungsschimmer, das sich da was ändert.

    • am 14.03.2023 um 07:29 Uhr
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      Deshalb muss die Macht des Kapitals in geordnete Bahnen gelenkt werden und um nichts anderes geht es in der heutigen Zeit.

      Anstelle von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) der Bankenlobby (das uns definitiv versklavt und total überwachen würde) sollten wir uns einsetzen nicht für Sozialismus und Kommunismus, sondern für einen Plan B – die Humane Marktwirtschaft:
      https://apolut.net/plan-b-die-humane-marktwirtschaft-doku-2022/

      Es wäre ein Segen und ein sehr grosser Schritt für die Menschheit.

  • am 13.03.2023 um 15:28 Uhr
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    Im Zusammenhang mit Covid sind weltweit etwa 700 Substanzen erforscht und getestet worden.
    Nur die allerwenigsten haben sich für die Pharmafirmen ausgezahlt. Profitiert haben vor allem die Zulieferer wie Lonza, da deren Leistungen bezahlt wurden, auch wenn die Medikamente letztlich klinisch nicht erfolgreich waren.
    Wenn man pro Substanz einen Mittelwert von 100Mio Entwicklungsaufwand annimmt, dann gibt das 70Mrd. Ausgaben. Und man erahnt, dass die meisten Pharmafirmen (und deren Aktionäre) bei Covid draufgezahlt haben.
    Aber Sie haben schon recht, hier etwas Empörung zu schüren: Schliesslich könnte man mit  32 Mrd auch die Credit Suisse retten. Oder Aufrüsten.

  • am 13.03.2023 um 17:13 Uhr
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    Es wäre wirklich dringend, die Verträge des Bundes mit den Impfstoffherstellern lückenlos zu veröffentlichen. Vielleicht könnte man dann auch sehen, weshalb die Schweiz derart absurde Mengen bestellt hat.

  • am 13.03.2023 um 18:26 Uhr
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    Das überrascht nicht wirklich. Fand eher die Idee wahnsinnig naiv,dass dort altruistische Personen arbeiten. Schlussendlich sind dort «Gschäftlimacher'» am Hebel,denen unsere Gesundheit ziemlich egal ist,hauprsache die Kasse stimmt. Eigentlich gibts unterdessen auch viele Hinweise, dass diese Firmen miese Knebelverträge einsetzten,anders sind die völlig überrissene Anzahl an Impfdosen,die Deutschland und die CH gekauft haben, nicht zu erklären.

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