Viola Priesemann

Viola Priesemann, hier in der Sendung «Berlin direkt» vom 6.12.2020. Damals sprach sie sich für einen harten Lockdown aus. © ZDF

Corona-Lockdown: Falsche Prognosen der Regierungsberaterin

Martina Frei /  Die Physik-Professorin Viola Priesemann legitimierte strenge Massnahmen in Deutschland. Grosse Medien beriefen sich darauf.

«Die Auflagen wirken», titelte die «Süddeutsche Zeitung» im April 2020 und stützte sich dabei auf mathematische Modellrechnungen der deutschen Physikerin Viola Priesemann und ihrer Arbeitsgruppe. Diese würden «zeigen, dass die frühen Massnahmen, vor allem Schulschliessungen und Absage von Grossveranstaltungen, bereits Wirkung zeigen», schrieb die «Süddeutsche Zeitung».

Die «Massnahmen», das waren: 

  • Ab dem 8. März 2020 keine Grossveranstaltungen mehr. 
  • Ab dem 16. März 2020 Schliessung von Schulen, Kitas, allen nicht-lebensnotwendigen Läden.
  • Ab dem 22. März 2020 Mindestabstand im öffentlichen Raum zwischen zwei Menschen von mindestens 1,50 Metern, Aufenthalt im öffentlichen Raum nur allein oder mit einer weiteren Person ausserhalb des eigenen Hausstands, Schliessung von Gastronomie und zahlreichen Betrieben. 

Ganz Deutschland befand sich damals im Lockdown, sieben lange Wochen. Von Anfang an stellte sich die Frage, wie nützlich diese Massnahmen waren. 

Zu Gast bei Lanz, bei Illner und in den Nachrichten

«Wir können zeigen, dass alle drei Massnahmenpakete die Zunahme der Infektionen klar bremsen konnten. Aber erst durch das weitreichende Kontaktverbot gingen die Fälle dann deutlich zurück», zitierte «Der Spiegel» Mitte Mai 2020 Viola Priesemann unter dem Titel «So effektiv ist die deutsche Pandemie-Politik». Erst «strenge Regeln zur Kontaktbeschränkung brachten den Durchbruch» bezüglich der Infektionszahlen, hielt «Der Spiegel» fest und berief sich dabei auf Priesemanns Team: «Die Forscher legen nachvollziehbar dar, wie sich das Ergebnis der Beschränkungen jeweils etwa zwei Wochen nach ihrer Verkündung in den Fallzahlen zeigte.»

Im Idealfall lässt sich mit einem Modell, wie Priesemann es präsentierte, der weitere Verlauf der Infektionswelle vorhersagen – ein wichtiger Hinweisgeber für die Politik.

Priesemann beriet nicht nur die deutsche Regierung, die Physikerin wurde auch in den Medien zum Shooting-Star. Sie war Gast bei «Markus Lanz» und «Maybrit Illner», sie kam unter anderem in den «ARD»-Tagesthemen zu Wort, in den «ZDF» Nachrichten, in der Sendung «Berlin direkt», beim «NDR», im «Deutschlandfunk» und sie wurde in grossen Printmedien zitiert.

Doch bis zur Pandemie hatte sich Priesemann nicht – wie etwa der niederländische Mathematiker Odo Diekmann – mit Infektionsausbrüchen befasst, sondern mit Neurowissenschaft.

«Die politischen Entscheidungsträger informieren»

Am 15. Mai 2020 veröffentlichten Priesemann und ihre Kollegen ihre Modellrechnungen in der Wissenschafts-Zeitschrift «Science». «Mit diesem Ansatz können die Wirkungen von Massnahmen zeitnah beurteilt werden. Künftige Eingriffe und Lockerungen von Beschränkungen können […] modelliert werden, was kurzfristige Prognosen für die Fallzahlen ermöglicht», lobten Priesemann und ihre Kollegen ihren Ansatz. Er könne «dazu beitragen, die Effizienz von Massnahmen in anderen Ländern zu ermitteln und die politischen Entscheidungsträger hinsichtlich der Verschärfung, Lockerung und Auswahl geeigneter Massnahmen zu informieren.»

Dieser Artikel kam wie gerufen. Er legitimierte wissenschaftlich, was die deutsche Bundesregierung beschlossen hatte. Priesemanns Modellierung zeigte eindrücklich, wie die angeordneten Massnahmen die Ausbreitung des Virus stufenweise reduzierten. Damit untermauerte die Physikerin den Nutzen und Sinn des Lockdowns, der fast das gesamte öffentliche Leben in Deutschland zum Erliegen brachte.

Grafik Dehning et al, Science
Am 8., 16. und 22. März 2020 verhängte die deutsche Regierung in drei Schritten weitgehende Massnahmen zur Kontaktbeschränkung. Die Modellberechnungen von Priesemanns Gruppe zeigte, wie die Infektionsausbreitung parallel dazu in drei Schritten sank. Damit untermauerte ihr Modell die Wirksamkeit der Massnahmen.

«Dieser «Science»-Artikel ist von vorn bis hinten verkehrt. Das ist nicht haltbar. Durch das Festhalten an falschen Modellen stehen Leben auf dem Spiel.»

Simon Hegelich, Professor für politische Datenwissenschaft an der TU München

Dumm nur, dass andere Wissenschaftler nicht nachvollziehen konnten, was Priesemann und ihr Team da berechnet hatten. «Dieser «Science»-Artikel ist von vorn bis hinten verkehrt. Das ist nicht haltbar», sagt Simon Hegelich, Professor für politische Datenwissenschaft an der TU München. Er beriet während der Pandemie die Bayrische Landesregierung und habe sich intensiv bemüht, Priesemanns Modell zu bestätigen. Doch das sei ihm nicht gelungen, sagt Hegelich. Er frage sich inzwischen sogar, ob da so lange herumgepröbelt worden sei, bis das gewünschte Ergebnis herauskam. «Frau Priesemann hatte grossen Einfluss darauf, wie es in dieser Pandemie weiterging. Der «Science»-Artikel hat sicherlich auch ihrer Karriere geholfen», vermutet Hegelich. In seinem Blog legte er seine Kritik ausführlicher dar.

Priesemanns Berechnungsmodell, «liefert keinen Beweis für die Effektivität der politischen Massnahmen in Deutschland und sollte deshalb auch nicht für die Politikberatung verwendet werden. Durch das Festhalten an falschen Modellen stehen Leben auf dem Spiel», warnten Hegelich und ein Kollege im Juli 2021 in einem Online-Leserbrief an «Science».

Die Behauptung von Priesemann wurde durch Analysen anderer Wissenschaftler «nicht gestützt»

Zu den ersten Kritikern in dieser Leserbriefspalte gehörte auch Helmut Küchenhoff, Professor am Institut für Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Küchenhoff und seine Kollegen wiesen darauf hin, dass die Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) etwas ganz anderes zeigten als Priesemanns Berechnungen. Laut dem RKI waren die Fallzahlen schon ab dem 19. März 2020 rückläufig, als Priesemanns Modell noch einen Anstieg zeigte.

Die Behauptung von Priesemann, der Lockdown vom 22. März sei nötig gewesen, um die Infektionsausbreitung zu stoppen, «wird durch unsere Analyse nicht gestützt», so das Fazit in einem von Küchenhoff und weiteren Wissenschaftlern im März 2021 publizierten Artikel in «Epidemiology & Infection». Ihre Analyse zeigte stattdessen klar, dass die exponentielle Ausbreitung bereits zwischen dem 9. und dem 13. März endete – also zum Zeitpunkt, als Massenveranstaltung abgesagt wurden und kurz nachdem die deutsche Regierung eindrücklich an die Bevölkerung appelliert hatte, Abstand zu halten.

Ein wichtiger Unterschied in den Analysen: Küchenhoff berücksichtigte bei seinen Berechnungen auch den Symptombeginn, Priesemann dagegen stützte sich auf das Meldedatum der Infektionen. Zwischen beidem können mehrere Tage Verzögerung liegen. 

Schwere Kritik auch von «Corona-Kritikern»

Der Geograf Thomas Wieland vom Karlsruher Institut für Technologie widerlegte Priesemann ebenfalls. Seine Berechnungen in «Safety Science» zeigten, dass die Infektionszahlen in Deutschland schon im ersten Märzdrittel zurückgingen – «etwa eine Woche vor der Schliessung von Schulen und Kindertagesstätten und zwei Wochen vor Inkrafttreten des Lockdowns». Hätten die Schulschliessungen gewirkt, dann wären die Infektionszahlen ab dem 16. März 2020 stärker zurückgegangen, als dies tatsächlich der Fall war, argumentierte Wieland. Damit sei fraglich, ob das zweite und das dritte Massnahmenpaket der deutschen Regierung nötig gewesen sei. 

Dasselbe kritisierten sehr früh auch mehrere Wissenschaftler, die als «Corona-Kritiker» diffamiert wurden. Lege man den Symptombeginn zugrunde, dann seien weder Schulschliessungen noch Lockdown nötig gewesen, um das exponentielle Wachstum zu stoppen. Die Kernaussage von Priesemanns Artikel sei damit hinfällig und ihre Studie «fehlerhaft», doppelten Christof Kuhbandner, Stefan Homburg, Harald Walach und Stefan Hockertz in der Zeitschrift «Futures» nach. Dort warfen sie Priesemann und ihren Co-Autoren «Selbst- und Fremdtäuschung» vor: Diese Studie sei ein «klares aktuelles Beispiel dafür, wie eine schlechte Simulation zu einer gefährlichen Dissimulation wurde.» Die Ergebnisse des fehlerhaften Modells seien so «Teil der Konstruktion der Realität» geworden.

Das Modell widerspiegelte das Infektionsgeschehen «ganz schlecht»

Der wohl prominenteste Kritiker von Priesemanns Arbeit war Matthias Kreck. «Kreck ist Mathematiker. Und nicht irgendeiner: Er hat die Cantor-Medaille gewonnen, den wichtigsten Mathematikpreis Deutschlands. Er war Gründungsdirektor des Hausdorff Instituts an der Uni Bonn und acht Jahre Direktor des Mathematischen Forschungsinstituts in Oberwolfach. Mehr hochrangige Mathematiker als an diesen Orten findet man weltweit nicht so schnell», beschrieb ihn die «Berliner Zeitung» in einem Artikel. Wie Priesemann, hatte auch Kreck sich zuvor nie mit Modellberechnungen für eine Epidemie beschäftigt. 

Zunächst sei er begeistert gewesen von dem Ansatz, den Priesemann für ihre Modellrechnungen wählte und den auch «eine Fülle von chinesischen Studien benützte», wie Kreck feststellte: das sogenannte SIR-Modell. «Ich habe das dann im April 2020 mit Kollegen intensiv ausprobiert, aber es widerspiegelte das Infektionsgeschehen ganz schlecht. Wir verwarfen das SIR-Modell.»

Kreck sagt, er sei vom deutschen Virologen Christian Drosten im Frühling 2020 angefragt worden, ob er Mathematiker empfehlen könne, die sich mit der Modellierung auskennen würden. Doch von den vier Personen, die Kreck nannte, sei keiner von der Regierung angefragt worden. «Frau Priesemann war zu dem Zeitpunkt schon installiert», erinnert er sich. 

Keiner sah den treppenartigen Verlauf, den Priesemann postulierte

Dass ihre Studie in «Science» so rasch publiziert wurde, hält Kreck für übereilt. «Es dauert Jahre, um anspruchsvolle mathematische Arbeiten durch wissenschaftliche Gutachter zu prüfen. Ich kenne keine mathematische Arbeit, bei der das weniger als sechs Monate gedauert hat.»

Wie den vorgenannten Wissenschaftlern gelang es auch Matthias Kreck und seinem Berufskollegen Erhard Scholz von der Universität Wuppertal nicht, Priesemanns Ergebnis zu bestätigen, dass die drei Massnahmenschritte direkten Einfluss auf den «R-Wert» hatten. Dieser Wert gibt an, wie viele Personen sich bei einer ansteckenden Person infizieren. 

Den treppenartigen Verlauf, passend zu den drei «Massnahmenpaketen», den Priesemann in «Science» postuliert hatte, sahen weder Scholz noch Kreck, noch Wieland, noch Küchenhoff und seine Kollegen. Kreck hat dafür nur zwei Erklärungen: «Die Priesemann-Gruppe hat ihr Modell nicht an der Wirklichkeit überprüft. Oder sie hat dies nicht öffentlich gemacht.»


Viola Priesemann hüllt sich in Schweigen

Infosperber bat Professorin Viola Priesemann erstmals im Juli 2023 um eine Stellungnahme. Priesemann stand damals unmittelbar vor einer zweimonatigen Auszeit, schickte kurze Antworten in einer verschlüsselten E-Mail und stellte ein Gespräch nach ihrer Rückkehr in Aussicht. 

Erneute Nachfragen sowohl bei ihr als auch bei der Pressestelle ihres heutigen Arbeitgebers, dem Max-Planck-Institut (MPI) für Dynamik und Selbstorganisation, im November 2023 blieben jedoch erfolglos. Anstelle von Antworten Priesemanns daher hier die Antwort eines Mediensprechers des MPI vom Juli 2023: 

«Frau Priesemann beschäftigt sich schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit Modellierungen von komplexen Netzwerken und Phänomenen, worunter exemplarisch auch die Corona-Pandemie fällt. Nähere Informationen dazu finden Sie auf der Website ihres Labors: https://www.viola-priesemann.de/

Im Zeitraum von Mitte 2020 bis Ende 2022 hat Frau Priesemann sehr viele Anfragen bekommen; nicht nur aus der Presse, sondern auch von Kolleg*innen aus der Wissenschaft, Einzelpersonen und anderen Medienvertretern. Viele dieser Anfragen habe ich selbst begleitet, auch einige wissenschaftliche Diskussionen. Frau Priesemann hat dabei wann immer es zeitlich möglich war und weit über ein übliches Arbeitspensum hinaus auf die Anfragen reagiert und war stets um eine sachliche und wissenschaftliche Diskussion bemüht, oft im Austausch über viele Mails hinweg. Den Vorwurf, man könne mit ihr nicht in eine wissenschaftliche Diskussion kommen, kann ich daher in keiner Weise nachvollziehen, ich habe das Gegenteil beobachtet (auch von meinem Standpunkt als selbst ausgebildeter Naturwissenschaftler aus). Zu den weiteren Punkten kann ich leider nichts sagen, da sie fachlicher oder persönlicher Natur sind.»

Auf die konkrete Kritik an Priesemanns Modell ging die Pressestelle nicht ein.

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➞ Lesen Sie hier Teil 2 dieses Artikels: Wie Viola Priesemann die Kritik der Wissenschaftler erwiderte. Und was Matthias Kreck weiter erlebte. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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7 Meinungen

  • am 27.11.2023 um 19:27 Uhr
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    Das die Modelle durch die Bank Schrott waren sah jeder des sehen wollte früh. Die Infektionswellen in nahezu allen Ländern in der EU ähnelten sich, bei total unterschiedlichen Massnahmen. In Schweden gab es so gut wie keine, zumindest verglichen mit Deutschland, und es war nicht viel anders.

    Hinzu kommt daß, das Verzögern von Infektionen mit Verhindern von Infektionen verwechselt wurde.

    https://tinyurl.com/2m6pxrk6 (link zu ourworldindata.org)

    Und wenn man sich nun die OECD Daten zur Entwicklung der Lebenserwartung anschaut, sieht man, das Schweden nicht viel verkehrt gemacht hat im Vergleich zu nahezu allen Ländern.

    https://data.oecd.org/healthstat/life-expectancy-at-birth.htm

    Im Link den Haken bei «aktuelle Daten entfernen» und den Scroll Bar darunter etwas nach links ziehen.

    Im Button «Highlighted Countries kann man sich dann mehrere Länder hervorheben lassen.

    Diese Statistik trägt übrigens dem Slogan «jedes Leben zählt» Rechnung, PCR Tote hingegen nicht!

  • am 27.11.2023 um 20:13 Uhr
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    Das ist ja leider die traurige Realität. All die Angstmacher, welche eigentlich mit ihren Prognosen und Modelationen meistens deutlich falsch lagen, wurden und werden, wie aktuell Marcel Tanner, mit Preisen überschüttet oder befördert. Obwohl unterdessen eigentlich die Daten und die Tagesaktualität den meisten Warnungen, den als Schwurbler diffamierten Fachpersonen, recht gibt.

  • am 27.11.2023 um 21:31 Uhr
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    V. Prisemann hat ziemlich sicher gewusst, welche Daten die Regierung (Lauterbach) erwartet. Ihr Berechnungsmodell hat diesem Narrativ bestens entsprochen. Von einer seriösen wissenschaftlichen Arbeit kann hier in keiner Art und Weise gesprochen werden. Aufgrund einer falschen Prognose dieser karrieregeilen Frau wurde ein Lockdown beschlossen mit fatalen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und gesundheitlichen Schäden. Bezeichnend für solche Personen ist auch die ausweichende und rechthaberische aktuelle Haltung.

  • am 27.11.2023 um 21:48 Uhr
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    Zum Thema Corona gabs grad dieser Tage auf telepolis.de einen lesenswerten Artikel, der sich nicht mit den längst bestens dokumentierten und entlarvten Zahlenmanipulationen herumplagt, sondern die Geschichte von höherer Warte, resp. aus der Distanz betrachtet. Das ist, wie ich finde, wichtiger, um zu begreifen, was da ab März 2020 mit uns veranstaltet wurde. Es WAR eine ganz grosse Sache, politisch und gesellschaftlich, aber nicht, oder nur am Rand, gesundheitlich.

    https://www.telepolis.de/features/Pandemie-Politik-Ganze-gesellschaftliche-Bloecke-in-voellig-unterschiedlichen-Lebenswelten-9540037.html

  • am 28.11.2023 um 09:22 Uhr
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    Man sieht hier einerseits den Effekt der ‹Aufmerksamkeitsökonomie›. Um sich zu finanzieren, muss man schneller, schriller und plakativer auftreten. Um wahrgenommen zu werden, muss man in (sozialen) Medien aktiv sein. Offensichtlich sind hier die mit ‹wirren, farbigen Frisuren› im Vorteil. Man sieht aber auch, wie nur noch wenige verstehen, wie Wissenschaft funktioniert. Viele Entscheidungsträger scheinen zu denken, eine einzelne Arbeit, welche ihre Vorurteile bestätigt, sei nun bereits Wissenschaft, auf die man sich beziehen könne. Dann verstehen auch nur wenige, was ‹Modelle› sind, wie sie funktionieren und wo und wann man sie anwenden kann und wo nicht.
    Kurz: In Politik und Medien findet man fast nur noch pseudowissenschaftliches Gefasel, dessen Zweck es ist, eine bereits vordefinierte Auffassung und Meinung zu legitimieren. Den Leuten soll via emotionale Manipulation etwas verkauft und aufgedrängt werden. Hinterfragen darf man nicht – es ist ja wissenschaftlich belegt!

  • am 28.11.2023 um 10:37 Uhr
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    In meiner Tätigkeit als Ingenieur habe ich selbst recht ausgiebig mit Modellrechnungen gearbeitet, und dabei feststellen können (müssen…) wie aufwändig und schwierig es sein kann, Rechenmodelle für um Grössenordnungen einfachere und überschaubare Probleme als eine Epidemie so weit mit experimentellen Daten abzustützen, damit eine belastbare quantitative Voraussage möglich wird.
    Vor diesem Hintergrund erscheint mir der Anspruch, aufgrund von Simulationen wo jede Menge Parameter entweder nicht berücksichtigt werden können oder einfach geschätzt werden müssen, Handlungsanweisungen geben zu wollen, als ausserordentlich naiv und auch anmassend.

    Im konkreten Fall kommt dazu noch die Frage nach der intellektuellen Redlichkeit, und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben sollten.

    Neben der Frage nach der intellektuellen Redlichkeit dieser Arbeit scheint mir die Saxche irgendwoie symptomatisch für den

  • am 28.11.2023 um 11:43 Uhr
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    In der Schweiz war es ja ähnlich. Auch hier war die Bereitschaft, die Modelle an der Realität zu Messen, sehr gering. Dafür machte man dann nach all ihren Fehlprognosen Tanja Stadler zur Chefin der Task-Force…

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